Über den Erfolg des rechten Populismus
Seite 3: Wirtschaftlicher Niedergang der Mittelschichten
- Über den Erfolg des rechten Populismus
- Wechsel linker Stammwähler zu den Rechtspopulisten
- Wirtschaftlicher Niedergang der Mittelschichten
- Gefährdung volkswirtschaftlicher Interessen
- Demokratieverständnis ohne Moral
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Der relative und zunehmend auch absolute wirtschaftliche Abstieg der mittleren und unteren Schichten, aus denen rechtspopulistische Parteien ihre Wählerschaft rekrutieren, resultiert aus ihrer schwachen Machtposition im sich verschärfenden globalen Verteilungskampf.
Der zunehmende Druck auf Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen wie auch auf deren politische und gewerkschaftliche Interessenvertretungen führt zu wachsender gesellschaftlicher Ungleichheit. Diese ist wiederum hauptverantwortlich für das relative Zurückbleiben der Endnachfrage nach Gütern, sodass sich eine Abwärtsspirale herausbildet:
Wachsende Einkommens- und Vermögensunterschiede sind nicht nur eine Frage sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Integrität, sondern sie haben auch beträchtliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung. Auf der einen Seite streben immer größere Geldbeträge in Anlageobjekte, auf der anderen bleibt die kaufkräftige Nachfrage nach Konsumgütern relativ zurück. Zunehmende Einkommensdisparitäten manifestieren sich bei vermögenden Haushalten als Anlagenotstand, während sich innerhalb der Konsumentenschaft Klagen über Wohlstandseinbußen mehren.
Die von der klassischen Ökonomie erwartete Korrektur durch ein Überangebot mit der Folge von Preiseinbrüchen, welche dann die Konsumenten begünstigen, tritt augenscheinlich nicht ein. Die Ursachen sind ein hoher Konzentrationsgrad in relevanten Wirtschaftszweigen und eine verbesserte Marktinformation, sodass gewinngefährdende Entwicklungen rechtzeitig erkannt und bereits im Vorfeld abgewendet werden können. Neuinvestitionen werden auf ein Minimum reduziert, Risiken an Zulieferer und Dienstleister outgesourct, Belegschaften und politische Entscheidungsträger unter Druck gesetzt.
Investitionstätigkeiten dienen angesichts zurückbleibender Endnachfrage vorrangig dem Zweck von Kosteneinsparungen. Dadurch wird aber das Kaufkraftniveau weiter abgesenkt, weil Lohnabhängige und Kleinunternehmer ihre Arbeit verlieren oder sich mit geringeren Einkünften begnügen müssen. Es entsteht ein Teufelskreis.
Demokratiegefährdung aus den eigenen Reihen
Je akuter ein Privathaushalt von wirtschaftlichem und sozialem Niedergang bedroht ist, desto verzweifelter wird nach Auswegen gesucht. Soweit Lösungsversuche individueller Natur sind, wird Ellenbogenmentalität zur gängigen Attitüde. Auf gesellschaftlicher Ebene erhalten politische Bewegungen Zulauf, die Sündenböcke präsentieren. Da wirtschaftliche Zusammenhänge wegen ihrer Komplexität schwer zu erfassen sind, werden Schuldige dort ausgemacht, wo der "gesunde Menschenverstand" sie leicht identifiziert kann.
Es dürfte kein Zufall sein, dass sich Protestverhalten besonders in Staaten artikuliert, deren Regierungen sich leidenschaftlich dem Neoliberalismus verschrieben haben. Einerseits sind dort in bedeutendem Umfang Arbeitsplätze verschwunden und Beschäftigungsverhältnisse prekarisiert worden. Andererseits wurde der Einfluss von gewerkschaftlichen und anderen Interessenvertretungen zurückgedrängt, sodass individuelle Problembewältigung recht verbreitet ist.
Trump redet Klartext
Je prekärer die Lage eines Wirtschaftsakteurs ist, desto weniger kann er auf Werte wie Solidarität, Toleranz, Fairness und Aufrichtigkeit Rücksicht nehmen. Dies gilt nicht nur für Personen und Unternehmen, sondern auch für Kommunen und Staaten. Was meist hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen wird, propagiert Donald Trump - angesichts des desolaten Zustands großer Teile der US-Wirtschaft - nun in aller Öffentlichkeit. Skrupellosigkeit wird zur Tugend, reaktionäre und autoritäre Denkmuster werden salonfähig, Minderheiten werden schikaniert und ausgegrenzt.
War die moralische Integrität Barack Obamas zuweilen in Zweifel gezogen worden, so manifestiert sich in der Regentschaft Trumps der endgültige Abschied von den vielbeschworenen westlichen Werten. Nach den chauvinistischen und sozialdarwinistischen Ausfällen während der Vorpräsidentschaftszeit ist seine Regierungspraxis durch ein hohes Maß an Rücksichtslosigkeit im Umgang mit Partnern, Verbündeten und Andersdenkenden geprägt. Aber auch die gegen ihn gerichteten Kampagnen, die von Mainstream-Medien in Verbund mit einflussreichen US-Kreisen initiiert wurden, lassen Fairness und Ausgewogenheit vermissen.
Um die seiner Wählerschaft gegebenen Versprechen einlösen zu können, stellt Trump internationale Verpflichtungen zur Disposition. Der moralisch widerwärtige Rüstungsdeal mit Saudi-Arabien soll Arbeitsplätze in jenen Regionen der USA schaffen und sichern, denen er seine Präsidentschaft verdankt. Demselben Ziel dient offenbar die Forderung nach einer Erhöhung des Verteidigungsetats der europäischen Nato-Mitglieder auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts. Ein Bedarf in einer solchen Größenordnung ließe sich nur durch US-amerikanische Lieferungen decken. Zugleich soll ein Aufbau unabhängiger Militärstrukturen der EU verhindert werden, von dem sich wiederum Frankreich eine Erhöhung des eigenen Rüstungsexports verspricht.
Sollte es Trump tatsächlich um eine gerechte Verteilung der Rüstungsaufwendungen innerhalb der Nato gehen, dann wäre dieses Ziel ebenso durch eine Reduzierung des US-amerikanischen Kontingents zu erreichen, das gegenwärtig etwa 70 Prozent beträgt. Sogar eine Halbierung würde für Verteidigungszwecke ausreichen, zumal bereits der Anteil der europäischen Nato-Mitglieder mit 265 Milliarden Euro das gemeinsame Militärbudget von Russland und China übertrifft.
Interventionsbedarf bei schwacher Wettbewerbsfähigkeit
Eine radikale Durchsetzung volkswirtschaftlicher Interessen hat sich vielerorts als erfolgreich erwiesen. Lokale Produzenten konnten geschützt und Arbeitsplätze erhalten werden. Nicht nur große Volkswirtschaften wie China und Russland, sondern auch kleine und global abhängige Staaten wie Viktor Orbáns Ungarn oder das Steuerparadies Irland orientieren sich strikt an nationalen Wirtschaftszielen, meist zu Lasten ihrer jeweiligen Handelspartner.
Desgleichen betreibt Deutschland eine Beggar-thy-neighbour-Politik, die eine Wandlung vom Problemschuldner zum prosperierenden Überschussproduzenten ermöglichte. Dass sich ein solcher Einsatz für politische Entscheidungsträger auszahlt, dokumentieren die hohen Beliebtheitswerte Wladimir Putins wie auch die jüngsten Erfolge der CDU bei den Landtagswahlen. Konkurrenzfähige Staaten sowie große Rohstoffexporteure können von den gegenwärtigen globalen Spielregeln profitieren.
Die Geschäftsbeziehungen stehen auf einer soliden Grundlage, ja sie können ausgeweitet werden, was von den Akteuren Weltläufigkeit verlangt. Ein Verständnis für die Besonderheiten fremder Kulturräume bildet sich heraus, wodurch Offenheit und liberale Grundeinstellungen gefördert werden. Diese finden schrittweise Eingang in nationale Gewohnheiten und Denkweisen. Restriktive Maßnahmen sind weder im wirtschaftlichen noch im politisch-kulturellen Bereich erforderlich, ja sie würden die Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit eher beeinträchtigen.
Hingegen wären bei schwacher Wettbewerbsfähigkeit volkswirtschaftliche Interessen potentiell gefährdet, sollten sich Regierungen jeglicher Intervention enthalten. Durch die Liberalisierung des grenzüberschreitenden Verkehrs von Waren und Kapital sind nationale Produktionsstätten akut bedroht. Arbeitsplätze können verloren gehen, und durch Immigration würde die Beschäftigungslage zusätzlich belastet werden.
Eine "Unterwanderung" der nationalen Identität durch liberales Gedankengut und Globalkultur dürfte eine Landnahme durch ausländisches Kapital begünstigen. Mit einem Schüren nationalistischer Stimmungen kann nicht nur dieser Bedrohung begegnet, sondern auch Infiltrationsversuchen vorgebeugt werden, da Alleingänge von Staaten allgemein Kritik und Gegenaktionen von außen hervorrufen.