Ungarns Verrat an Europa? Budapest setzt auf Partnerschaft mit Moskau
Ungarns Wirtschaft hängt am russischen Tropf. Außenminister Szijjártó bekräftigt die Partnerschaft mit Moskau und sieht für sein Land keine Alternative.
Während der Besuch des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán beim russischen Präsidenten Wladimir Putin kürzlich für Aufsehen sorgte, ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland für Ungarn inzwischen existenziell. Das machte Außenminister Péter Szijjártó nach dem diesjährigen ungarisch-russischen Wirtschaftsforum in Budapest deutlich.
Ohne Russland gibt es keine sichere Wirtschaft
Ohne die Zusammenarbeit mit Russland könne die ungarische Wirtschaft in vielen Bereichen nicht sicher funktionieren, erklärte der ungarische Außenminister Ria Novosti zufolge am 20. September in Budapest. Zugleich gebe es Bereiche mit viel Potenzial, die wirtschaftliche Kooperation zu verstärken.
Szijjártós Worten nach liegt dies im nationalen Interesse Ungarns und Russlands, die Zusammenarbeit in Bereichen wie Energie, Medizin, Landwirtschaft, Wissenschaft und Bildung, die nicht von Sanktionen betroffen sind, zu entwickeln.
Ungarn braucht den Gastransit über die Ukraine nicht
Ganz oben stehen dabei die Gasimporte aus Russland. Schon längst hat Ungarn vorgesorgt und sich auf den Gasimport über die Schwarzmeer-Gasleitung Turkish Stream verlegt. "In diesem Jahr haben wir bisher 5,3 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland über Turkish Stream erhalten. In Zukunft wird die Rolle von Turkish Stream in der ungarischen Energieversorgung noch größer werden", sagte Szijjártó.
Die gelieferte Gasmenge liege etwas unter dem gesamten Jahresverbrauch Ungarns im Jahr 2023. Im vergangenen Jahr verbrauchte Ungarn nach Zahlen des letzten Statistical Review of World Energy 8,2 Milliarden Kubikmeter Gas und senkte damit den Gasverbrauch um rund elf Prozent gegenüber 2022.
Öl bietet Steilvorlage für Transit über Ukraine
Auch für die Blockierung der Öllieferungen von Lukoil durch die Ukraine sei eine Lösung gefunden, merkte Szijjártó an. Die ungarische MOL-Gruppe teilte im September mit, mit Rohöllieferanten und Pipelinebetreibern Vereinbarungen geschlossen zu haben, um den kontinuierlichen Transport von Rohöl über die Druschba-Pipeline über Weißrussland und die Ukraine nach Ungarn und in die Slowakei sicherzustellen.
Laut diesen Vereinbarungen übernimmt die MOL-Gruppe ab 9. September die betreffenden Rohölmengen in ihr Eigentum bereits an der weißrussisch-ukrainischen Grenze. Gabriel Szabó, Vize-Chef bei der MOL-Gruppe, erklärte hierzu: "Ich halte dies für einen großen Erfolg, da dies MOL ermöglicht, weiterhin die effizienteste und zuverlässigste Rohölverarbeitungstechnologie in Raffinerien in Ungarn und der Slowakei einzusetzen und letztlich zur Versorgungssicherheit in beiden Ländern beizutragen."
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Dies sei eine Kompromissentscheidung, bei der der Übergabepunkt von der Grenze zwischen Ungarn und der Slowakei an die belarussische Grenze verlegt worden sei. Dadurch handle es sich nicht mehr um russisches Öl, das durch die Ukraine transportiert werden müsse, erklärte RIA Novosti zufolge Alexander Timofejew von der russischen G.-V.-Plechanow-Wirtschaftsuniversität. In Russland rechnen Experten damit, dass dieses Vorgehen auch für Gaslieferungen aus Russland über die Ukraine ab 2025 zum Zuge kommen kann.
Europa treibt Handel mit Russland im Verborgenen
Für Ungarn sei es Dank Turkish Stream im Unterschied zu anderen europäischen Ländern kein Problem, wenn der Vertrag zum Gastransit über die Ukraine endet, unterstrich Szijjártó und ergänzte: "Wir haben vereinbart, dass MVM und Gazprom die Zusammenarbeit weiter ausbauen werden, damit die Rolle von MVM im regionalen Gashandel weiter gestärkt wird."
Beim Öl hatte er immer wieder zum Ausdruck gebracht, wie wichtig die russischen Öllieferungen seien und Lieferungen über Kroatien nicht infrage kämen, weil dies mit höheren Kosten einhergehen würde. Prangerte er dabei die Untätigkeit der Europäischen Union an, erklärte er jetzt: "Ich möchte betonen, dass ganz Europa mit Russland Handel treibt, manche leugnen das, aber wir halten das nicht für notwendig."
Ungarn sieht nur Erfolge mit Russland
Trotz der äußerst schwierigen Umstände sei es für ungarische Unternehmen möglich, gemeinsam mit ihren russischen Partnern Erfolge zu erzielen, so Szijjártó. Das liege im Interesse von Ungarn. Unternehmen, die sich in Russland stärker engagieren wollen, versprach er Unterstützung.
Der Ausbau des Kernkraftwerkes Paks sei ein Meilenstein. Außerdem gehöre ein ungarisches Unternehmen zu den fünftgrößten Futtermittelherstellern in Russland. Eine Fleischfabrik in Sankt Petersburg sei mit ungarischen Maschinen und Technologie aufgerüstet worden, zählte Szijjártó Beispiele auf. Eine weitere Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Hochschulbereich sei unterzeichnet worden, fügte er hinzu.
All das lässt den Schluss zu, dass Russland für Ungarn von solch vitalem Interesse zu sein scheint, dass der europäische Kurs, sich von russischen Rohstoffimporten unabhängiger zu machen, keine Option darstellt.