Sterben live und in Farbe

CNN-Netzseite zeigt ein Video über die Jerusalemer Tanzsaal-Katastrophe

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Die Datei trägt den Namen vo.mideast.people. Und dahinter verbirgt sich ein 90 Sekunden langes Video, das zwar jeden TV-"Pleiten, Pech und Pannen"-Wettbewerb gewinnen würde, aber zum Glück dort wohl nie ausgestrahlt werden wird. Dokumentiert wird nämlich das Sterben von Menschen, ihre Panik und ihr blankes Entsetzen. Gedreht hat den Film ein Amateur, der am vergangenen Donnerstag Gast war bei einer Hochzeitsfeier in Jerusalem. Und der genau den Moment auf Video festgehalten hat, als der Fußboden des Tanzsaales einstürzte und dabei wenigstens 24 Menschen getötet wurden.

Amateur video from the wedding captured the eerie scene as scores of dancing guests suddenly dropped through the floor. Panicked guests screamed in horror as they peered into the four-story-deep pit that remained.

CNN

Während immer noch Leute vermisst werden, hat der US-Sender CNN nun das Video im Internet veröffentlicht - mit dem Hinweis: "Warning: disturbing video". Und wer will, kann sich jetzt auf der Netzseite am Sterben der Menschen ergötzen - kostenlos, in Farbe und mit dem Originalton, der noch unheimlicher ist, als es die unscharfen Bilder sind.

Doch noch eine Spur unheimlicher ist die Geschmacklosigkeit, die CNN mit dieser Veröffentlichung begangen hat. Zwar hat die Öffentlichkeit ein Recht, über die Katastrophe ausführlich informiert zu werden, über die Ursachen und die tödlichen Folgen. Aber all das rechtfertigt nicht die Entscheidung, ein Bilddokument zu publizieren, das ausschließlich den Voyeurismus der erhofften Zuschauer befriedigt. Doch wenn es um die Quote geht, dann geht man halt auch über Leichen - leider nicht nur bei CNN.