Trojanisches Gen

Genveränderte Fische können Population auslöschen

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Wie sich genveränderte Organismen langfristig auf andere Organismen auswirken, ist noch weitgehend unbekannt, aber natürlich zwischen Befürwortern und Gegnern der Gentechnik heftig umstritten. Aufgrund eines Experiments haben jetzt amerikanische Wissenschaftler auf die Möglichkeit hingewiesen, so berichtet New Scientist, dass genveränderte Fische, wenn sie freigesetzt werden, ihre wildlebenden Verwandten ausmerzen könnten.

William Muir und Richard Howard von der Purdue University haben bei ihrem Experiment Fische untersucht, denen das menschliche Wachstumsgen hGH eingefügt wurde, was auch kommerziell interessant sein könnte, da dann auch die Fische wachsen und so mehr Gewinn abwerfen könnten. Für ihr Experiment verwendeten sie die japanische Fischart Oryzias latipes. Das in die Embryos eingebrachte Gen ließ diese schneller geschlechtsreif werden, überdies produzierten sie mehr Eier als die nicht genveränderten Tiere. Aus anderen Experimenten, unter anderem bei Lachsen, weiß man, dass größere Männchen vier Mal häufiger Weibchen anziehen als ihre kleineren Rivalen. Daher werden größere genveränderte Fische auch diese Vorteile haben und sich sowie das Wachstumsgen schneller verbreiten, was letztendlich zum Aussterben der natürlichen Art führen könnte. Weil die genveränderten Fische zudem eine geringere Chance haben, das Reproduktionsalter zu erreichen, könnte die Ausbreitung des Wachstumsgens auch auf diese Weise Populationen schrumpfen lassen.

All das sind natürlich nur Vermutungen, die die Wissenschaftler erst einmal durch eine Computersimulation zu bestätigen suchten. Sie gingen davon aus, dass 60 transgene Fische in eine Population von 60000 wildlebenden Fischen geraten. Innerhalb von 40 Generationen war diese Population bereits ausgestorben. Und selbst ein einziger transgener Fisch könnte denselben Effekt bewirken, allerdings würde der Verdrängungsprozess dann mehr Zeit benötigen: "Man hat hier die sehr seltsame Situation, wo das am wenigsten fitte Individuum sich am meisten paaren kann", sagt Muir. "Das ist das Gegenteil der darwinistischen Theorie. Die sexuelle Selektion führt das Gen in die Population ein und die eingeschränkte Überlebensfähigkeit führt zur Auslöschung der Population."

Aus diesem Grund bezeichnen die Wissenschaftler Gene, die solche katastrophalen Konsequenzen haben können, in Analogie zu Trojanischen Pferden als "Trojanische Gene". Weil die mit dem Wachstumshormon ausgestatteten Männchen wegen ihrer Größe, die eine größere Überlebenschance suggeriert, sexuell attraktiver sind, führen sie hinterrücks zur Auslöschung einer Art. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten auch bei anderen Arten solche Trojanischen Gene in transgenen Individuen zu ähnlichen Ergebnissen führen. Allerdings ist das bislang nur eine Computersimulation, die nicht unbedingt stimmen muss. Muir will daher das Experiment in streng kontrollierten Aufzuchtbecken mit wirklichen Fischen wiederholen.