Ukrainisches Flüchtlingsproblem: Massenauswanderung

Während der ersten Sitzung der Rada unter Vorsitz von Parubij. Bild: Rada

Die Unzufriedenheit im vom Westen gegen Russland unterstützten Land ist hoch, der Parlamentspräsident feiert derweil Hitler als Helden der direkten Demokratie

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Während in vielen Ländern, gerade auch in Osteuropa, der Ruf nach Schließung der Grenzen laut wird und emsig neue Grenzzäune errichtet werden, um die beschworenen Flüchtlingsströme abzuwehren, hat die Ukraine ein ganz anderes Problem. Das Land, das auch vier Jahre nach dem Regierungssturz der vom Westen gepuschten Maidan-Bewegung und trotz Milliardenhilfen aufgrund der Korruption unter einem Oligarchen-Präsidenten wirtschaftlich nicht vorankommt, verlassen Massen von Menschen (Ukraine: Der Schuldenberg wächst, Löhne und Renten sinken). Der ukrainische Außenminister Pawlow Klimkin hatte erneut auf die Massenflucht aufmerksam gemacht und erklärt, dass jährlich eine Million Ukrainer das Land verlassen (Massenauswanderung aus der Ukraine).

Klimkin sprach angesichts der Migrationsbewegung von einer "wirklich katastrophischen Situation". Fast eine Million ukrainischer Bürger würden jährlich das Land verlassen: "Wir glauben, dass dieser Trend unglücklicherweise in der nahen Zukunft anhalten wird." Alleine in Polen leben bereits nach offiziellen Zahlen 1,4 Millionen Ukrainer, in Wirklichkeit dürften es 2 Millionen oder mehr sein. Die ukrainische Statistikbehörde schätzt die Zahl der Arbeitsmigranten auf 4 Millionen, das sind 16 Prozent der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter. 2014 lebten in der Ukraine noch 45 Millionen Menschen, 2018 sind es 42 Millionen.

Geht man nach den Geldtransfers, die vom Ausland in die Ukraine fließen, dann scheinen die meisten Auswanderer in den USA, in Israel, Italien und eben Polen zu finden zu sein. Viele Ukrainer sind aber auch nach Russland ausgewandert. Zwischen Januar und Mai 2018 stiegen die Geldtransfers von Arbeitsmigranten in die Heimat gegenüber demselben Zeitraum in 2017 um 30 Prozent auf 4,5 Milliarden US-Dollar. Schon im letzten Jahr stellten die Geldüberweisungen einen beträchtlichen Teil des BIP dar, nämlich 8,5 Prozent. Aufgrund der Massenmigration fehlen dem Land vor allem gut ausgebildete Arbeitskräfte. Der Brain Drain beschleunigt gleichzeitig die Vergreisung der Gesellschaft, da die Fertilitätsrate mit 1,1 Kindern pro Frau die niedrigste in Europa ist.

Seit dem Regierungssturz sagen nahezu konstant um die 70 Prozent der Ukrainer, das Land gehe in die falsche Richtung, wie eine aktuelle Umfrage ergab. Ähnlich schlecht war die Stimmung 2011. Die Hoffnung war groß, dass mit dem Umsturz die Lage besser wird, allerdings sagten auch im April 2014 noch 48 Prozent, das Land gehe in die falsche Richtung. Die wirtschaftliche Lage, so die Umfrage, habe sich zum schlechteren entwickelt, die Mehrheit der Befragten erwartet auch in der nächsten Zukunft nichts anderes. Der vordringlichste Wunsch ist es, dass die Regierung den Krieg in der Ostukraine beendet, an zweiter Stelle wird die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation genannt.

Parlamentspräsident mit faschistoider Vergangenheit preist Adolf Hitler in einer Fernsehsendung.

Hitler-Verehrung

Was mit der Maidan-Bewegung und dem Regierungssturz politisch hochgespült wurde, lässt sich wieder einmal an Andrij Parubij sehen. Er hatte die rechtsextreme, eher faschistische Sozial-Nationale Partei der Ukraine mitbegründet und wurde dann zum so genannten "Kommandeur des Maidan", der mit Jarisch vom Rechten Sektor die "Selbstverteidigungskräfte" leitete. Nach dem Umsturz wurde er zum Vorsitzenden des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine und war mitentscheidend für die schnelle Eskalation des Konflikts in der Ostukraine durch den Start der militärischen "Antiterroroperation". Er wurde schließlich zum stellvertretenden Parlamentsvorsitzenden der Rada und ist seit 2016 Parlamentspräsident.

Im Fernsehsender ICTV erklärte er nun, er habe die "direkte Demokratie" auf "wissenschaftlicher Ebene" studiert. Und er bekannte: "Ich selbst bin ein großer Anhänger der direkten Demokratie ... Übrigens muss ich Ihnen sagen, dass der größte Mann, der die direkte Demokratie praktizierte, Adolf Hitler in den 1930er Jahren war." Man dürfe, so sagte er dem Publikum, "den Beitrag des Führers in der Entwicklung der Demokratie nicht vergessen".

Präsident Poroschenko drängt das Parlament, den historischen Ruf "Slawa Ukraini! Herojam Slawa!" (Ruhm der Ukraine! Ruhm den Helden!) zum neuen offiziellen Gruß des ukrainischen Militärs machen (Poroschenko versucht, rechtsradikale Wähler hinter sich zu scharen).

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