Trump-Merkel: Exportweltmeister unter Druck

Seite 2: Merkels "Gesten des guten Willens"

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Im Vorfeld der Visite signalisierte Berlin eine Reihe von möglichen Zugeständnissen. Die bestehenden Zölle für PKWs könnten demnach angeglichen werden, eventuell im Rahmen umfassenderer Verhandlungen über die Wiederaufnahme eines abgespeckten TTIP-Freihandelsabkommens. Zudem signalisierte Berlin seine Bereitschaft, die Militärausgaben substanziell zu erhöhen.

Bewegung deutete sich auch bei der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2 an, die Merkel laut Politico als "politisch" bezeichnete. Hierdurch seien in Washington Hoffnungen geweckt worden, Berlin würde dieses Projekt, das russisches Erdgas unter Umgehung der osteuropäischen Verbündeten Washingtons direkt nach Deutschland liefern soll, als ein "Tauschobjekt" bei Verhandlungen nutzen.

Stratfor wiederum verwies darauf, dass Berlin bei seiner Suche nach einer "Verhandlungslösung" mit Washington bereit sei, mit dem USA gemeinsam gegen die chinesische "Überproduktion bei subventionierten Stahl" vorzugehen und die EU-Zölle bei vielen amerikanischen Industrieprodukten abzusenken. Zudem sei die Bundesregierung bereit, ihre europäische Initiative zur stärkeren Besteuerung amerikanischer IT-Giganten wie Google, Amazon, Facebook und Apple aufzugeben - als eine "Geste des guten Willens".

Bild: Weißes Haus

"Ein Angebot, das Trump kaum ablehnen könnte"

Die amerikanischen Vorstellungen, wie ein Deal zur Vermeidung von Strafzöllen - der in der gegenwärtigen Form hauptsächlich deutsche Stahlhersteller träfe - aussehen müsste, gehen aber weit darüber hinaus. Die Zeitschrift The Hill publizierte kurz vor der Washington-Visite der Bundeskanzlerin einen Gastbeitrag, in dem dargelegt wurde, wie Merkel ihre zweite Trump-Visite doch noch zu einem "Erfolg machen" könnte. Die Kanzlerin müsse dem Weißen Haus ein Angebot machen, dass "selbst Trump kaum ablehnen" könne.

Einerseits müsste Merkel Verhandlungen über ein neues Handelsabkommen, ähnlich dem TTIP, einleiten - hier wurde ja bereits tatsächlich Entgegenkommen von Berlin signalisiert. Zudem erklärte die Bundeskanzlerin auf der abschließenden Pressekonferenz, dass Berlin bereit sei, weitere bilaterale Handelsabkommen mit Washington zu diskutieren. TTIP scheint also tatsächlich reanimiert zu werden.

Zugleich aber müsste Merkel sich laut The Hill bereit erklären, eben die europäischen Reformvorhaben des französischen Präsidenten zu unterstützen, die Berlin kurz zuvor erfolgreich torpediert hat (Achsenbruch zwischen Paris und Berlin). Im Rahmen eines stärker "integrierten" Europas samt gemeinsamen "starken Institutionen", einer Bankenunion und Finanzmarktunion sei es möglich, das europäische Wachstum anzukurbeln und so die Binnennachfrage der EU anzuheben. Dies würde letztendlich auch zur Reduzierung der Handelsungleichgewichte zwischen den USA und der EU führen, so The Hill.

Ähnlich argumentierte die Washington Post, die Deutschland aufgrund seiner reformpolitischen Blockadehaltung zum "schwächsten Glied Europas" erklärte. Macron wolle Europa weiterentwickeln, durch einen Finanzminister für den Euroraum und einen "Hilfsmechanismus für schwächelnde nationale Ökonomien", doch die zögerliche Haltung Merkels sei dabei, diese "kühnen Pläne für ein stärkeres Europa zum Entgleisen zu bringen".

Diese Strategie Washingtons, die mit den Interessen Frankreichs übereinstimmt, zielt somit auf eine doppelte, westliche Einbindung der Bundesrepublik ab: erstens im Rahmen eines transatlantischen Freihandelsabkommens, zweitens durch eine starke politische Union im Rahmen der EU. Macrons dreitägige US-Visite hat somit Spuren hinterlassen.

Einen weiteren Ansatz, die Bundesrepublik wieder stärker im westlichen Bündnissystem zu verankern, thematisierte die New York Times. Etwas, was die Aufmerksamkeit Trumps sofort auf sich zöge, wäre die Bereitschaft Deutschlands, "amerikanisches Militärgerät zu erwerben". Hierdurch würde das Handelsdefizit der USA gegenüber der Bundesrepublik verringert - und zugleich würden die deutschen Minderausgaben näher an den Zielwert von zwei Prozent des BIP erhöht, den Trump einfordere.

Zudem, dies ließe sich anfügen, gehen strategische Einkäufe von Militärgerät zumeist auch mit enger geopolitischer Anbindung einher (deshalb opponieren die USA auch beispielsweise dem Deal über Luftabwehrraketen zwischen Türkei und Russland).

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