Supraleitende Kabel...
...könnten in Zukunft zu enormen Energieeinsparungen führen
An der TU Braunschweig wurde jetzt ein neues Verfahren zur Herstellung von supraleitenden Kabeln entwickelt.
Die Wissenschaftler des TU-Instituts für Oberflächentechnik und plasmatechnische Werkstoffentwicklung (IOPW) in Braunschweig sind Spezialisten für CVD-Prozesse (Chemical Vapor Deposition), das heißt sie erzeugen dünne Schichten aus Materialien, in dem sie sie erhitzen und verdampfen lassen. Das Verfahren ist einfach und seit langem bekannt, es kommt erfolgreich in der Produktion von Halbleitern zum Einsatz. Neu und durchaus revolutionär ist der Ansatz, dieses chemische Verdampfungsverfahren zur Herstellung von Supraleiterkabeln zu verwenden. Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Georg Wahl verwendet Yttrium-Barium-Kupferoxid (YBCO), einen klassischen Hochtemperatursupraleiter, der verdampft wird, um dann den Dampf über die erhitzten Oberflächen zu leiten. Es werden dünne Filme aus dem spröden Kupferoxid geschaffen, die sich biegen und durch ihre Flexibilität sehr viel leichter in Form von Kabeln verlegen lassen. Prof. Wahl zieht eine Parallele zu Glas:
Das lässt sich mit Glaswolle vergleichen. Glaswolle ist wegen der vielen dünnen Stäbchen biegsam, eine Glasscheibe hingegen nicht.
Der entscheidende Vorteil der Verdampfungsmethode ist ihre Einfachheit, deswegen ist sie günstiger als die herkömmliche Herstellung von Supraleiterkabeln, bei der die kleinen Körner des keramischen Materials durch Einbettung möglichst parallel ausgerichtet werden müssen.
Das Teammitglied Dr. Oliver Stadel hat im Rahmen seiner Doktorarbeit eine Pilotanlage zur Herstellung solcher supraleitender Kabel gebaut. Er erläutert:
Wir haben hier ein Verfahren erprobt, das wesentlich wirtschaftlicher ist als andere. Die Ansprüche an die Vakuumtechnik sind nicht so hoch wie bei anderen Verfahren und die Chemikalien als Ausgangsstoffe sind bei Massenproduktion sehr günstig. Auch die Kontrolle ist einfacher. Noch sind wir in der Versuchsphase und können nur relativ kurze Bänder herstellen, aber wir haben eine klare Zukunftsperspektive für die Herstellung.
Supraleitfähigkeit ist Stromtransport ohne Verlust. Bekannt ist das Phänomen bereits seit der Jahrhundertwende, aber die wirtschaftliche Umsetzung gestaltet sich nach wie vor schwierig. Metalle werden supraleitend wenn man sie auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt (-273°C) abkühlt. Seit den 80-er Jahren gibt es die so genannten Hochtemperatursupraleiter, das sind konstruierte Materialien, die bei sehr viel geringeren Minustemperaturen widerstandslos elektrischen Strom leiten (vgl. Die gespaltene Persönlichkeit der Hochtemperatursupraleiter). Dabei handelt es sich um oxidische Keramiken, die durch ihre Körnigkeit nur sehr schwierig zu verarbeiten sind. Bisher gibt es zwei größere Testgebiete zur Erprobung von Supraleitung unter realistischen Bedingungen, einmal in einem Stadtteil von Detroit und zum anderem in Kopenhagen (vgl. Widerstand ist zwecklos). Die dort eingesetzten Kabel sind Hochtemperatursupraleiter aus komplizierten und mechanisch spröden Verbindungen, die in Bänder zusammen geflochten und in eine Silbermatrix eingebettet werden. Ein aufwändiges, schwieriges und teures Verfahren. Deswegen wird international intensiv an Alternativen geforscht.
Ein viel versprechendes neues Material ist Magnesiumdiborid, es ist aber noch in der Phase der Laborexperimente (vgl. Mind the gap!).
Die Gruppe aus Braunschweig hat Fördermittel beantragt und will in den nächsten drei Jahren mit der Fertigung langer Kabel beginnen. Dr. Stadel geht davon aus, dass die neue energiesparende Technologie die Technik von Transformatoren, Motoren und Generatoren für Schiffsantriebe und Eisenbahnen revolutionieren wird. Ganz verlustfrei wird der Strom auch künftig nicht fließen, das liegt vor allem am Wechselstrom. Die Verluste können im Vergleich zu herkömmlichen Kupferkabeln aber immerhin um 30-40% gesenkt werden. Das bedeutet ein enormes Energieeinsparungspotenzial und dafür gab es vorab schon einen Umweltpreis des Naturschutzbundes Deutschland. "Wenn in Deutschland ein Prozent Energie gespart wird, kann ein Kraftwerk abgeschaltet werden", kommentiert Prof. Wahl.