Ukraine: Liste mit "Informationsterroristen" natürlich keine "Terrorliste" (Update)
Seite 3: Liste stillschweigend offline genommen, aber weiter einsehbar (mit Link)
- Ukraine: Liste mit "Informationsterroristen" natürlich keine "Terrorliste" (Update)
- SPD-Genossen hatten schwarze Liste in Kiew nicht thematisiert
- Liste stillschweigend offline genommen, aber weiter einsehbar (mit Link)
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Wenige deutsche Medien hatten im Sommer über das Thema berichtet. Der Linken-Außenpolitiker Andrej Hunko fragte nach – und erhielt die hier zitierte Antwort. Wenige Tage später war die Liste plötzlich nicht mehr zu erreichen. Hatte die Bundesregierung angesichts der zwar geringen, aber wachsenden Medienaufmerksamkeit hinter den Kulissen also doch noch vehementer reagiert?
Darauf weist eine weiter Passus ihrer Antwort hin. Darin erklärt die Bundesregierung, dass ihr "das im Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine eingerichtete Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation bekannt" sei: "Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kiew hat die ukrainische Regierung mehrfach aufgefordert, die öffentliche Listung ausländischer Persönlichkeiten zu unterbinden und wird dieses Thema weiter verfolgen."
Der Linken-Abgeordnete Hunko sah dennoch ein Verfehlen bei der Bundesregierung. Als die Liste des CCD Ende vergangener Woche noch online war, sagte er auf Telepolis-Anfrage:
Seit mehreren Jahren fordere ich von der jeweiligen Bundesregierung, auf die Löschung von Mirotworez, einer anderen Datenbank der angeblichen "Ukraine-Feinde", hinzuwirken. Offensichtlich hat die ukrainische Führung aus der Untätigkeit Deutschlands gelernt, dass auch dieses Mal keine ernsthaften Konsequenzen für sie kommen. Die Bundesregierung darf hier nicht mehr tatenlos zuschauen, wie Andersdenkende, unter anderem auch deutsche Staatsangehörige, mittlerweile ganz offiziell durch ukrainische Regierungsstellen diffamiert werden.
Andrej Hunko
Die Liste des CCD müsse sofort gelöscht werden, so Hunko damals weiter. Der Anspruch der Ukraine auf eine EU-Mitgliedschaft sei mit solchen Auflistungen von Akteuren aus Wissenschaft, Publizistik und Politik nicht vereinbar.
Auch wenn die alte URL der Liste einen 404-Statuscode angibt, also ins Leere, führt, sind die fahndungsgleichen Aufstellungen über das Internetarchiv nach wie vor einsehbar.
Liste weiter online einsehbar
Durch die verhaltene Reaktion der Bundesregierung und das geringe Medienecho – von den überregionalen Medien hatte sich lediglich die Berliner Zeitung der schwarzen Liste angenommen, ausführlicher berichtet hatte zudem das Portal Nachdenkseiten – bleibt das Thema politisch ungeklärt. So dient die im Netz nach wie vor kursierende Liste radikalen Akteure in der Ukraine weiterhin als Vorgabe für mögliche Aktionen gegen die gebrandmarkten Personen.
Der ehemalige UN-Waffeninspekteur Scott Ritter thematisierte diese Gefahr mit deutlichen Worten. Indem sein Name und Foto auf der Liste der ukrainischen Regierung auftauche, "wurde und wird mein persönliches und berufliches Leben durch die abschreckende Wirkung beeinträchtigt, weil ich als "russischer Propagandist" abgestempelt werde – nur weil ich das in der Verfassung der Vereinigten Staaten garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen habe". Ritter weiter:
Darüber hinaus hat die Ukraine in der Vergangenheit "schwarze Listen" dieser Art in "Tötungslisten" umgewandelt, auf denen diejenigen, die sich gegen die Politik der ukrainischen Regierung aussprechen, ermordet oder mit Gewalt bedroht werden.
Scott Ritter
Der Politologe Johannes Varwick, der zum Ukraine-Krieg auch schon bei Telepolis veröffentlicht hat, sah die Radikalisierung durch die schwarze Liste der Ukraine auch als Ergebnis einer medialen Diskursverengung: Man betreibe nicht zwingend das Geschäft Russlands oder verrate die Ukraine, wenn man eine Minderheitenposition vertrete. "Wenn man wegen einer Minderheitenposition auf einer schwarzen Liste landet und damit zum Abschuss freigegeben wird, endet jede sachliche Auseinandersetzung", schrieb Varwick in der Berliner Zeitung.
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