Umgebucht

Einer Deutschen wurde die Einreise in die USA verwehrt, wo sie ihren Verlobten besuchen wollte - zur Entscheidung des Grenzschutzes trugen Amazon-Daten bei

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Bei der Kontrolle am Stuttgarter Flughafen hatte ihr die Sicherheitsangestellte der Delta Airlines noch den Tipp gegeben: "Achten sie darauf, dass die Angaben mit dem übereinstimmen, was sie beim Konsulat angegeben haben." In den vergangenen vier Monaten, erklärte die Flughafenmitarbeiterin der Deutschen Beate Killguss, seien Gästen des Delta-Fluges von Stuttgart nach Atlanta immer wieder die Einreise in die USA verwehrt worden. Was die junge Frau am 6. Oktober am Zielort erwartete, übertraf jedoch alle Befürchtungen über verschärfte Einreisebestimmungen. Gleich bei der ersten Kontrolle wurde sie abgeführt. "Ich wurde sechs Stunden lang verhört, um dann in Handschellen abgeführt zu werden", schilderte die in Pakistan geborene Frau im Gespräch mit Telepolis. Dabei wollte sie nur ihren Verlobten besuchen.

Zu ihrem Verlobten hatte der zuständige US-Grenzbeamte während der Abschiebehaft zwar Kontakt aufgenommen. Auf Trevor Hughes' Bitte, seine künftige Frau in die USA einreisen zu lassen, wenn er für sie bürge, ging der Grenzschützer aber nicht ein. Ihm lägen schon andere Informationen vor. Welche, das wurde der Deutschen während des Verhörs, wie sie auf ihrem Blog Land of the free? berichtet, freiheraus erzählt: "Ich habe mal bei Amazon.com nachgesehen", meinte der Beamte, "Sie mögen anscheinend Bücher über Zweitsprachen."

Tatsächlich hatte Beate Killguss sich auf einer sogenannten Wunschliste von Amazon.com registriert und insgesamt 247 Titel eingetragen, die sich öffentlich einsehen lassen. Nun ließe sich vermuten, dass Titel über Befreiungsbewegungen und Autoren wie Curt Cobain und Hillary Clinton nicht zur Vorzugslektüre der amtierenden US-Regierung gehören. Ob es zur Verweigerung der Einreise beigetragen hat, gehört in den Bereich der Spekulationen. "Darum geht es mir auch nicht", so Killguss, die "in nächster Zeit" nicht mehr in die USA reisen möchte. Ihr gehe es darum, gegen die rüde Behandlung zu protestieren, schließlich sei sie wie ein gewöhnlicher Krimineller behandelt worden.

Dabei wirft der Fall auch ein Schlaglicht auf den Umgang mit öffentlichen Daten, wenn sie, wie hier geschehen, von US-Grenzbehörden ganz offen zur Entscheidungsfindung ausgewertet werden. In der Deutschlandzentrale von Amazon.de in München erklärte man auf Telepolis-Anfrage lediglich, keine Kundendaten an Behörden herauszugeben. Das habe sich mit den verschärften Einreisebestimmungen nach dem 11. September 2001 nicht geändert. Anlass für Protest dagegen, dass Kundendaten von US-Behörden verwertet werden, sah die Sprecherin indes auch nicht, und hielt sich damit ebenso bedeckt wie bei ähnlichen Anfragen in der Vergangenheit.

Der Berliner Rechtsanwalt und Beirat im Vorstand des Deutschen Vereins für Datenschutz, Sönke Hilbrans, sieht hinter dem Zwischenfall ein strukturelles Problem. "Der Grenzschutzbeamte wird kaum bei Amazon.com nachgesehen haben", sagt der Jurist und verweist auf entsprechende Initiativen der Bush-Regierung, wie das inzwischen gestoppte "Terrorism Information Awareness"-Projekt (Citizen's Intelligence Agency: Die CIA der Bürger):

Der Trend in den USA weist eindeutig auf ein internationales Datensammelsystem hin, das nach allgemeinen und standardisierten Parametern arbeitet und ungeheure Datenmengen nach Personeninformationen durchforstet.

Auch wenn einzelne Gesetzesvorhaben der Bush-Regierung gestoppt worden seien, würden weiterhin Personenakten erstellt. Im Fall von Beate Killguss mussten sich die Behörden am Flughafen in Atlanta also kaum Mühe machen, um an Informationen zu kommen. In der Amazon "Wunschliste" heißt es in der mit "Über Mich" betitelten Rubrik: "Lebte in Pakistan, Frankreich, London und den USA; heirate am 5. Juni 2004". In Schorndorf, nicht in den USA.