Tierleid unter Wasser

Seite 2: Aquaponik - Kreislauf mit Fischen und Gemüsepflanzen

Nachhaltiger dürften geschlossene Kreislaufanlagen sein - eine Kombination aus Becken und Filtersystemen, in denen das Abwasser ständig wieder aufbereitet und in Fischzuchtbecken zurückgeführt wird. Unter konstanter Sauerstoffzufuhr wird das Wasser durch die Anlage gepumpt, wobei Futterreste und Exkremente gefiltert werden. Die sogenannte Aquaponik kombiniert Aquakultur und Pflanzenzucht mit geschlossenen Wasser- und Nährstoffkreisläufen - bei minimalem Einfluss auf die Umwelt.

Um ein Kilogramm Forelle aufzuziehen, werden in gewöhnlichen Teichzuchtanlagen 100.000 bis 200.000 Liter Wasser verbraucht. In einer Kreislaufanlage kann man bereits mit tausend Liter Wasser ein Kilogramm Biomasse erzeugen, erklärt Werner Kloas gegenüber dem Bayerischen Rundfunk.

Der Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei erforscht in einer Aquaponikanlage am Berliner Müggelsee, wie sich bei der Aufzucht von Fischen Wasser sparen lässt.

Denn das Abwasser aus der Fischzucht düngt Pflanzbeete mit Tomaten, Basilikum oder Auberginen, die in Pflanzensubstrat wie Kies oder Tongranulat wachsen. Tomaten oder Zucchini ist es egal, ob sie mit Exkrementen von Rindern oder Schweinen, mit Mineraldüngern oder den Ausscheidungen von Fischen gedüngt werden.

Zunächst wird der Kot der Tiere über einen Feststofffilter abgefischt. Anschließend bauen Bakterien in einem Bio-Filter giftige Ausscheidungsprodukte ab. Das Ammonium, das die Fische aus den Kiemen ausscheiden, wird von den Bakterien zu Nitrat umgewandelt.

Dieses wiederum wird über das Wasser zu den Pflanzenwurzeln geleitet, die es aufnehmen. Vorher wird dem Wasser Kalium und Phosphat beigegeben.

Der Mix an Nährstoffen ist optimal auf den Bedarf der jeweiligen Gemüsepflanzen abgestimmt. Nachdem es durch Pflanzen und Substrat gefiltert wurde, werden bis zu 95 Prozent des Wassers zurück ins Fischbecken geleitet, in dem die Fische bis zur Schlachtreife heranwachsen.

Auf diese Weise wird nicht nur Wasser, sondern auch Energie, Dünger und Pflanzenschutzmittel eingespart. Temperaturen, Salzgehalt und pH-Wert - alles ist im Wasser optimiert. Die Anlage läuft nahezu klimaneutral.

Wenig Wasserverbrauch, optimale Nährstoffnutzung

Eine weitere Anlage in Waren/Müritz beweist, dass man mit Aquaponik auch Geld verdienen kann. https://www.mueritzfischer.de/aquaponik-anlage/ In einem 400 Quadratmeter großen Gewächshaus mit Tomaten gibt es zwölf Fischbecken mit insgesamt 26 Kubikmeter Wasser.

Die afrikanischen Welse, die hier schwimmen, sind robust und wachsen schnell. Innerhalb von sechs Monaten wachsen 15 Gramm leichte Jungfische zu 1,5 Kilo schwerer Biomasse heran.

Die Fäkalien von insgesamt 8.000 Fischen reichen aus, um 600 Tomatenpflanzen im benachbarten Gewächshaus zu düngen. Der Wasserverbrauch beträgt etwa 35 Liter je Kilo. Spanische Freilandtomaten schlucken fünfmal mehr. Selbst das Schwitzwasser der Tomatenpflanzen wird kondensiert und anschließend wieder genutzt.

Der Süßwasserfisch braucht weniger Protein, um eigene Biomasse anzusetzen, denn er ist ein besserer Futterverwerter als etwa ein Huhn. Um ein Kilo Hähnchen zu erzeugen, wären eineinhalb Kilo Futter nötig. Bei der Aufzucht von Arapaimas liegt der Futtereinsatz bei weniger als einem Kilogramm. Auf den Einsatz von Antibiotika wird verzichtet.

Der Bedarf an Fisch steigt ständig. In der Aquaponikanlage werden jährlich 18 Tonnen Fisch und acht Tonnen Tomaten erzeugt. Im weniger Meter entfernten Fischkaufhaus erfreuen sich die Produkte großer Nachfrage. Wegen Trockenheit und Verknappung von Kunstdünger werden Aquaponikanlagen im urbanen Raum in zehn Jahren Normalität sein, ist Werner Kloas überzeugt. Ginge es nach ihm, so gehört an jedes Gewächshaus eine Fischzuchtanlage – oder umgekehrt.

Vor- und Nachteile von Aquakulturen

Geschlossene Kreislaufanlagen für Fischzucht gibt es bereits seit den 1980er-Jahren. Aber sind sie tatsächlich umweltfreundlich? Eine Studie des Öko-Instituts in Freiburg von 2018 lotete die nachhaltige Nutzung diverser Formen der Aquakultur aus.

Im Ergebnis besteht noch erheblicher Forschungsbedarf, vor allem was die Umweltauswirkungen betrifft. Weil es nicht in der Erde wächst, bekommt Gemüse aus derartigen Anlagen kein EU-Bio-Zertifikat. Doch es fehlt nicht nur an natürlichem Boden, die Anlagen seien auch zu wenig aufs Tierwohl ausgerichtet, lautet die Kritik.

Auch in Sachen Rentabilität ist noch Luft nach oben. So braucht es größere Flächen - etwa 10.000 Quadratmeter und mehr, um rentabel zu werden. Eine andere Möglichkeit sind sogenannte Durchflussanlagen. Diese eignen sich besonders für Fische, die an strömendes Wasser angepasst sind. Der Sauerstoffgehalt ist stets konstant hoch, sodass auf gleichem Raum mehr Fische gehalten werden als in Teichanlagen.

Allerdings wird eine beträchtliche Menge Wasser benötigt, die aus benachbarten Gewässern gepumpt wird. Um Umweltbelastungen durch Futterreste und Exkremente der Tiere zu vermeiden, muss das Abwasser vor der Rückführung in das Quellgewässer wieder aufbereitet werden.