Ukraine-Krieg: Kiew wendet Staatspleite ab – Deal über Auslandsschulden

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Abkommen verschafft der Regierung neuen Spielraum. Forderungen um 8,7 Milliarden US-Dollar gemindert. Doch die Gespräche dauern an.

Die Ukraine hat mit privaten Gläubigern eine vorläufige Vereinbarung zur Umschuldung von internationalen Verbindlichkeiten in Höhe von über 20 Milliarden US-Dollar erzielt. Dieser Schritt soll dem Land helfen, seinen Kampf gegen Russland zu finanzieren. Das berichtete das ukrainische Finanzministerium in einer Erklärung.

Die Gläubigergruppe, zu der Amundi SA, BlackRock Inc und Amia Capital LLP sowie andere Investoren gehören, akzeptierte nominale Verluste von 37 Prozent auf ihre Forderungen aus 13 Anleihen.

Damit verzichten die Gläubiger auf Ansprüche in Höhe von 8,67 Milliarden US-Dollar. Im Gegenzug erwartet die Ukraine durch eine Kombination aus niedrigeren Zinsen und längeren Laufzeiten Einsparungen von 11,4 Milliarden Dollar in den nächsten drei Jahren.

Finanzminister Serhiy Marchenko erklärte: "Nach Abschluss wird diese Umstrukturierung auch den Weg für eine baldige Rückkehr der Ukraine an den Markt ebnen, sobald sich die Sicherheitslage stabilisiert hat, um den raschen Wiederaufbau unseres Landes zu finanzieren."

Die Anleihen der Ukraine stiegen nach der Ankündigung der Vereinbarung stark an und waren die Top-Gewinner an den Schwellenmärkten. Die im März 2035 fällige Anleihe legte um mehr als fünf Cent auf rund 33 Cent je US-Dollar zu.

Zustimmung von zwei Dritteln der Gläubiger erforderlich

Für die Finalisierung des Deals ist die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln aller Anleihegläubiger erforderlich. Viktor Szabo von der Vermögensverwaltungsgesellschaft Abrdn Plc, die ukrainische Staatsanleihen hält, geht davon aus, dass die notwendigen Stimmen zusammenkommen werden. Die Regierung habe sich in Bezug auf den Rückzahlungswert stärker dem ursprünglichen Vorschlag der Gläubiger angenähert als erwartet.

Allerdings hatte auch die Ukraine den Druck erhöht. Darauf weist eine Erklärung des Finanzministeriums in Kiew hin, das eine Aussetzung der Zahlungen für kommerzielle, staatliche und staatlich garantierte Auslandsschuldtitel ankündigt. Das entsprechende Gesetz ermögliche es dem Ministerkabinett, Zahlungen im Rahmen bestimmter oder aller staatlicher und staatlich garantierter Auslandsschuldtitel im Einklang mit dem IWF-Programm auszusetzen. Und weiter:

Die Verabschiedung des Gesetzes verschafft der Ukraine die nötige Flexibilität, bevor eine grundsätzliche Einigung mit privaten Gläubigern erzielt wird. Insbesondere ist für eine der Serien der ausstehenden Eurobonds, die 2026 fällig werden, am 1. August eine Kuponzahlung in Höhe von 35 Mio. USD vorgesehen. Die Verabschiedung des Gesetzentwurfs wird es der Ukraine ermöglichen, die Zahlungen auf die betreffenden Instrumente auszusetzen, bis die Bedingungen ihrer Umstrukturierung mit den Investoren vereinbart und im Einklang mit den Parametern des IWF-Programms rechtlich umgesetzt sind.

In den vergangenen zwei Monaten hat die Ukraine im Rahmen des IWF-Programms und mit Unterstützung der Gläubigergruppe der Ukraine aktiv mit Investoren über die Umstrukturierung ihrer kommerziellen staatlichen und staatlich garantierten Auslandsschulden verhandelt. Alle Parteien sind entschlossen, innerhalb des erforderlichen Zeitrahmens eine Einigung zu erzielen.

Die wenig später getroffene Vereinbarung sieht eine Restrukturierung der Forderungen in zwei Tranchen vor – Anleihe A und Anleihe B. Letztere dient als zukünftiger Anreiz für Anleihegläubiger und wird höhere Zahlungen bieten, wenn das nominale BIP-Wachstum der Ukraine im Jahr 2028 um drei Prozent höher ausfällt als vom IWF prognostiziert. Dieser einmalige Test wird 2029 durchgeführt.

Bei den neu ausgegebenen Anleihen der Tranche A beginnen die Kuponzahlungen 2025 mit 1,75 Prozent und erreichen bis zu 7,75 Prozent. Kapitalrückzahlungen starten 2029.

Weitere Einigung steht aus

Eine Einigung zu den BIP-Optionsscheinen, die bei der Umschuldung 2015 als Bonbon ausgegeben wurden, konnte bisher nicht erzielt werden. Die Gespräche dazu sollen aber weitergehen. Man einigte sich darauf, eine sogenannte Cross-Default-Klausel zwischen den internationalen Anleihen und den 2041 fälligen Optionsscheinen zu streichen.

Sowohl der IWF als auch die bilateralen Gläubiger der Ukraine, darunter die USA und der Pariser Club, haben den ukrainischen Vorschlägen zugestimmt. Der IWF hatte im vergangenen Jahr 2023 ein beispielloses Kreditprogramm für die Ukraine bewilligt – das Erste für ein Land im Krieg in der fast 80-jährigen Geschichte dieser Finanzinstitution.

Damals gingen die Verantwortlichen davon aus, dass die Kämpfe mit Russland bis Ende des Jahres nachlassen werden. Doch angesichts verstärkter russischer Angriffe sah sich die Regierung gezwungen, die Militärausgaben zu erhöhen.