US-Präsident Bush stellt sich hinter die Lehre vom "Intelligent Design"
Bush befürwortet, dass auch die Antwort der religiösen Konservativen auf die Evolutionstheorie gleichberechtigt im Biologieunterricht gelehrt werden soll
In den USA, aber nicht nur, sondern beispielsweise auch in muslimischen Ländern, versuchen religiös-konservative Kreise die Evolutionstheorie zu kippen, die als Affront für die Religion und den Glauben an den Schöpfergott begriffen wird. Bestritten wird, dass das Leben und damit auch der Menschen sich zufällig nach darwinistischen Prinzipen Schritt für Schritt entwickelt hat und weiterhin von der Evolution geformt wird. Früher brachte man gegen die Evolutionstheorie den Kreationismus in Stellung, seit einigen Jahren will man sie mit einer etwas wissenschaftlicheren Argumentation durch das Konzept des "Intelligent Design" aushebeln.
In den USA sind es die konservativen Christen, die George W. Bush, einen wiedergeborenen Christen, mit an die Macht gebracht haben und seit seiner ersten Präsidentschaft Druck ausüben, dass das Land nach ihren Wertvorstellungen zu einer Art Christenstaat umgeformt wird. Die Gegner sind die Liberalen, Themen gibt es viele. Gefordert wird ein Abtreibungsverbot, ein Verbot homosexueller Ehen, Sterbehilfe wird abgelehnt, man tritt für Keuschheit vor der Ehe und gegen Pornografie und anderes Schmuddliges in den Medien ein. Mit Gewalt, Todesstrafe oder Krieg hat man hingegen keine so großen Probleme, auch den Schutz der Natur, die Gott dem Menschen anvertraut hat, nimmt man nicht so wichtig, Gott wird dies schon regeln. Mindestens so wichtig wie der Einfluss auf den US-Präsidenten und den Kongress ist für die konservativen Christen, deren Kirchen und Organisationen seit der Amtszeit schon viel Geld zugeflossen ist, die Besetzung des Supreme Court. Von den Richtern auf Lebenszeit werden viele Konflikte entschieden, die tief in das Leben der Nation einschneiden können. Würden hier die konservativen Christen eine Mehrheit erhalten, könnte sich, wie diese hoffen und die Liberalen fürchten, das Gesicht der amerikanischen Kultur verändern.
Ein Nebenschauplatz der Kampfes der Weltanschauungen findet eben auch in den Schulen statt, in denen es um die Gehirne der Kinder geht. Sie sollen, so wollen es viele der Gläubigen, zumindest neben der Evolutionstheorie auch gleichberechtigt die Theorie vom "Intelligent Design" lernen, eigentlich aber eher nur noch die Lehre hören, wie ein – weder beweisbarer noch widerlegbarer Schöpfer – die Erde und das Leben auf ihr Schritt für Schritt geschaffen hat. Nach der neuen Theorie darf die Erde nun auch älter als die biblischen 6.000 Jahre sein und kann es durchaus so etwas wie eine Evolution im Kleinen geben, aber die Grundzüge und fundamentalen Entwicklungsschritte sollen doch durch einen intelligenten Architekten, Regisseur und Erfinder dann wohl auch im Hinblick auf den Endzweck der Geschichte entworfen worden sein. Im Grunde sagt die Vertreter des "Intelligent Design", dass Leben zu komplex sei, um durch eine Verkettung von Zufällen – genetische Mutationen, Selektion und Veränderungen der Umwelt - alleine erklärt werden zu können (näheres zum "Intelligent Design": Und die Erde ist doch eine Scheibe).
Lange hatte sich US-Präsident aus der Diskussion herausgehalten. Nun aber hat er sich erstmals vor Journalisten, mit denen er sich im Weißen Haus am Montag traf, dafür ausgesprochen, dass die Lehre vom "Intelligent Design" als gleichwertig mit der Evolutionstheorie in den Schulen gelehrt werden sollte. Wie er persönlich darüber denkt, wollte er aus politischer Klugheit nicht sagen, allerdings war er schon als Gouverneur von Texas dafür eingetreten, dass Evolutionstheorie und – damals noch – sich auf die Bibel berufender Kreationismus in den Schulen unterrichtet werden sollen. Die Schüler, so erklärte er nun den Journalisten, müssten beide Theorien hören, um zu verstehen, um die Debatte geht. Das freilich wäre eine Aufwertung, denn von den meisten Wissenschaftlern wird die Lehre vom "Intelligent Design" nur als Pseudowissenschaft betrachtet. Auch die wichtigsten amerikanischen Wissenschaftsverbände, die National Academy of Sciences und American Association for the Advancement of Science, sind gegen eine Einführung der Lehre vom "Intelligent Design" in naturwissenschaftlichen Fächern. Kritik an Bushs Aufwertung des "Intelligent Design" als naturwissenschaftliche Theorie folgte prompt auf seine Ausführungen, die Befürworter wie Mitglieder des Discovery Institute hingegen sehen es als Stärkung ihrer Position.
In diesem Kontext entdeckt die religiöse Rechte die Meinungsfreiheit, als ob es in den USA irgendwelche Restriktionen gäbe, über "Intelligent Design" in der Öffentlichkeit zu sprechen. Wissenschaftler wenden sich nur berechtigter Weise dagegen, diese als wissenschaftliche Theorie einzustufen. US-Präsident Bush verkauft gleichwohl seine Forderung nach Aufnahme der weltanschaulichen Theorie im Biologieunterricht, die als theologische oder philosophische Spekulation durchaus im Religionsunterricht vermittelt werden könnte, recht durchsichtig als scheinbar liberale Position und der Verwendung derselben rhetorischen Mittel:
Ich glaube, es ist ein Teil der Erziehung, den Menschen verschiedene Denkschulen näher zu bringen. Sie fragen mich, ob die Menschen verschiedene Ideen kennen lernen sollen, meine Antwort ist Ja.
US-Präsident Bush