UN-Klimakonferenz: Wenig mehr als ein Formelkompromiss

In Scharm El-Scheich ist die UN-Klimakonferenz zu Ende gegangen. Deutschlands Position ist unglaubwürdig. Welche Fragen nach COP27 offen sind.

Nun ist es auf der UN-Klimakonferenz doch noch zu einer Einigung gekommen. Nachdem es am Samstagmorgen fast so ausgesehen hatte, als würde man ganz ohne Ergebnis auseinandergehen, kam in der Nacht zum Sonntag doch noch ein Abschlussdokument heraus.

Unter anderem wird es voraussichtlich einen neuen Fonds geben, aus dem ärmere Staaten für Schäden entschädigt werden, die ihnen durch den Klimawandel entstehen.

Selten zu vor wurde eine Vertragsstaaten-Konferenz der UN-Klimarahmenkonvention im Diplomatenjargon Conference of Parties oder COP genannt, so lange überzogen. Seit 1995 trifft man sich bereits jährlich, um sozusagen über die Ausführungsbestimmungen der Konventionen zu verhandeln.

Seit 2015 werden diese von der Pariser Klimaübereinkunft geregelt, davor war es das sogenannte Kyoto-Protokoll, das völkerrechtlich eine stärkere formale Verbindlichkeit hatte, ungeachtet dessen aber von wichtigen Industriestaaten ignoriert oder gebrochen wurde.

Bizarre Ansage von Baerbock

Zuvor hatte die EU-Delegation am Samstagmorgen gedroht, den Verhandlungstisch zu verlassen und die Gespräch platzen u lassen. Obwohl die eigenen Klimaschutzpläne weit davon entfernt sind, das 1,5-Grad-Zieleinhalten zu können, hatte man sich dagegen gesperrt, es in den Konferenzdokumenten offiziell aufzugeben.

"Außenministerin Annalena Baerbock kämpft in Scharm al-Scheich für das 1,5-Grad-Ziel“, ließ der Spiegel seine erstaunten Leserinnen und Leser wissen. Angesichts des Vorhabens der Bundesregierung, dem Senegal bei der Erschließung neuer Gasfelder zu helfen oder dem Plan, das besonders schädliche Frackinggas aus den USA einzuführen und die dafür benötigten LNG-Terminals zu bauen, ist das schon eine bizarre Aussage.

Auch der Handel, den der grüne Wirtschafts- und Klimaschutzministers Robert Habeck mit RWE abgeschlossen hat und der dem Konzern im Rheinland die Ausweitung des Tagebaus Garzweiler 2 und den Abriss von Lützerath ermöglicht, spricht nicht gerade für die Ernsthaftigkeit der Baerbockschen Ansage.

Erst kürzlich hatte außerdem der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung attestiert, dass sie nicht einmal die unzureichenden Ziele aus dem Klimaschutzgesetz einhalten wird, mit denen sich Deutschland auf dem auf Crashkurs mit dem Planeten befindet.

Fingerzeig auf andere, um abzulenken

Neben dem Fonds, dessen Ausgestaltung in den nächsten Jahren noch verhandelt werden muss, hat es im Abschlussdokument schließlich doch noch eine Bestätigung des 1,5-Grad-Ziels gegeben. Auf den langfristigen Ausstieg aus der Verwendung fossiler Energieträger konnte man sich hingegen nicht einigen.

Ebenso wurden bei weitem nicht genug verschärfte Selbstverpflichtungen abgegeben, die eine Begrenzung der Erwärmung als möglich erscheinen lassen würden.

Ansonsten war mal wieder das übliche Spiel zu beobachten: Die Industriestaaten, die die größte Verantwortung für die bisherige Anreicherung des Treibhausgases CO₂ in der Atmosphäre haben, versuchen von dieser abzulenken, indem sie Druck auf Schwellenländer ausüben.

Das betraf zum einen den Bereich der Selbstverpflichtungen zum anderen auch den verabredeten Fonds. Der Westen will unbedingt, dass auch China und Indien einzahlen, und verzögert damit die Einrichtung und die eigenen Beiträge.

"Der Weltklimagipfel hat nicht mehr als einen ungenügenden Formelkompromiss zustande gebracht und lässt den Planeten so weiter auf der schiefen Bahn in die Klimakrise abgleiten", kommentiert daher der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Stefan Müller-Kraenner.

Dass es keine Einigung auf den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern gegeben habe, habe auch an dem von der Bundesregierung im Senegal eingefädelten Projekt zur Erschließung neuer Erdgasfelder gegeben.

Passend zur weiteren Verschleppung des Klimaschutzes wurde wie schon auf anderen Klimagipfeln, zum Beispiel 2009 in Kopenhagen oder 2015 in Paris, sehr repressiv mit den Protesten von Klimaschützern umgegangen.

Laut Fridays for Future Deutschland gab es außerhalb des Konferenzgebäudes für die breitere Öffentlichkeit nur eine weitab vom Geschehen auf einem Parkplatz gelegen offizielle Klimademonstrationszone, in der Proteste geduldet wurden.