US-Sanktionen bremsen russische LNG-Projekte aus
Neue Sanktionen gegen den russischen Energiesektor zeigen Wirkung. Anlage Arctic LNG 2 erheblich betroffen. Auch eisbrechende LNG-Tanker werden knapp.
Die am 23. Februar anlässlich des zweiten Jahrestages des Krieges in der Ukraine und des Todes des Kremlkritikers Alexej Nawalny verhängten US-Sanktionen richten sich gegen LNG-Projekte in Russland.
Auf der Sanktionsliste stehen seitdem neben dem LNG-Bauzentrum Belokamenka bei Murmansk des größten russischen LNG-Produzenten Novatek auch die Werft Swesda des Ölkonzerns Rosneft an der Ostgrenze des Landes und die arktische Transportgesellschaft SMART LNG, ein Joint Venture von Novatek und dem Betreiber von Öl- und LNG-Tankern Sovcomflot.
Auch drei Schifffahrtsgesellschaften in Zypern mit russischer Beteiligung gehören dazu. Gegen das Projekt Arctic LNG 2 auf der nordsibirischen Halbinsel Gydan verhängten die USA Anfang November 2023 Sanktionen. In der Folgezeit kündigte Hauptprojektbetreiber Novatek Lieferverzögerungen wegen höherer Gewalt an und Projektmitinhaber TotalEnergies schloss LNG-Lieferungen von Gydan aus.
Wo bleiben die Eistanker für Arctic LNG 2?
Wegen der Sanktionen kann der südkoreanische Schiffbauer Hanwha Ocean Medienberichten zufolge offenbar keine neuen Käufer für die Spezialschiffe finden, die für Novateks Arctic LNG 2 gebaut wurden. Zugleich herrscht weltweit ein Mangel an LNG-Tankern, da in den USA und Katar neue Projekte entstehen und auch bestehende Anlagen einen Seetransport benötigen. Dennoch gibt es ein Problem, wo LNG-Eistanker sich einsetzen lassen.
Vielleicht liegt es daran, dass die Schiffe für den Einsatz unter arktischen Bedingungen ausgelegt sind, und tatsächlich ist das Arctic LNG-2-Projekt das einzige, das Eisbrecher dieses Typs erfordert. Das bedeutet, dass jeder Käufer in der Lage sein sollte, mit dem russischen Projekt zu arbeiten. Drei Eistanker baute Hanwha Ocean im Auftrag von Sovcomflot. Der Vertrag wurde 2022 storniert.
Drei weitere Eistanker zum LNG-Abtransport von Gydan sollte Hanwha Ocean für die japanische Schifffahrtsgesellschaft Mitsui OSK Lines bauen. TradeWinds berichtete unter Berufung auf einen Vertreter der Schifffahrtsgesellschaft, dass sich die Auslieferung dieser drei Tanker aufgrund von Arbeitskräftemangel auf der Hanwha Ocean-Werft auf unbestimmte Zeit verzögert habe.
Novatek manövriert
Ebenso verzögern sich die Bauarbeiten auf der heimischen Swesda-Werft. Auch hier führten Sanktionen dazu, dass sich Technikunternehmen aus Frankreich und Südkorea zurückzogen. Drei von 15 georderten LNG-Tankern Arc7 sollen bis zum Jahresende bereit sein.
Seit letztem Dezember verflüssigt die erste Produktionslinie von Arctic LNG 2 Gas. Sie verfügt über eine Produktionskapazität von 6,6 Millionen Tonnen LNG im Jahr. Die erste Schiffsfracht war für das erste Quartal angesetzt. Doch bis heute legte von Gydan kein Spezialtanker mit LNG an Bord ab.
Vizepremier Alexander Nowak erklärte am 29. März auf einer Pressekonferenz laut russischer Nachrichtenagentur Tass auf die Frage zum Beginn der Flüssiggaslieferungen aus dem Projekt, dass sich das Unternehmen Novatek mit diesem Problem beschäftige und entsprechende Verhandlungen führe. In den wachsenden Schiffstransporten in diesem Jahr entlang der Nordmeerroute seien LNG-Transporte von Arctic LNG 2 berücksichtigt.
Die zweite Produktionslinie wird derzeit im LNG-Bauzentrum in Belokamenka in der Region Murmansk gebaut. Insgesamt sind drei Linien geplant, sodass das Werk Arctic LNG 2 eine Produktionskapazität von 19,8 Millionen Tonnen aufweist. Um das Eistanker-Problem zu entschärfen, soll im Umkreis des eisfreien Hafens von Murmansk das größte LNG-Werk mit einer Produktionskapazität von 20,4 Millionen Tonnen entstehen.
Russland hält an Europa fest
Unterdessen hat die Regierung mit Novatek Anfang April ein Abkommen zur Entwicklung von LNG-Produktionstechnik geschlossen. Geplant ist, bis 2030 in Russland 100 Millionen Tonnen LNG produzieren zu können.
"Die LNG-Produktion bietet ein erhebliches Potenzial zur Steigerung des Exportangebots, dessen Hauptvorteil die Mobilität ist", betonte Nowak in einem Beitrag Anfang April. Der Schiffsverkehr mit LNG fügt sich in die russische Kriegswirtschaft ein. Er soll das einst lukrative Pipeline-Geschäft mit Europa ein Stückweit kompensieren.
"Russland ist bereits der viertgrößte Exporteur von LNG, mit einem Exportvolumen von 32,6 Millionen Tonnen im Jahr 2023", so Nowak. Der Präsident habe den Auftrag gegeben, die Produktion auf 100 Millionen Tonnen LNG anzuheben. Damit lasse sich bis 2035 ein Anteil von bis zu 15–20 Prozent am globalen LNG-Markt erobern.
Im vergangenen Jahr verfrachtete Russland in Häfen der EU 15,6 Millionen Tonnen LNG und somit etwas mehr als 2022, aber 37,7 Prozent mehr als im Vorkriegsjahr 2021. Auch wenn China der neue Gasgroßkunde von Russland ist, bleibt Europa auf der Agenda.
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