Tischdecke statt Ladegerät

Mit einer Folie, die japanische Forscher entwickelt haben, könnte man elektrische Ladegeräte in jedes flexible Material integrieren - selbst in Tischdecken

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Energieübertragung mit Hilfe von Induktion ist kein ganz neues Phänomen: Der Vorgang selbst wurde schon 1831 von dem britischen Physiker Michael Faraday entdeckt. Mittlerweile hat es die Technik schon bis in den Alltag geschafft: Der Signalgeber fürs Handy funktioniert ebenso auf diese Weise wie das kontaktlose Ladegerät für die elektrische Zahnbürste. Die Anwendung war bisher allerdings auf Geräte mit geringerem Energiebedarf beschränkt - und auf Umgebungen, wo es ganz praktisch ist, dass keine Strom führenden Metallteile offen liegen (wie etwa im Bad).

Ladematte, eingearbeitet in die Schreibtischoberfläche (Alle Fotos:University of Tokyo)

Schon auf der Elektronikmesse CES (vgl. Dicke Füße, doch viele Neuheiten) im Januar hatte des US-Unternehmen E-Coupled eine Umsetzung präsentiert, die universeller Natur sein soll. Das E-Coupled-System lädt Gadgets aller Art auf intelligente Weise auf, indem es ihren Bedarf abfragt und dann genau auf die Kennlinie des betreffenden Akkus hin zielgerichtet Energie abgibt. Interessant wird E-Coupled dann, wenn es sich zum Standard entwickelt - was heute noch nicht absehbar ist.

Ebenso unbestimmt ist die Zukunft von PowerCast: Das ebenfalls auf der CES erstmals präsentierte System ist auf größere Reichweiten spezialisiert. Mit speziellen Antennen kann es - wenn es dereinst in den Läden zu haben ist - Geräte im Umkreis von bis zu einem Meter laden. Da es zur Energieübertragung das 900-Megahertz-Band nutzt, sind gewisse Interferenzen etwa mit dem Mobilfunk wohl nicht ganz auszuschließen. Immerhin kann PowerCast schon einen Großkunden präsentieren: Philips will demnächst ein damit ausgerüstetes Produkt auf den Markt bringen. Dass eine gewisse Skepsis angebracht ist, darf man unter anderem SplashPower zuschreiben: Noch immer sind die "SplashPads" dieses Unternehmens nicht auf dem Markt, die schon seit Jahren angekündigt sind.

Noch deutlich weiter von der Serienreife entfernt ist die Lade-Matte, die japanische Forscher im Fachmagazin Nature Materials vorgestellt haben. Dafür umgeht sie allerdings einige der Nachteile anderer Technologien. Zunächst einmal besteht sie aus druckbarer organischer Elektronik - und soll sich deshalb in der Praxis sehr preisgünstig herstellen lassen. Die Wissenschaftler stellen sich zum Beispiel vor, ganze Bodenbeläge mit ihrer Technologie auszurüsten - einfach mal kurz den Rechner abstellen, und er füllt seinen Akku wieder.

Damit die Ladefolie effizient arbeitet, sind nicht alle Induktionsspulen ständig aktiv. Mikromechanische Schalter aktivieren stets nur die Spulen, die gerade benötigt werden. Die Forscher beschreiben ihr System nicht nur, sie haben es in einer 21 mal 21 Zentimeter messenden Ausprägung auch realisiert.

Auf dieser Grundfläche haben sie ein 8x8-Feld von Sensoren und Induktionsspulen angeordnet. Das komplette Testsample ist nur einen Millimeter dick und wiegt 50 Gramm. Es kann bis zu 40 Watt Leistung zur Verfügung stellen. Die Energieübertragung erfolgt mit einer Effizienz von etwas über 80 Prozent - zumindest, wenn der Empfänger in einem Abstand von 0,1 Millimeter zur Sendespule steht.

Ladematte als Teil des Fußbodens

Dass die Übertragungseffizienz so hoch ist, führen die Wissenschaftler auf die selektive Aktivierung der Induktionsspulen zurück. Müsste etwa eine 30 mal 30 Zentimeter große Sendespule eine nur 2,5 mal 2,5 Zentimeter große Empfängerspule versorgen, sänke die Effizienz auf 0,1 Prozent.

Eine Matte, die darauf liegende Gadgets mit Strom versorgt - das gibt's doch schon? Das mag zumindest sagen, wer die Berichterstattung zur CES noch gut in Erinnerung hat. Die Firma WildCharge hatte in Las Vegas eine "drahtlose" Ladematte vorgestellt, die nur ein Zehntel Zoll dick und zusammenrollbar ist. Im Sommer sollten erste Exemplare auf den Markt kommen - eine 90 Watt liefernde Folie sollte rund 100 Dollar kosten. Die WildCharge-Technologie ist allerdings zwar drahtlos, aber nicht kontaktlos - was der Hersteller immerhin positiv interpretiert: Man verwende keine schädlichen elektromagnetischen Felder, wie sie bei induktiven Verfahren nun einmal nötig sind.