Sterne können nicht beliebig wachsen

Riesensterne explodieren zu schnell

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Wie groß können Sterne maximal werden? In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature gibt ein US-Astronom auf diese alte Frage nach einer Studie des Arches-Sternhaufens eine eindeutige Antwort: 150 Mal die Masse unserer Sonne.

Sterne entstehen in kalten, dichten, dunklen, interstellaren Gaswolken, diese kollabierenden Molekülnebel werden auch sphärische Wolken genannt. Das Innere dieser Wolken ist vor energiereicher Strahlung geschützt, weswegen sich dort sehr komplexe Moleküle bilden können. Entscheidend ist das Wechselspiel zwischen der Gravitationskraft und dem Gasdruck der Wolke. Während der Druck ansteigt, erhöht sich auch die Temperatur der Wolke, die zusätzlich noch durch ultraviolettes Licht von anderen Sternen erwärmt wird. Dann erhöht sich die Dichte und das dichte Gas kühlt effizient, wodurch der thermische Druck verringert wird und weiteres Material nachströmen kann, wodurch sich die Dichte erhöht und damit die Strahlungskühlung weiter verstärkt wird. Das umliegende Gas zieht sich zu einem gewaltigen Ball zusammen, sobald die Gaskugel genug Masse hat, kann sie im Kern die Wasserstofffusion entfachen.

Um den neuen jungen Stern dreht sich noch eine rotierende Staubscheibe, quasi die Geburtsplazenta. In diesen sich verdichtenden Gas- und Staubwolken entstehen im Zweifelsfall dann die den Stern umkreisenden Planeten (Kosmische Scheiben: Brutstätten der Planeten).

Arches Cluster (Bild: Don Figer, Space Telescope Science Institute/NASA)

So weit so gut und allgemein akzeptiert. Aber die Größe der Sterne spielt auch eine erhebliche Rolle für ihren Lebenszyklus und für die Entwicklung der Galaxien. Nur in Sternen werden die Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff, Silizium und Eisen gebildet – die Voraussetzung für die Bildung von Planeten und die Evolution von Leben darstellen.

Donald Figer vom Space Telescope Science Institute in Baltimore hat den Arches-Sternhaufen in der Milchstraße mithilfe des Hubble-Weltraumteleskops ins Visier genommen, um die Sterne dort zu vermessen. Der Arches-Cluster ist 25.000 Lichtjahre von der Erde und weniger als 100 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt. Er ist mit einem Alter von ein bis zwei Millionen Jahren astronomisch betrachtet ein Jüngling und trotzdem von erstaunlicher Dichte. Seine Masse entspricht mehr als 10.000 Sternen von der Größe unserer Sonne – dieser Monster-Sternhaufen ist 10 Mal schwerer als die üblichen jungen Cluster in unserer Galaxis. Sehr massive Sterne formten sich in ihm, nur einer von zehn Millionen Sternen in der Galaxie ist statistisch betrachtet so leuchtkräftig wie die hellen Sterne im Arches-Cluster. Vermutlich formte er sich, als zwei gigantische Staubwolken frontal zusammenstießen.

Klein und langlebig, groß und kurzlebig

Kleine Sterne leuchten schwach, sind aber sparsamer und leben länger als ihre hell strahlenden großen Schwestern. Unsere Sonne hat zum Beispiel eine Lebenserwartung von 10 Milliarden Jahren, ein Stern mit 20 Sonnenmassen verbrennt seine Ressourcen wesentlich schneller und wird nur einige Millionen Jahre alt, bevor er erlischt. Für das Werden und Vergehen im Kosmos spielen die Riesensterne eine wichtige Rolle. Während die Zwerge eine halbe Ewigkeit vor sich hin dämmern, bleibt die Materie in ihnen gebunden. Die seltenen Giganten (auf 1.000 Zwergsterne kommt statistisch betrachtet gerade mal einer mit mehr als 20 oder mehr Sonnenmassen) dagegen explodieren in Supernovae und ein großer Teil ihrer schweren Elemente wird in den Weltraum geblasen, wo sich aus dieser Materie neue Sterne formen können. Die Reste des Riesen kollabieren zu einem Neutronenstern (Tanz der Neutronensterne) oder sogar zu einem Schwarzen Loch (Der große Knall).

Theoretische Berechnungen darüber, wie groß ein Stern maximal werden kann, sind schwierig, weil in ihrem Innern extreme Bedingungen herrschen und die ganze Entwicklung sehr dynamisch erfolgt. Unter den Astronomen werden noch Diskussionen darüber geführt, unter welchen Bedingungen sich sehr massereiche Sterne überhaupt bilden. Ein Modell besagt, dass die Giganten mit mehr als 10 Sonnenmassen durch die Kollisionen zweier Sterne entstehen, die miteinander verschmelzen.

Donald Figer hat sich der Frage der maximalen Größe von Sternen von der praktischen Seite genähert. Der Arches-Sternhaufen schien ihm für eine Analyse besonders geeignet, weil er groß genug ist, um auch riesige Sterne zu beheimaten und gleichzeitig jung genug, dass seine Giganten noch nicht in Supernovae explodiert sind. Dennoch ist der Cluster so alt, dass seine molekulare Geburtwolke sich bereits verzogen hat. Die Formation liegt außerdem in einer noch gut beobachtbaren und genau definierten Distanz.

Nichts über 130 Sonnenmassen war zu finden

Die einzelnen Sterne in dem Haufen können einzeln analysiert werden. Und genau das tat Figer. Er fand keinen Stern, der mehr als 130 Sonnemassen hatte, sicherheitshalber rundete er diesen Wert auf und stellt folglich fest, dass 150 Sonnenmassen das Maximum an Größe darstellen.

Theoretisch wäre es möglich, dass die riesigsten Exemplare in dem Sternenhaufen bereits in Supernovae explodierten. Aber es gibt dort keine heißen, expandierenden Gasblasen, also keinen Hinweis auf ein derartiges Geschehen. Pavel Kroupa von der Sternwarte der Universität Bonn weist in seinem begleitenden News&Views-Artikel daraufhin, dass die Analyse des Sternhaufens R136 in der Großen Magellanschen Wolke, die er zusammen mit seinem Kollegen Carsten Weidner durchführte, ebenfalls erbrachte, dass dort keiner der Sterne mehr als 150 Sonnenmassen hatte (Evidence for a fundamental stellar upper mass limit from clustered star formation). Dennoch ist Kroupa noch nicht restlos überzeugt:

...Es gibt keine eindeutige Erklärung, warum die Masse von Sternen auf den Umfang von 150 Sonnenmassen begrenzt sein sollte. Und es bleibt eine nagende Unsicherheit: die Einzelheiten der Supernova-Mechanismen sind nicht völlig verstanden, es könnte sein, dass Sterne mit mehr als 150 Sonnemassen existierten, aber im Arches- und R136-Sternhaufen bereits zu Schwarzen Löchern implodierten, wobei sie – außer einem Loch in der Raumzeit, begleitet von einem kurzen Ausbruch von Neutrinos und Gravitationswellen – kaum Spuren hinterließen.