Über den Erfolg des rechten Populismus

Seite 4: Gefährdung volkswirtschaftlicher Interessen

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Ist das Einkommensniveau der Bürger durch eine geschwächte nationale Wirtschaft bedroht, dann erhält der Rechtspopulismus naturgemäß Aufwind. Trotz mancher öffentlichkeitswirksamer Aktionen ist der "Druck der Straße" infolge sinkenden gesellschaftlichen Engagements in den westlichen Demokratien tendenziell durch die "Macht der Wahlstimme" ersetzt worden.

In autoritär regierten Staaten mit beschränkter Wahlfreiheit bedienen sich Regierungen selbst nationalistischer Agitation, um aufkommenden Unmut der Bürger zu kanalisieren. Zugleich wird einer politischen Einflussnahme durch ausländische Geheimdienste und NGOs entgegengewirkt.

Wenn volkswirtschaftliche Interessen weder mittels einer starken Wettbewerbsposition noch über eine nationalistisch orientierte Regierung durchgesetzt werden, kann ausländisches Kapital unkontrolliert einströmen und schließlich eine dominante Stellung erlangen. Gängige Praktiken ökonomischer Durchdringung sind die Aneignung lukrativer "Filetstücke", die Überschwemmung der Märkte mit eigenen Erzeugnissen und die Vergabe von Krediten. Trotz zuweilen reger Investitionstätigkeit, die meist durch Steuerdumping erkauft wird, gelingt es nur selten, die durch die erzwungene Schließung lokaler Produktionsstätten verlorene Beschäftigung zu kompensieren.

Gesellschaftliche Interessenkonstellationen werden nicht nur durch steigende Arbeitslosigkeit verändert, sondern auch durch den Wandel von Teilen der Eliten zu "ortskundigen Partnern" transnationaler Konzerne. Innergesellschaftliche Konflikte nehmen zu, die Herrschaftssicherung erfordert mehr Einsatz und die Auslandsschulden steigen. Regierungen geraten in eine wachsende Abhängigkeit von finanziellen und politischen Gönnern westlicher Industrieländer. Auf diese Weise haben die meisten Staaten Mittel-Ost-Europas, fast ganz Afrika wie auch größere Teile Asiens und Lateinamerikas ihre Unabhängigkeit faktisch eingebüßt.

Lassen sich nach einem politischen Kontrollverlust volkswirtschaftliche Konzepte kaum mehr umsetzen, so steigt andererseits der Bedarf der Bürger an Beschäftigungsmöglichkeiten sowie staatlichen und kommunalen Leistungen. Hohes Bevölkerungswachstum und die Zerstörung subsistenzwirtschaftlicher Strukturen füllen in ärmeren Weltregionen die Slum-Gürtel der Städte, ohne dass eine Lebensperspektive angeboten wird. Als Kuriosum erscheint, dass zivilisatorische Fortschritte wie die Entwicklung des Bildungs- und Gesundheitswesens diesen Prozess eher beschleunigen.

Mit der Abhängigkeit von westlichen Machtzentren geht eine pausenlose kulturelle Berieselung einher. Diese trägt nicht nur zur Entfremdung von traditionellen Werten bei, sondern weckt Bedürfnisse, die angesichts fehlender Verdienstmöglichkeiten nicht realisiert werden können. Der soziale Sprengstoff entlädt sich in wachsender Kriminalität und treibt speziell junge Menschen in die Arme obskurer Heilsprediger. Um der hoffnungslosen Lage zu entkommen, schließen sich immer mehr Wagemutige dem Flüchtlingsstrom in das Eldorado des Nordens an.

Umverteilung zugunsten der eigenen Klientel

Der Zwang zu individuellen Lösungen bei gleichzeitigem Abbau von Skrupeln lässt jenen Bevölkerungsteil anwachsen, den Marx als Lumpenproletariat bezeichnete. Da jedoch eine überwältigende Mehrheit der Arbeitslosen und Unterbeschäftigten bereit ist, sich den Lebensunterhalt durch eine produktive Tätigkeit zu verdienen, wäre sein Begriff der industriellen Reservearmee treffender. Allerdings besteht keinerlei Hoffnung, dass das Gros dieser Menschen jemals vom globalen Arbeitsmarkt absorbiert wird. Notwendiges Wirtschaftswachstum wird durch fehlende kaufkräftige Nachfrage begrenzt, während die urbane Weltbevölkerung ungebrochen weiter wächst.

Soziale Marginalisierung wird daher zwangsläufig zunehmen. Welche Regionen und Bevölkerungsgruppen besonders betroffen sind und wer sich relativ schadlos halten kann, hängt von politischen Entscheidungen auf höchster Ebene ab. Hier bieten nun rechtspopulistische Parteien Lösungen an. Wenn sie sich für die Globalisierungsverlierer der nationalen Mittel- und Unterschichten einsetzen, dann geschieht dies erklärtermaßen zu Lasten anderer Bevölkerungsteile. Geschröpft werden sollen jene, die in Ungnade stehen und von denen geringer Widerstand zu erwarten ist.

Bei vielen Bürgern, die sich nachteilig behandelt fühlen, fällt Stimmungsmache gegen unterstelltes Sozialschmarotzertum, Arbeitsverweigerung, Genderansprüche, EU-Bürokratismus, Flüchtlings-und Entwicklungshilfe oder Wirtschaftsimmigration auf fruchtbaren Boden. Zuspruch findet ebenfalls die Kritik an den "vier Grundfreiheiten" der EU wie auch an der Gemeinschaftswährung des Euro, da dadurch die Beschäftigung gefährdet würde.

Das Argument der Arbeitsplatzsicherung wird auch bei der Abwehr von vermeintlichen unfairen Handelspraktiken, Kartellen und Lohndumping vorgeschoben. Angeklagt werden hier vor allem ausländische Akteure, u.a. Staaten mit Handelsüberschüssen und niedrigen Sozial- und Umweltstandards. Wie berechtigt die Vorwürfe auch im Einzelnen sein mögen, so auffallend ist andererseits der Tatbestand, dass die Geschäftsgebaren der eigenen Wirtschaftselite kaum auf den Prüfstand gestellt werden.