Südasien: Auslaufmodell Demokratie
Seite 4: Nepal, die Weltbank und riesige Wasserkraftwerke
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Was die Nepalesen 2006 geschafft haben, verdient großen Respekt: In einem 23 Tage langen Streik und friedlichen Demonstrationen zwangen sie König Gyanendra zum Rücktritt. Zwar hatten die maoistischen Rebellen die Monarchie in einem 10-jährigen Guerilla-Krieg mürbe gemacht, aber für den Sturz des Königs und die Machtergreifung fehlte ihnen der Rückhalt der Bevölkerung.
Diese wollte kein maoistisches Experiment, sondern eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse, und das versprachen sie sich von der Demokratie.
15 Jahre später hat sich in Nepal starke Ernüchterung in Sachen Demokratie breit gemacht. In einem Satz beschreibt Marc Engeler auf Telepolis den Grund: "Am bedenklichsten ist die Frage, wie das politische System funktionieren soll, wenn es dazu nicht einmal unter idealen Bedingungen in der Lage ist." (Nepal: Wahlen, die niemand will und niemand braucht)
Seit der Abdankung des Königs streiten die Patriarchen der verschiedenen demokratischen Parteien Nepals vorwiegend über Posten und Pfründe. Seit 15 Jahren leben die Menschen Nepals quasi mit einer dysfunktionalen Regierung - selbst jetzt, wo eine linke Partei die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament hat, herrscht politisches Chaos.
Anderseits kann man fragen, ob die nepalesische Politik überhaupt über großen Gestaltungsraum verfügt. 2017 traf ich den nepalesischen Energieminister Janardhan Sharma in einem kleinen Dorf im Mittelwesten Nepals. Er hatte gerade 17 Kleinwasserkraftwerken in der Region den Weiterbetrieb gesichert - ohne Geld in der Hinterhand, aber mit viel Engagement.
So fragte ich ihn, ob das nicht ein Mittel wäre, gegen die Landflucht in Nepal anzukämpfen: "Kleine Kraftwerke, die nicht die Flüsse stauen und in Eigenverantwortung von den Dorfbewohnern bewirtschaftet werden. Mit dem Strom könnten sogar Teefabriken betrieben und die lokalen Produkte vor Ort verarbeitet werden." Doch Sharma lachte nur bitter und antwortete:
"Die Weltbank will, dass in Nepal große Wasserkraftwerke von internationalen Investoren gebaut werden."
Die riesigen Staudämme wären problematisch in einer erdebengefährdeten Region wie Nepal. Auch Erdrutsche und schmelzende Gletscher stellen eine Gefahr für große Wasserkraftwerke dar, wie Anfang Februar in Nordindien zu sehen war.
Dazu zeigt eine Studie der University of Sussex auf, dass große Wasserkraftwerke Korruption begünstigen und Armut verursachen. Von kleinen Anlagen dagegen würde die lokalen Bevölkerung profitieren.
Nein, die Länder des Westens sind nicht an allem schuld. Nur stimmen ihre schönen Worte nicht mit den Taten überein, und inzwischen macht sie das unglaubwürdig. Zuerst im Rest der Welt, mittlerweile sogar daheim.
Das mag vielen politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen nach 1989 völlig egal gewesen sein, aber unterdessen gibt es ein starkes China, das zeigt, dass Wirtschaftswachstum auch ohne Demokratie funktioniert.
Zudem lässt sich China trotz knallhartem Kapitalismus nicht von den eigenen superreichen Vorzeigeunternehmern wie Alibaba-Gründer Jack Ma an der Nase herumführen: Als Jack Ma meinte, er könne der Partei nun die Regeln diktieren, verschwand er für ein paar Monate - und klang anschließend, als wäre er als Pressesprecher der Kommunistischen Partei Chinas wiedergeboren worden.
In China dürfen ethnische Minderheiten in traditioneller Kleidung vor Touristen herumtanzen und diesen damit einen vermeintlich authentischen Einblick in eine (strangulierte) Kultur geben. Wenn Indianer in den USA das Gleiche für Touristen tun oder Aborigines in Australien - was soll daran besser sein?
Auch die Pandemie hat China schneller in den Griff bekommen als der Westen. Warum braucht es überhaupt noch Demokratie, wenn für die Masse große Autos und Kreuzfahrten auch ohne Demokratie möglich sind, liebe Neoliberalen der westlichen Welt?
Schon jetzt ist China im weltweiten Vergleich das Land mit den zweitmeisten Milliardären.