UN-Bericht zu Sri Lanka: Militär tötete 40.000 Zivilisten

Seite 3: Ist UN-Stabschef Nambiar in Kriegsverbrechen verwickelt?

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Die Politik der Vereinten Nationen gegenüber Sri Lanka ist nicht nur von falscher Zurückhaltung, sondern auch von offensichtlichen Interessenskonflikten geprägt, die sich vor allem in der Person des Stabschefs von Ban Ki-Moon, Vijay Nambiar, kristallisieren.

So soll Nambiar seine Mitarbeiter im Mai 2009 angewiesen haben, wegen der 20.000 getöteten Zivilisten - dies war schon damals der UN-interne Wissensstand - , "keinen Aufstand zu machen", meldete die Londoner Times.

Der zweite kritische Punkt betrifft die Rolle Nambiars in der sogenannten "White Flag"-Affäre. Damit ist die Tötung der gesamten LTTE-Führungsriege in den letzten Tagen des Krieges gemeint. Die Times-Reporterin Marie Colvin berichtet, dass sie am 18. Mai mit LTTE-Führungskadern in Kontakt stand, die sich ergeben wollten. Sie hätten darum gebeten, dass "Nambiar anwesend sein sollte, um ihre Sicherheit zu garantieren". Der in Colombo stationierte UN-Stabschef sagte Colvin daraufhin am Telefon, er habe das Ehrenwort des srilankischen Präsidenten Mahinda Rajapakse: Wer sich mit "einer weißen Flagge" in Händen ergebe, habe nichts zu befürchten - und deshalb sei eine Präsenz der UN bei der Übergabe nicht notwendig. Nur wenige Stunden später waren alle LTTE-Führer tot. Ihre leblosen Körper wurden von der Armee zur Schau gestellt.

Was damals geschah, gehört bis heute zu den am wenigsten aufgeklärten Ereignissen des Krieges. Bekannt wurde allerdings, dass Vijays Bruder Satish Nambiar als Militärberater für die srilankische Armee arbeitete. Außerdem sagte Ex-General Sarath Fonseka - der während des Kriegs Chef des srilankischen Militärs war - einer Oppositionszeitung im Dezember 2009, der srilankische Verteidigungssekretär Gothabaya Rajapakse habe den Befehl gegeben: "Tötet sie alle!" Seit diesem Interview sitzt Fonseka im Gefängnis.

Welche Rolle Nambiar bei diesem Ereignis spielte, was er wusste und ob er tatsächlich ein neutraler Vermittler war, wird in dem neuen UN-Report nicht diskutiert. Bisher hat Nambiar in einem hier transkribierten Interview mit Al Jazeera nur bestätigt, dass er an den Verhandlungen teilgenommen hat - über den Tod der LTTE-Kader wisse er aber nichts, vielleicht seien sie auch von der Tamil Tigers selbst getötet worden.

Inzwischen hat eine tamilische Diasporagruppe aus der Schweiz wegen der "White-Flag"-Affäre eine Anzeige beim Internationalen Strafgerichtshof eingereicht.