Türkei: Angriffe gegen Kurden in Nordsyrien

Seite 2: Erneute Vorwürfe wegen Kooperation der Türkei mit IS-Milizen

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Es kam an verschiedenen Orten zu schweren Gefechten, so zerstörte unter anderem eine Gruppe der Revolutionären Kräfte nach eigenen Angaben in der Region Shehba einen türkischen Panzer. Sie werfen der Türkei unter anderem vor, dass sie ihre Angriffe mit dem IS koordiniere. So sei es zu zeitgleichen Operationen des türkischen "Euphrat Schildes" und des IS gegen die Revolutionären Kräfte gekommen.

Am 22.10. wurde ein türkisches Aufklärungsflugzeug abgeschossen. Die Revolutionären Kräfte erklärten, dass alleine am 22.10. viele türkische Soldaten und Milizionäre bei Gefechten getötet worden seien. Auch der Kommandierende der zur Operation der Türkei gehörenden Gruppe Asif al Shamal sei verletzt worden. Währenddessen hat die Türkei 20 weitere Panzer nach Shehba verlegt.

Die Metamorphose von IS-Kämpfern zu türkischen Anti-IS-Kämpfern

Schon im September berichtete ANF von Dokumenten, die den SDF-Kräften in die Hände fielen. Sie belegen, dass ein gewisser Ahmet Ğafur, der frühere Vorsitzende des IS-Sharia-Gerichtes Jarablus, nun Kommandeur der von der Türkei in Jarablus stationierten Sultan-Murad-Brigade sei.

Die Sultan-Murad-Brigade wurde vom türkischen Geheimdienst MİT gegründet. Auch Ahmet Ğafur’s Cousins Mıhemmed Ğafur und Abdulğeni Ğafur waren Mitglieder des IS. Sie sind nun ebenfalls Mitglieder der Sultan-Murad-Brigade. Die Türkei bestreitet die vorangegangene IS-Zugehörigkeit der drei Cousins und präsentiert sie als Kämpfer der FSA.

Ähnlich sieht es laut ANF mit einem weiteren berüchtigten IS-Offizier aus Rai, Mıhemmed Kelhesen, aus. Er ist auch bekannt als "Cebon aus Rai". Während der Vorbereitungen für die türkische Invasion in Jarablus hielt er sich in der Türkei auf. Als der Einmarsch nach Jarablus begann, kehrte Kelhesen als Kommandeur der islamistischen Truppen zurück, die die Türkei im Schlepptau hatte.

In Jarablus hat er heute eine leitende Stellung. Für die Bewohner der Region ein Affront, denn sie wissen, dass Hunderte von Menschen in der Region unter dem von der IS-Herrschaft profitierenden Mıhemmed Kelhesen leiden mussten und er sich an ihrem Eigentum, Häusern und Autos bereicherte.

Auch die Familie Cafer wurde weiß gewaschen. Die Cafers von Rai waren bezahlte Killer des IS. Das Trio İsmail Cafer, Welid Haci Cafer und Ebu Hesen wurde von den türkischen Truppen als FSA-Kämpfer in ihren Reihen in den Dienst genommen.

Zekeriya Walid ist ein weiterer Veteran des IS. Er hatte seit Jahren verschiedene Aufgaben beim IS übernommen, als dieser in die Azaz-Rai-Jarablus-Region einmarschierte. Beschlagnahmte Fotos zeigen Zekeriya Walid nun in neuem Outfit. Er ließ sich zwischen zwei türkischen Soldaten mit einen "Graue-Wölfe-Zeichen" fotografieren.

Macit Tapuş und Taha Al-Eşqer sind aus dem Dorf Ceke in Azaz. Sie schlossen sich sofort nach der Eroberung der Azaz-Region dem IS an und plünderten, verhafteten und mordeten. Nun sind sie als Mitglieder der Ersten Legion, Teil der Sultan-Murad-Brigade in Jarablus.

Flucht aus Jarablus

Viele Flüchtlinge aus Jarablus sehen in der türkischen Besatzung eine Fortsetzung der IS-Herrschaft, da Milizen des IS weiterhin mit anderen Uniformen präsent seien. Nach Angaben von ANHA haben in den letzten 15 Tagen mehr als 2.000 Bewohner Jarablus in Richtung Minbic verlassen.

Sie berichteten, dass ihre Behandlung durch die Türkei und ihre Milizen "unerträglich" sei. Insbesondere komme es zu schweren Übergriffen und Folter. Im Rahmen der türkischen Operation wurden mehr als 50 Dörfer geräumt. Schon in den ersten Tagen der türkischen Besetzung hatten 5.000 Bewohner die Flucht ergriffen.