Tauben unerwünscht: Limburg will Vögeln das Genick brechen

Stadttaube

Symbolbild: Albrecht Fietz / Pixabay Licence

Taubenkot an Gebäuden und in Fußgängerzonen. Stadt Limburg will einen Teil der Vögel töten lassen. Doch es gibt tierfreundlichere Lösungen.

So wie in dem alten Georg-Kreisler-Lied soll es in Limburg nicht geschehen: "Die Bäume sind grün und der Himmel ist blau, geh ma Tauben vergiften im Park!" Allerdings hat in der hessischen Kreisstadt bei einem Bürgerentscheid am 9. Juni eine knappe Mehrheit von 53 Prozent für eine Tötung von Tauben gestimmt.

Taubenkot und Zoff in Miethäusern: Das ist die Rechtslage

Bekannte Gründe für die Aversion vieler Menschen sind teils große Mengen Taubenkot auf Gebäuden und in Fußgängerzonen sowie der Ruf der Tiere als Krankheitsüberträger. Das wiederholte Füttern von Tauben in der Umgebung eines Mehrfamilienhauses kann sogar ein Grund für die Kündigung von Mietverhältnissen und ist an vielen Orten im öffentlichen Raum bußgeldbewehrt, wenngleich es kein bundesweites Verbot gibt.

In Limburg soll nun ein Teil der rund 700 Tauben in der Innenstadt durch einen Falkner per Genickbruch getötet werden. Zunächst müsse die Stadtverwaltung prüfen, ob es tatsächlich eine Überpopulation an Tauben gibt, bevor die Verwaltung den Auftrag zur Tötung durch Genickbruch öffentlich ausschreiben kann, erklärte Stefanie Kesper-Süß, Pressesprecherin der Stadt, gegenüber dem WDR. Ein weiterer Beschluss des Stadtparlaments sei dann nicht mehr nötig.

Gegen diesen Beschluss wehrte sich die Limburger Initiative "Stoppt das Taubentöten". Sie brachte das Bürgerbegehren auf den Weg und sammelte dafür nach eigenen Angaben Unterschriften von 3.310 Wahlberechtigten. "Total grausam und alles andere als zeitgerecht", finden die Taubenfreunde das Töten der Tiere durch Genickbruch. Längst gebe es bessere, tiergerechte Lösungen.

Betreute Taubenschläge mit Eieraustausch

Etwa das Augsburger Modell, bei dem den Tauben ausreichend Taubenschläge oder -häuser zur Verfügung gestellt werden, in denen sich die Tiere gerne aufhalten und somit weniger in der Stadt umherfliegen und koten. Auch in Limburg war das mal im Gespräch - wurde dann aber wieder verworfen.

Betreute Taubenhäuser seien eine effektive, tiergerechte Maßnahme, um der unkontrollierten Vermehrung von Stadttauben entgegenzuwirken, findet die Tierrechtsorganisation Peta. Den Tieren stehen darin artgerechte Nahrung und Wasser sowie geeignete Brutplätze zur Verfügung. Die befruchteten Eier werden dort mit Gips- oder Plastikeiern ersetzt und die Population so nachhaltig und tierschutzgerecht reduziert.

Hier fällt auch ein Großteil des Kots an, der zentral entsorgt werden kann. Häufig jedoch müssen Tiere verletzt oder entkräftet zunächst in Pflegestellen untergebracht werden.

Berthold Geis, der in Limburg die Tauben töten soll, sieht derartige Taubenhäuser kritisch: Die Tiere würden nur zum Fressen hinfliegen und dann woanders brüten. Das Futter mache ihren Nachwuchs besonders stark. Zudem sei das Taubenhaus eine regelrechte Kontaktbörse, klagt der Falkner, der in Limburg die Tauben töten soll. Auch würden Tauben, deren Partner verstorben sei, im Taubenhaus sofort einen neuen finden. Zudem seien die Häuser drumherum immens verschmutzt.

Ovistop: "Anti-Baby-Pille" für Tauben

Einige Städte, darunter unter anderem Köln, Wuppertal, Solingen, Remscheid und Hagen testen das umstrittene Medikament Ovistop. Der Wirkstoff sei als dauerhaftes Verhütungsmittel für Tauben allerdings kaum erforscht Als eine der ersten Kommunen probiert es Hagen jetzt mit einem neuen Medikament. "Ovistop" ist so etwas wie die "Anti-Baby-Pille" für Tauben, klagt der Bundesverband Menschen für Tierrechte.

Das Mittel wird in den Futtermais gemischt, dern die Tiere an einem Taubenturm im Bahnhofsviertel an die Tiere verfüttert wird.fressen. Es soll die Tauben vorübergehend unfruchtbar machen. Im ersten Jahr könne der Taubenbestand so um bis zu 20 Prozent sinken, verspricht sich etwa die Stadt Hagen, die das Mittel ausprobieren will.

Bei Hühnern eingesetzt, wurde bei den Tieren temporäre Unfruchtbarkeit und Hitzeempfindlichkeit beobachtet, die gerade während der Hauptbrutzeit im Sommer für erwachsene Tauben schwerwiegende Folgen haben kann.

Wenn Tauben ein qualvoller Tod droht

Appetitlosigkeit ist eine weitere mögliche Nebenwirkung, die für die ohnehin mangelernährten Tauben zu einem langsamen Hungertod führen und außerdem die Wirksamkeit des "Verhütungsmittels" einschränken könne, kritisiert Peta.

Zudem könnte sich die Eierschale verdünnen. Das Steckenbleiben des Eies jedoch kann zu einem qualvollen Tod der weiblichen Tauben führen.. Auf der Website des Verbands ist von lebensbedrohlichen Nebenwirkungen die Rede. Außerdem sei die Wirksamkeit des Präparates zweifelhaft. Falkner Geis fügt dem noch hinzu: "Wie wollen Zudem könneann nicht verhindert werden, dass Singvögel das Medikament fressen und unfruchtbar werden.

Die "Erfolge" mit Ovistop, die etwa in Italien und Belgien zu verzeichnen sind, könnten darauf zurückzuführen sein, dass viele erwachsene Tauben an den Folgen der Medikation sterben. Dies sei tierschutzrechtlich nicht vertretbar.

Zu viele Tauben auf zu engem Raum verschärfen Probleme

Forscher gehen davon aus, dass es weltweit zwischen 165 und 330 Millionen Stadttauben gibt. Bis zu etwa 600.000 davon leben in Deutschland. Allein in Berlin leben mindestens 10.000 Tauben, noch mehr sind es in Hamburg mit rund 25.000.

Mit zunehmendem Dichtestress treten unter den Tauben Krankheiten und Parasiten häufiger auf, die Jungensterblichkeit steigt bis auf 90 Prozent im ersten Lebensjahr. Viele ostdeutsche Städte hatten zudem in sanierungsbedürftigen Gebäuden Probleme mit Taubenzecken.

Wie berechtigt ist der Ruf der Tauben als Krankheitsüberträger?

Eine gesundheitliche Gefährdung durch Tauben ist nicht größer, als die durch Zier- und Wildvögel sowie die durch Nutz- und Liebhabertiere, erklärte das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin bereits vor mehr als zwanzig Jahren.

Das heißt, Tauben können zwar, besonders wenn sie geschwächt sind, Parasiten und Krankheitserreger mit sich tragen. Diese aber sind für den Menschen völlig harmlos. Denn die meisten Erreger bei Tauben sind wirtsspezifisch, dass heisst, ihre Erreger sind nur bei Tauben zu finden und somit nicht auf den Menschen übertragbar.

Unbestritten ist, dass in Innenstädten, in denen die Vögel gehäuft auftreten, Bewohner und Gebäude unter Geruchsbelästigungen und Taubendreck leiden. Doch immer wieder heißt es, dass saurer Taubenkot an Kalksteinen Schäden verursacht.

Eine Studie der TU Darmstadt von 2004 jedoch kommt zu einem anderen Ergebnis: Der Taubendreck auf Sandstein, Granit, Beton und Zement verursache keine Schäden. In diesem Zusammenhang ist eine australische Studie interessant: Ihr zu Folge wird durch minderwertige Nahrung wie Brot, Kuchen den pH-Wert des Kotes deutlich gesenkt.

Je niedriger der pH-Wert, umso saurer der Kot, desto schlimmer der mögliche Schaden am Gebäude.

Stadttauben sind Nachkommen verwilderter Zuchttauben

Die heutige Taube stammt von Felsentauben ab, die vermutlich bereits 6.000 bis 5.000 v. Chr. an den Klippen und Bergen Eurasiens und Nordafrikas nisteten. Sie waren überall dort zu finden, wo Menschen Ackerbau betrieben. Diese nutzten ihr Fleisch, düngten ihre Felder mit deren Kot oder nutzten ihr Vermögen nach Hause zu finden zur Orientierung.

Während beider Weltkriege ließ man mittels Tauben Briefe per Luftpost transportieren. Die heutigen Stadttauben stammen von verwilderten Haus- und "Brieftauben" ab.

Noch bis weit in die 1930er-Jahre hinein gab es verhältnismäßig wenig Tauben in deutschen Städten. Nach dem Zweiten Weltkrieg boten die zerbombten Ruinenstädte ideale Brutbedingungen für die Felsenbrüter. Nach dem Zweiten Weltkrieg begünstigten taubenfreundliche Ruinenstädte und die Überflussgesellschaft die Vermehrung der Vögel.

In den heutigen Städten gibt es für die Tauben Futter in rauen Mengen. Zufütterung und Stadtklima ermöglichen ihre Fortpflanzung das ganze Jahr über: Zwei bis achtmal jährlich können Tauben je zwei Junge aufziehen.

Zudem wurde - Peta zufolge - Stadttauben früher ein permanenter Brutzwang angezüchtet, um sie zwecks Fleisch und Eier zu vermehren. Die städtische Population werde zudem noch immer mit verirrten Tauben aus Taubenwettflügen und Hochzeitsauflässen gespeist.

Taubenmist als Dünger im Hausgarten

Taubenkot enthält Phosphor und Kalium sowie wertvolle Mikronährstoffe wie Zink, Mangan oder Eisen. Stickstoff ist in Taubenmist kaum vorhanden. Auch schwankt der Nährstoffgehalt, zudem hängt er von der Qualität der Fütterung und vom Wassergehalt ab.

Wie alle organischen Dünger muss der Taubendung von Bodenlebewesen verarbeitet werden, damit er pflanzenverfügbar wird. Zudem lockern Taubenexkremente den Gartenboden auf. Boden und Wurzeln werden mit Sauerstoff versorgt. Das wiederum verbessert die Resistenz der Pflanzen gegenüber Krankheiten und Schädlingen.

Glaubt man der Plattform "Hausgarten". ist der Dung von Stadttauben allerdings nicht zu empfehlen, da diese sich von Brotkrümeln, Fastfood-Resten und anderem Abfall ernähren.

Aufgrund dessen könnten ihre Exkremente Salmonellen, Viren, Pilzsporen und verschiedene Chlamydien enthalten. Wird der organische Dünger von Taubenzüchtern angeboten, ist zumindest davon auszugehen, dass die Vögel gesund und artgerecht gefüttert werden, mit neutralem pH-Wert im Kot.

Regelmäßige Impfungen minimieren zwar das Risiko von Krankheitsübertragungen. Allerdings gelangen die Impfstoffe über die Ausscheidung in die Exkremente und somit auch in den Dünger. Die sicherste Quelle für unbedenklichen Taubenkot als Naturdünger ist ein eigener Taubenschlag, denn hier kann der Besitzer die Fütterung selbst kontrollieren.