US-Senat verabschiedet Steuerreform mit 51 zu 49 Stimmen
Einigen sich beide Kongresskammern rechtzeitig, könnte Donald Trump das Gesetz noch vor Weihnachten unterschreiben
Der US-Senat hat den republikanischen Steuerreformentwurf gestern mit 51 zu 49 Stimmen verabschiedet. Vorher hatten drei der insgesamt 52 republikanischen Senatoren ihre mögliche Ablehnung signalisiert, weshalb noch Details geändert wurden. Der von US-Präsident Donald Trump als "massive Steuerentlastung für arbeitende Familien überall in Amerika" gelobte Entwurf sieht unter anderem vor, dass die bisherigen sieben Bundeseinkommensteuersätze in Höhe von 10, 15, 25, 28, 33, 35 und 39.6 Prozent auf 10, 12, 22, 24, 32, 35 und 38.5 Prozent und die Unternehmenssteuern von 35 auf 20 Prozent abgesenkt werden.
Der ohne Belege absetzbare Grundfreibetrag wird für Alleinstehende von derzeit 6.350 auf 12.000 und für Verheiratete von 6.350 auf 24.000 fast verdoppelt, was den bürokratischen Aufwand sowohl für den Steuerzahler als auch für die Finanzbehörden verringern soll. Kinder könnten mit 2.000 statt bislang 1.000 Dollar abgesetzt werden. Andere Absetzmöglichkeiten - zum Beispiel die kommunaler Grundsteuern - werden dagegen teilweise erheblich eingeschränkt. Investitionen von Unternehmen dürfen dagegen schneller abgeschrieben werden; die Estate-Tax-Erbschaftsteuer fällt ebenso weg wie die AMT-Mindeststeuer für Personen, die sich mit Absetz- und Ausnahmekonstrukten unter eine bestimmte Schwelle rechnen.
Repräsentantenhaus möchte nur vier Stufen
Der Entwurf muss nun in weiteren Verhandlungen mit dem bereits vom Repräsentantenhaus verabschiedeten republikanischen Steuerreformentwurf vereinheitlicht werden. Der sieht statt sieben neuen Einkommensteuerstufen nur vier vor: 12, 25, 35 und 39.6 Prozent. Die Unternehmenssteuersenkung, die der Senatsentwurf mit Rücksicht auf das Haushaltsdefizit erst ab 2019 gelten lassen will, möchte das Repräsentantenhaus schon früher in Kraft treten lassen. (vgl. Steuerreform: Trump nähert sich seinem Ziel).
"Voodoo Economics"
Mit dem Entwurf sollen Bürger und Unternehmen auf zehn Jahre gerechnet um insgesamt 1,6 Billionen Dollar entlastet werden. Dabei werden Besserverdiener tendenziell stärker entlastet: Wer brutto über 700.000 Dollar jährlich einnimmt, der darf einer Schätzung des Washingtoner Urban-Brookings Tax Policy Centers mit einem durchschnittlich 13 Prozent höheren Nettoverbleib rechnen.
Finanzminister Steven Mnuchin nach soll sich diese Steuersenkung durch ein höheres Wirtschaftswachstum langfristig selbst gegenfinanzieren. Damit bezieht er sich auf eine Theorie des Reagan-Ökonomen Arthur Laffer, die von George Bush senior in den Vorwahlen von 1980 als "Voodoo Economics" verspottete wurde und in den 1980er Jahren an der Realität scheiterte: Anstatt mehr gab es deutlich weniger Steuereinnahmen - und eine Verdoppelung des Haushaltsdefizits innerhalb von drei Jahren, die einen weltweiten Anstieg der Zinsen zur Folge hatte (vgl. USA: Voodoo-Economics-Zombie?).
Angesichts dieser historischen Erfahrung glauben 37 der 38 von der University of Chicago zur neuen Steuerreform befragten Wirtschaftswissenschaftler, dass das durch sie angeregte Wirtschaftswachstum nicht ausreichen wird, um die entstehende Lücke im Haushalt vollständig zu decken. Kann sie auch nicht durch Kürzungen geschlossen werden, müssten die USA ihre aktuell rund 20 Billionen Dollar schwere Staatsschuldenlast erhöhen, was die Regierung vor neue Genehmigungsprobleme im Repräsentantenhaus und im Senat stellen würde.
Flynn-Affäre und Fake News
Trump-kritische US-Medien beschäftigt heute aber weniger diese Steuerreform als der Verstoß gegen die Regel, dass ein gewählter Präsident vor seiner Amtseinführung nur eingeschränkt außenpolitisch aktiv sein darf - was auch für seine Mitarbeiter gilt. Donald Trumps ehemaliger Sicherheitsberater Michael Flynn soll gegen diese Regel verstoßen haben, indem er bei zwei Telefonaten Ende letzten Jahres mit dem damaligen russischen Botschafter Sergej Kisljak auch über die unter Barack Obama verhängten Wirtschaftssanktionen sprach und den Diplomaten darum bat, dass sein Land im UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf zur israelischen Siedlungspolitik blockiert. Das soll Flynn am Freitag gegenüber dem FBI-Sonderermittler Robert Mueller eingeräumt haben.
Weil in den USA so genannte "Deals" in der Strafverfolgung Standard sind, muss so ein Geständnis nicht zwangsläufig bedeuten, dass Flynn nun die Wahrheit sagt. Ein Verdächtiger kann sich auf den Rat seiner Anwälte hin auch zu einer unwahren Aussage entschließen, die für ihn selbst den wahrscheinlich geringsten Schaden bedeutet, wie beispielsweise die HBO-Serie The Night Of sehr eindrucksvoll illustriert).
Teil eines Deals ist häufig auch, dass ein Angeklagter Dritte belastet. Das machte den Medienberichten nach auch Flynn, der von einer "sehr hochrangigen" Person aus dem Übergangsteam zu einem der Telefongespräche aufgefordert worden sein soll. Während die Washington Post spekuliert, damit könne Donald Trumps sowohl an Nahost- als auch an Russlandfragen interessierter Schwiegersohn Jared Kushner gemeint gewesen sein, berichtete ABC unter Berufung auf eine "anonyme Quelle", der damals noch nicht vereidigte Präsident selbst habe Flynn dazu angewiesen. Diese Falschmeldung, die den Dow-Jones-Index zeitweise um über 350 Punkte abstürzen ließ, hat der Sender inzwischen korrigiert.
Eine andere Meldung, die am Donnerstag die US-Mainstreammedien beherrschte, ist Trump zufolge ebenfalls eine "Fake News": Dass Außenminister Rex Tillerson durch den CIA-Direktor Mike Pompeo ersetzt werden soll, dessen Amt dann Senator Tom Cotton übernimmt. Er, so Trump gestern auf Twitter, sei mit seinem Außenminister Rex Tillerson zwar nicht immer einer Meinung, habe jedoch als Präsident stets das letzte Wort und deshalb keine Probleme mit der Zusammenarbeit.