UN lädt Iran wieder aus
Syrien-Konferenz Genf II wird bereits im Vorfeld zur Theaterposse
Nun hat die UN Iran wieder ausgeladen; ausladen müssen, auf Druck der USA, von einer Konferenz, deren Bedeutung für eine friedliche Lösung des Krieges in Syrien ohnehin arg beschränkt ist. Mit Vertretern des Iran hätte die am Freitag beginnende Konferenz Genf II an Relevanz gewonnen, so wird sie wohl eine Theatervorstellung ohne große Wirkung.
Mit einer Volte, die dem Publikum bereits von den Atomverhandlungen bekannt ist, wurde die Einladung an die iranischen Vertreter rückgängig gemacht. Iran sollte eine Bedingung unterzeichnen, die für Teheran unannehmbar ist: die Resolution aus der ersten Genfer Konferenz, wonach die Führung in Damaskus durch eine Übergangsregierung von Gnaden der tagenden Konferenzteilnehmern abzulösen ist.
Die iranische Regierung ist seit vielen Jahren politisch eng mit den Herrschern in Damaskus befreundet; ein solcher Schritt ist für sie unmöglich, es wäre ein Verrat an allem, wofür sich Teheran in der Vergangenheit gegenüber Syrien eingesetzt hat; es wäre das Ja zu einem "Regime Change", das von Staaten betrieben wird, die anders als Syrien unter nicht zu den Freunden Irans zählen: Saudi-Arabien, Katar und die USA.
Dazu kommt, dass die kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien seit langer Zeit nicht mehr als Befreiungsbewegung einer aufbegehrenden Bevölkerung gegen brutale Autokraten dargestellt werden können. Es ist ein blutiger Machtkampf mit hundert Fronten zwischen militanten Salafisten mit dem Ziel eines islamischen Staats in Syrien gegen al-Qaida mit einem regionalen Herrschaftsanspruch und einer internationalen Dschihadagenda gegen die syrischen Streitkräfte, um nur die größeren Fraktionen zu nennen.
Leichtes Spiel für Baschar al-Assad
Die Bevölkerung, davon geht der amtierende Präsident Baschar al-Assad mit echtem, nicht nur propagandistisch getönten Realitätsbezug aus, ist es leid, zwischen die verschiedenen Mühlen zu geraten. Bei einer Neuwahl hätte er große Chancen, weswegen er es leicht hat, sich als säkular gesinnter demokratischer Herrscher zu präsentieren.
Nach all dem, was an Grausamkeiten und Kriegsverbrechen oppositioneller Militanter gegenüber ihren Gegnern und konfessionellen Minderheiten bekannt wurde, wird ihre Herrschaft in der internationalen Öffentlichkeit, in Israel und anderen Nachbarstaaten gefürchtet wie wahrscheinlich auch von einem Großteil der syrischen Bevölkerung.
Vorwurf an die syrische Regierung: Folterungen und Morde Zigtausender
Zwar mag es, wie hin und wieder in kleineren Berichten angedeutet wird, örtliche Refugien der Sicherheit und des Friedens unter gemäßigten salafistischen Truppen geben, mit Schariagerichten, die nichts mit den Horrorbildern à la Talibanistan zu tun haben. Auch wird manchem Rebellenführer Charisma zugeschrieben und nicht alle sind dem kalifatischem, fanatischem Wahn verfallen.
Aber im Ganzen bieten sie überhaupt kein überzeugendes Bild, dass mit ihrer Herrschaft Syrien auch nur irgendwie auf einem besseren Weg wäre. Man sieht vor allem, dass sie unbarmherzige, zu allen Härten fähige Krieger sind, die an die Macht wollen, was sie damit anfangen würden, darüber geben sie selbst vor allem religiösen Qualm von sich ("Kaum Schlimmes an dem Begriff 'islamisch'", Die Antwort heißt "syrischer Salafismus"?, Falken und Masterpläne).
Angesichts dieses Bildes wird auch die im Vorfeld von Genf II zeitgerecht erfolgende aktuelle Enthüllung über Folterungen und Morde Zigtausender in den Gefängnissen des syrischen Sicherheitsapparats (vgl. Syria crisis: evidence of 'industrial-scale killing' by regime spurs call for war crimes charges), selbst wenn sich die Vorwürfe bestätigen, nichts Entscheidendes an der Sichtweise ändern, wonach Baschar al-Assad und seine ihn umgebenden Machtzirkel, die Land und Leute ausgebeutet haben, das kleinere Übel sind und immerhin über Jahrzehnte hinweg für stabile politische Verhältnisse gesorgt haben.
Baschar al-Assad regiert mithilfe von Folter, Gewalt und Lügen, aber für die Aussichten, dass es seine Opponenten anders machen würden, haben sie nichts Überzeugendes getan. Und auch nicht dafür, dass sie können, was die Präsidenten Assad mit ihrer autoritären Politik geschafft haben, einigermaßern stabile Verhältnisse im Inneren und nach Außen.
Solange die Bedrohung durch religiöse Fanatiker und Dschihadisten den Blick auf Syrien bestimmt, kann sich der amtierende Präsident seiner Macht sicher sein. Die Opposition ist auf lange Zeit desavouiert, inklusive des SNCs, dessen Exilsyrer im Land kaum eine Machtbasis haben. Dass aus den Aufständen in Syrien das neue Hauptschlachtfeld gegen den dschihadistischen Terror geworden ist, fügt sich dem, was Baschar al-Assad von Anfang an als politische Lesart vorgegeben hat.
Warum die syrische Regierung 2011 mit Ahmed Abu Issa, Abdel Qader Saleh und Zahran Alloush (vgl. Falken und Masterpläne) im Jahr 2011 genau jene befreundeten Gefängnisinsassen entlassen hat, die später Anführer der oppositionellen Gruppierungen wurden - und die jetzt al-Qaida-Verbündete bekämpfen - ist noch nicht beantwortet.