Testlauf in Niedersachsen

Seite 4: Die linke Schlüsselwahl und ihre twitternde Piratin

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Im Grunde gehe es ihr nur um "Selbstverständlichkeiten", ließ die Linkspartei wissen. Als da wären: "Löhne, von denen man leben kann; Renten, die armutsfest sind; soziale Sicherheit in allen Lebenslagen; gebührenfreie Bildung von Anfang an; eine gerechte Besteuerung großer Vermögen und Einkommen oder einen Gewaltverzicht in den internationalen Beziehungen." Selbstverständlichkeiten eben.

Die Bundesvorsitzende Katja Kipping hat den Urnengang in Niedersachsen zur "Schlüsselwahl für die Gesamtpartei" erklärt und rechnet öffentlich mit einem Ergebnis "zwischen sechs und acht Prozent". Um den Wiedereinzug zu schaffen, setzen die Linken auf Spenden aus den eigenen Reihen, durch die nach eigenen Angaben "mehr als 100 Großflächenplakate" möglich wurden, und auf 400 Wahlkampfhelfer aus den anderen Landesverbänden. Ungeahnte Schützenhilfe bekamen die Linken von der Piraten-Kandidatin Christine Haasler, die für die Konkurrenz einen Twitter-Account anlegte, denselben seit dem 6. Dezember mit Kurznachrichten fütterte und immerhin gut 100 Follower sammelte. Über Haaslers Motive wird seitdem gerätselt. Dabei seien die ganz banal, erklärte die Piratin gegenüber "Telepolis":

Das Ganze ist natürlich als symbolische Aktion zu verstehen. Wir Piraten wollen das ´freie Internet´ erhalten - und können am ehesten Menschen von der Wichtigkeit überzeugen, wenn wir ihnen die Vorzüge nahebringen. Mit so einem Twitter-Account kann man das ganz praktisch vorführen.

"Spekulanten" sind das Feindbild Nr.1 in der linken Kampagne, doch das fleißige Plakatieren zahlte sich für das Team um Spitzenkandidat Manfred Sohn bislang noch nicht aus. Die Fünf-Prozent-Hürde ist allenfalls in Sichtweite - der finale Lager-Wahlkampf zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün könnte sie allerdings unerreichbar machen.

Auf dem Weg ins Drei-Parteien-Parlament?

Vor diesem Problem stehen auch die Piraten, während die FDP aus ganz anderen Gründen den Einzug in den niedersächsischen Landtag verpassen könnte. Neben den genannten Gruppierungen bewerben sich noch die Freien Wähler, die NPD und die Partei Bibeltreuer Christen um die Gunst der Stimmberechtigten - allesamt ohne ernsthafte Chancen, auch wenn insbesondere die Freien Wähler einen beträchtlichen Materialaufwand betreiben und Hobby-Lyriker zu allerhand populistischen Sprüchlein ("Genug versenkt im Mittelmeer, mehr Geld geben wir nicht her!" / Bleibt das Geld in Niedersachsen, wird die Wirtschaft wieder wachsen!") animiert haben.

Die "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative", die sich im Herbst verzweifelt an "Hannoveraner! Niedersachsen! Osnabrücker! Und so!!" und namentlich auch an alle "Verächter der Piratenpartei" gewandt hatte, scheiterte bei dem Versuch, die notwendigen 2.000 Unterstützungsunterschriften zusammenzubekommen und darf - wie die "Deutsche Demokratische Partei", die "Muslimisch Demokratische Union" oder die "Nein-Idee Niedersachsen" - gar nicht erst gewählt werden.

Momentan spricht einiges dafür, dass im neuen Landtag nur noch drei Parteien vertreten sind. Aber in den verbleibenden zwei Wochen hat die Stimmungslage noch reichlich Zeit, sich wieder zu verändern.