Steuern und Schulden als Beute

Symbolbild: Pixabay

Nicht nur einzelne Politiker, auch ganze Parteien greifen gerne auf Staatsgeld zu

Derzeit stehen die Vorwürfe wegen Maskenauftragsvermittlungsbereicherung gegen die beiden Unionsabgeordneten Nikolas Löbel und Georg Nüßlein im Zentrum der Medienaufmerksamkeit. Die deutsche Politik hat jedoch noch viel mehr zu bieten - zum Beispiel Armin Laschets Schutzausrüstungshandel mit dem Modehersteller van Laack, Jens Spahns abmahnungsgeschützte Immobiliengeschäfte, Phillip Amthors von Aktienoptionen begleiteter Einsatz für Augustus Intelligence, und den Einsatz von Karin Strenz und Axel Fischer für Aserbaidschan.

Drehtür

Um zusammengerechnet noch größere Summen geht es, wenn man auch die Bereiche betrachtet, wegen denen Abgeordnete nicht aus ihren Fraktionen austreten und Generalstaatsanwaltschaften keine Hausdurchsuchungen anordnen - zum Beispiel auffällig einschlägige und gleichzeitig fürstlich vergütete Nebentätigkeiten, wie sie beispielsweise Gerhard Schröders Gesundheitsministerin Ulla Schmidt für ein Pharmaunternehmen ausübt (vgl. Maskenskandal in der Union: Von Unrecht und Moral).

Um solche Posten angeboten zu bekommen, muss man nicht notwendigerweise ein Parlamentsmandat annehmen (vgl. Verfassungsfeinde feierten in Berlin). Häufig reicht auch das Verfügen über gute Kontakte oder die Aussicht auf Posten in der Politik (vgl. Hillary Clinton schweigt zu Drehtür zwischen Politik und Wall Street). Der Finanzkonzern Goldman Sachs belohnte in Arbeitsverträgen für Manager sogar ganz offen einen anschließenden Wechsel in die Politik.

Berater

Dass Karenzregelbremsen, die dem Grenzen setzen sollen, leicht umgangen werden können, zeigte im letzten Jahr besonders eindrucksvoll der ehemalige EU-Kommissar und ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger. Er ließ sich nach seinem Ausscheiden aus der EU-Kommission gleich für 13 neue Jobs Ausnahmegenehmigungen erteilen. Daran, ob ihn all diese Firmen wegen seines Sprachtalents anstellten, kann man Zweifel haben (vgl. Alles außer Hochdeutsch?).

Ein etwas neueres legales System zum Umverteilen öffentlicher Gelder sind Beraterverträge. Von ihnen machten unter anderem Jens Spahn, Andreas Scheuer und Ursula von der Leyen auffällig umfangreichen Gebrauch. Negative Konsequenzen hatte das bislang für keinen der beiden Politiker. Von der Leyen wurde trotz dieser Vorwürfe sogar zur EU-Kommissionspräsidentin befördert (vgl. EU-Parlament: Zweierlei Maß bei der Genehmigung der Kommissarskandidaten?).

Vereine, Initiativen und Stiftungen

So etwas können nicht nur einzelne Politiker, sondern auch ganze Parteien. Dabei fließen die Gelder nicht nur an Berater und Agenturen, sondern auch an Vereine, Initiativen und Stiftungen, in denen auffällig oft parteinahe Personen arbeiten und parteinahe Projekte gefördert werden. Der Bundesrechnungshof kam 2019 zum Ergebnis, dass die Parteien über solche Geldflüsse auch Grenzen der direkten Finanzierung aus dem Steuersäckel umgehen, die ihnen das Bundesverfassungsgericht Ende der 1960er Jahre setzte (vgl. Bundesrechnungshof: Bundestagsfraktionen finanzierten illegal ihre Parteien).

Wesentliche Konsequenzen hatte diese Feststellung bislang nicht - wahrscheinlich auch deshalb, weil die Oppositionsparteien als Mit-Nutznießer strukturell eher wenig Interesse daran haben, das zu ändern. Und die Bundestagsverwaltung, die über Strafen entscheidet, untersteht faktisch dem Bundestagspräsidenten, der dort die personellen Weichen stellt. Seit 2017 heißt dieser Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Er nahm für seine CDU in den 1990er Jahren mindestens eine sechsstellige "Bargeldspende" vom umstrittenen Waffenlobbyisten Karl-Heinz Schreiber entgegen, die dann nicht "ordnungsgemäß behandelt" wurde. Innenminister, Finanzminister und Bundestagspräsident konnte er nachher trotzdem werden.

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