USA und ihre Alliierten können globale Sicherheit nicht gewährleisten

Seite 2: Die EU und ihre Rolle in der globalen Politik

Die aktuelle EU dagegen glänzt mit gar nichts. Borrell, seines Zeichens EU-Chefdiplomat, lieferte jüngst in Oxford dafür einen neuerlichen Beweis. Er stellte das Ende der US-Hegemonie fest, aber zeigte sich gleichzeitig entschlossen, die Verankerung der USA in Europa nun durch mehr EU-Eigenverantwortung in der Nato zu stützen. So blieb er ganz der Vasall, der sich mit Billigung des Meisters mehr engagiert.

Im Übrigen las sich Borrells Rede in Teilen wie eine EU-Bankrotterklärung. Sein Lamento: Die EU ist auf die Härte der gegenwärtigen Zeit nicht vorbereitet. Sie kann sterben. Sie wollte doch einen Ring von Freunden um sich, und siehe, überall ist nur Feuer, und irgendwie ist die EU an dem ganzen Debakel auch ein wenig schuld.

Es gab zudem frappante Rede-Passagen: In der Corona-Zeit bewährte sich die EU, so Borrell, als damals Menschen "auf den Straßen starben". Es gab in dieser Zeit schrecklicherweise auch kein Paracetamol in der EU. Die Kunst der Diplomatie bestünde darin, mit Doppelstandards zu jonglieren.

Borrells Ausführungen zum Israel-Gaza-Konflikt waren auch nicht ohne. Zwischen dem, was Borrell und was Berlin dazu denken, gab es von Anfang an Unterschiede. Solche Unterschiede lassen sich unter keine Fuchtel bringen, auch nicht durch Mehrheitsentscheidung.

Solange sich die EU und ihre Mitglieder so gerne am Hegemon "anlehnen" (Kramp-Karrenbauer), kann auch nur Washington den sogenannten Sack Flöhe hüten. Mit Zuckerbrot und Peitsche. Das wiederum will auch keiner wahrhaben, und deshalb konnte sich Borrell auch nicht die spitzfindige Bemerkung verkneifen, der US-Sicherheitsberater hätte die ganze Region kurz vor dem 7. Oktober 2023 noch in schönster Ordnung gesehen.

Praktischerweise ließ Borrell offen, ob sich die EU-Bewertung vor den Ereignissen am 7. Oktober 2023 fundamental von der von Sullivan unterschieden hätte. Falls die EU selbstständig etwas dazu gedacht haben sollte, behielt sie es jedenfalls für sich. Was tat sie denn für die Umsetzung von UN-Resolutionen unzähliger Jahre?

Wer kann, wer soll solches Trauerspiel noch ernst nehmen? So viele Jahre schon wird die europäische Friedensidee verschludert, und das ist sträflich leichtsinnig, konzeptionslos, schlicht erbärmlich. Denn die ist wirklich "exzeptionell". Friedman, ein anderer US-Hegemonialideologe, hätte sich nie über diesen europäischen "Exzeptionalismus" mokiert, wenn er diese Idee nur für harmlose Spinnerei hielte. Nur was dem US-Imperium gefährlich wird, wird zur Kenntnis genommen, versetzt es in Aktivität.