Turbo für die Notenpresse bei einer planlosen Europäischen Zentralbank

Bild: Finn Protzmann/Unsplash

Da man Nullzinsen nicht senken kann, werden begonnene Anleihekäufe wegen der Coronavirus-Krise um weitere 120 Milliarden Euro bis zum Jahresende ausgeweitet

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Nun ist das eingetreten, was Telepolis immer wieder kritisiert hatte. Die Eurozone, die auch ohne Coronavirus-Krise längst am Rand der Rezession stand, erwischt die Europäische Zentralbank (EZB) kalt und mit einem weitgehend leeren Instrumentenkasten. Schon bevor sich klare Bremsspuren in der Weltwirtschaft wegen der Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie gezeigt haben, konnten die europäischen Statistiker nur noch ein Minimalwachstum von 0,1% zum Vorquartal schätzen Die Wirtschaft in den großen Euroländern Frankreich und Italien schrumpfte auch ohne Virus-Auswirkungen schon und auch Deutschland befand sich ebenfalls 2019 schon am Rand der Rezession.

Die eigentlich von der EZB die versprochene Wende in der Geldpolitik war ausgeblieben. Real verließ sie den Krisenmodus nie, fuhr Krisenmaßnahmen nur etwas zurück. Am Ende der Draghi-Ära verschärfte sie ihn sogar wieder und die Draghi-EZB stieg sogar wieder in umstrittene Anleihekäufe ein, weil die Konjunktur lahmte. Statt Geldpolitik machte die Draghi-EZB vor allem Konjunkturpolitik. Und so hatte zuletzt auch der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman darauf hingewiesen, dass wir schlechter als 2008 dastehen und ohne Stoßdämpfer unterwegs sind.

Es ist nicht so, dass die neue EZB-Chefin etwas gegen die verfehlte Draghi-Politik gehabt hätte, allerdings muss sie nun ausbaden, dass der Notenbank nur wenige Mittel zur Verfügung stehen, um einer neuen Krise zu begegnen. So hat die EZB heute hilflos angekündigt, die Anleihekäufe weiter auszuweiten. Bis zum Jahresende sollen Anleihen im Umfang von weiteren 120 Milliarden Euro aufgekauft werden. Da der Leitzins seit vier Jahren auf 0,0% ist, kann die EZB unter Lagarde sie nicht senken, wie gerade die britische Notenbank (BoE) oder die US-Notenbank (FED). Fast schon erstaunlich ist, dass der Negativzins von -0,5 für Einlagen von Banken bei der Zentralbank nicht weiter ausgeweitet wurde. Den Strafzins müssen Banken zahlen, wenn sie Geld bei der EZB bunkern. Das ist eine erste Bankenrettungsstrategie, denn die Banken sollen nicht weiter gestresst werden, da einige ohnehin nur noch als Zombies bezeichnet werden dürfen. Für die Banken wurden neue Notkredite beschlossen und zudem will die EZB die Kreditvergabe für kleinere Firmen erleichtern. Dass der in diesem Jahr geplante Banken-Stresstest ausgesetzt wurde, spricht Bände und lässt Schlimmes vermuten

Beruhigt hat das die Geld-Junkies an den Börsen nun wahrlich nicht. Schon deshalb nicht, weil gerade Lagarde angesichts der Corona-Pandemie die Europäischen Staats- und Regierungschefs vor einer Krise wie nach 2008 gewarnt hatte. Sie habe deshalb auf schnelles Handeln gedrängt. Angesichts dessen hatten sich die Börsen von der EZB ebenfalls eine durchgreifende Aktion erwartet.

Die Finanzplätze waren wegen allgemeiner Panik-Attacken und wegen der Entscheidung des US-Präsidenten Trump aber längst massiv eingebrochen. Denn Trump sucht wieder einmal einen Sündenbock und hat deshalb einen Einreisestopp für Europäer (Briten ausgenommen) verkündet. Und so brachen nach der Wall Street in New York auch alle Börsen in Europa heute wieder ein. Alles spricht dafür, dass nach dem Schwarzen Montag - und den Verlusten in den Tagen danach - heute ein Schwarzer Donnerstag blüht.

Nach Bekanntgabe der EZB-Notmaßnahmen ging der Leitindex DAX sogar noch heftiger auf Absturzfahrt. Er fällt in der Spitze heute um 10%. Schon zum Börsenstart war er unter die Marke von 10.000 Punkten gefallen. Er ist nun auf dem tiefsten Stand seit Sommer 2016. Allein in dieser Handelswoche hat er schon 16% verloren. In nicht einmal vier Wochen ginge er etwa 40% in die Knie.