Ukraine-Krieg: Russland erneuert T-14-Panzer für den Stellungskrieg

Russischer Panzer T-14 Arnata auf einer Militärparade

Panzer T-14 Armata. Archivbild (2016): Vitaly V. Kuzmin / CC BY-SA 4.0 deed

Mit einem neuen Kaliber verändert sich auch die Rolle des Panzers. Es gibt Fragen zur Produktion und zur Zukunft: Ist der T-14 Armata der letzte seiner Art?

Auf dem Papier ist der russische T-14 Armata der weltweit modernste Serien-Panzer. Doch Russland stellt den technisch bahnbrechenden Panzer nur in Kleinserie her, es wird angenommen, dass bisher weniger als 50 Armata hergestellt wurden.

Ukrainische Geheimdienstquellen gehen sogar von nur 20 gebauten Vorserienmodellen aus. Allerdings sind die Produktionsdaten geheim und belastbare Zahlen gibt es nicht.

Sanktionen und Erfahrungen im Ukraine-Krieg

Hatte das Fachportal Army Recognition im August vorigen Jahres noch vermeldet, dass der T-14 die letzte Entwicklungsstufe vor der Serienproduktion erreicht hätte, so berichtet der Militärblog Bulgarian Military jetzt, dass der T-14 noch einmal signifikant überarbeitet wird.

Dafür könnten zwei Gründe eine Rolle spielen. Einmal werden bei der neuesten Entwicklung des T-14 sicherlich die Erfahrungen des Ukraine-Krieges in die Verbesserungen eingeflossen sein. Und weiter könnten die Sanktionen des Westens gegen Russland dazu geführt haben, dass einzelne Komponenten und Baugruppen neu gestaltet werden müssen.

Zwei Neuentwicklungen

Der T-14 gilt als bahnbrechend, weil er vorwiegend zwei Neuentwicklungen in den Panzerbau einführt. Das ist erstens ein von der Panzerwanne vollständig abgetrennter, voll automatisierter Turm und das ist zweitens eine isolierte und gehärtete Schutzkapsel für die Besatzung, die zudem noch auf nur drei Bediener reduziert werden konnte.

Dieses innovative Konzept wird jetzt von westlichen Panzerbauern kopiert, siehe weiter unten im Beitrag.

Auffälligste Änderung der neuesten Iteration des T-14 ist der Einbau einer größeren Kanone, was umfangreiche Änderungen am Turmdesign nach sich zieht. War der Armata bisher mit der 125-mm 2A82-1M Kanone ausgestattet, so versucht sich Russland jetzt am 152-mm Standardkaliber mit der 152-mm 2A83-1A Glattrohrkanone.

Warum das größte Kaliber?

Damit würde sich Russland für das größte international im Panzerbau verwendete Kaliber entscheiden. Das 152 Millimeter Kaliber ist das Standard-Artillerie-Kaliber der russischen Streitkräfte, dessen Granaten mit Abstand den Großteil der im Ukraine-Krieg verschossenen Munition darstellt.

Die Änderungen für die Aufnahme der größeren Kanone betreffen primär den Turm des Fahrzeugs, während die Panzerwanne wohl nur kleine Änderungen im Vergleich zu der älteren Version aufweist.

Dabei soll es den russischen Ingenieuren angeblich gelungen sein, den Turm noch kompakter zu bauen. Der T-14 hat eine automatische Ladevorrichtung, die durch die größeren Dimensionen des 152-Millimeter Kalibers angepasst werden muss.

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Die mitgeführte Munition für die 152-mm-Version des Armata-Panzers verringert sich auf 40 Granaten. Davon sollen 24 einsatzbereit in der automatischen Ladevorrichtung mitgeführt werden können. Die bisherige Standardversion des T-14 mit einer 125-mm-Kanone fasst 45 Granaten, von denen 32 im automatischen Ladegerät untergebracht sind. Das sind acht einsatzbereite Granaten weniger als bisher.

Doch im Ukraine-Krieg zeigt sich, dass die Panzerwaffe nun anders eingesetzt wird, als das noch vor einigen Jahren vorgesehen wurde. Eine zentrale Aufgabe des Panzers in der Panzerdoktrin vor dem Ukraine-Krieg war ein Durchbruch durch feindliche Linien.

Neuer Einsatz von Panzern

Jetzt ist jedoch zu beobachten, dass der Panzer nicht in großen Gruppen eingesetzt wird, die feindliche Linien durchstoßen und hinter der Front Gebiete erobern und zunächst halten sollen.

Stattdessen sehen wir den Einsatz einzelner Panzer, die in der Regel tatsächlich alleine oder zu zweit als Infanterieunterstützungsfahrzeuge dienen und nur wenige gepanzerte Infanterietransporter bis zu den feindlichen Linien begleiten, um dann nach dem Absetzen der Bodentruppen mit den Transportfahrzeugen wieder zurück zu den eigenen Linien zu fahren.

Dort sind sie durch starke Mittel der elektronischen Kriegsführung vor den Angriffen der allgegenwärtigen FPV-Drohnen deutlich besser geschützt. Diese Art des Panzereinsatzes macht eine Mitführung von großen Mengen an Munition weit weniger erforderlich.

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Eigentlich wurde der Panzer hauptsächlich für eine mobile Manöver-Kriegsführung mit rasch vorgetragenen Panzervorstößen und den Kampf gegen feindliche Panzer konzeptioniert. Diese Duelle "Panzer gegen Panzer" und eine mobile Manöver-Kriegsführung kommen im Krieg in der Ukraine allerdings kaum vor.

Stattdessen sehen wir den Panzer in einer Unterstützungsrolle bei dem Sturm gegen befestigte Stellungen des Gegners, sehen wir einen Stellungskrieg. Dafür ist ein größeres Kaliber mit dem größeren Zerstörungspotenzial hilfreich, um gegnerische befestigte Stellungen zu bekämpfen.

Logistische Vorteile

Zudem finden Panzer Verwendung als hochmobile und gut geschützte Artillerie. Hierbei ist der Vorteil einer möglichst großkalibrigen Artillerie augenfällig. Zudem bietet eine weitere Standardisierung der verwendeten Munition große logistische Vorteile. Eine Kalibervielfalt hingegen stellt den Nachschub vor größeren Herausforderungen.

Die Wahl des größeren 152-mm-Kaliber und die damit verbundene Reduzierung der Anzahl mitgeführter Granaten kann also genau die veränderte Aufgabe des Panzers als Infantrieunterstützungsfahrzeugs und hochmobile Artillerie reflektieren.

Die 152-Millimeter Kanone bietet zudem eine große Bandbreite an verfügbarer Munition. Zudem ist natürlich die Wirkung größer.

Auch die sich im Ukraine-Krieg als hocheffektiv erwiesene Krasnopol präzisionsgelenkte Munition kann in der 152-Millimeter Kanone verschossen werden. Die neueste Version der Krasnopol ist für die 2S35 Koalizija-SW Panzerhaubitze entwickelt worden, die ebenfalls 152-Millimeter-Munition verschießt.

Die Aufnahme der Krasnopol-Granaten würde dem T-14 eine enorme System-Reichweite verschaffen, wie sie so in keinem anderen Panzer der Welt vorfindlich ist. Die Krasnopol hat je nach Variante eine effektive Reichweite von mindestens 25 Kilometern. Um auf so große Entfernung ein Ziel treffen zu können, benötigt der T-14 die Hilfe von Aufklärungs- und Zielmarkierungsdrohnen wie der Orlan-2 Drohne.

Verwendung von Lenkflugkörpern möglich

Zudem macht der Schwenk auf das 152-Millimeter-Kaliber die Verwendung von Lenkflugkörpern des Kornet-System möglich. Viele neue Panzerentwürfe sollen ebenfalls ähnliche Panzerabwehrraketen mitführen.

Allerdings setzen diese auf externe Startgeräte, die ebenfalls im Turm der Panzer angebracht werden. Eine integrierte Lösung, die die Lenkflugkörper durch die Hauptbewaffnung ausstoßen kann, hätte hier erhebliche Vorteile bei der Mitführung und dem Schutz sowohl der Besatzung als auch der Munition. Die Besatzung müsste beim Nachmunitionieren der Raketen nicht ihre gehärtete Schutzkapsel im Inneren des Panzers verlassen.

Diese neueste Version des T-14 kann 10 Schuss pro Minute abfeuern, verglichen mit 12 bis 15 Schuss pro Minute bei der bisherigen Version mit 125-mm Kaliber.

Ein großer Vorteil der russischen Panzerentwürfe gegenüber ihren westlichen Gegenstücken ist ihr wesentlich leichteres Gewicht. Das Gewicht des bisherigen Armata war mit 55 Tonnen angegeben. Dagegen kommt der deutsche Leopard 2 in seiner neuesten Standard-Version A8 auf knapp 70 Tonnen Gewicht, genauso wie sein amerikanischer Pendant, der Abrams M1A2 SEP v3.

Die neueste Armata-Version mit der 152-mm-Kanone soll hingegen trotz einer rund fünf Tonnen schwereren Kanone sogar etwas leichter sein als die vorige T-14 Version.

Serienproduktion?

Der oben verlinkte Bericht von Bulgarian Military geht davon aus, dass die Serienproduktion des T-14 noch in diesem Jahr starten wird. So soll bereits an der Installation der zur Produktion benötigten Maschinen bei Uralwagonsawod, dem weltweit größten Panzerwerk in Nischni Tagilim im Ural, gearbeitet werden.

Allerdings sind solche Ankündigungen mit Vorsicht zu genießen, da es in der Vergangenheit immer wieder Berichte von der bald beginnenden Großserien-Produktion des neuen T-14 gab.

Ob es sich bei der neuen Version mit der 152-mm-Kanone um die einen neuen russischen Panzer-Standard handeln wird oder ob es sich lediglich um eine stärkere Variante des T-14-Grundmodells handelt, ist nicht bekannt.

Die neueste Version transformiert den Panzer jedenfalls zu einer Art Artillerie-Kampfwagen, der fast die Aufgabe von Haubitzen übernehmen könnte.

Panzerbau: Allgemeiner Trend zum größeren Kaliber

Auch im deutschen Panzerbau lässt sich ein Trend zu einem größeren Kaliber beobachten. Die erst jetzt auf der Eurostory-Messe vorgestellte neueste Version des Leopard 2 kann mit einem 140-mm-Kaliber aufwarten, der KF51 Panther von Rheinmetall mit einer 130-mm-Kanone.

Beide Fahrzeuge kopieren die Kernmerkmale des Armata, also einen autonomen Turm und eine isolierte Besatzungskapsel in der Panzerwanne.

Interessant ist noch der Unterschied zwischen den Innovationszyklen der Konsumgüter-Industrie im Vergleich zur Rüstungsindustrie. In der Konsumgüter-Industrie wird zum einen auf künstliche, technische Alterung gesetzt, bei der marginale technische Fortschritte das vorige Modell möglichst alt aussehen lassen sollen, um den Konsumenten zum Neukauf des Neugerätes zu motivieren.

Designphilosophie der Rüstungsindustrie

Zum anderen werden Produkte nur sehr kurz mit Ersatzteilen und Updates versorgt oder sogar gleich Sollbruchstellen eingebaut, um sicherzustellen, dass das Gerät nach nur wenigen Jahren nicht mehr funktioniert.

Ganz anders sieht die Designphilosophie der Rüstungsindustrie aus. Hier können einmal hergestellte Waffen als Plattformen begriffen werden, die noch Jahrzehnte später technisch ertüchtigt werden können. So sieht man im Ukraine-Krieg den Einsatz von zum Teil bis zu 70 Jahre alten Panzern.