Unternehmen starten mit Großversuchen der Meeresdüngung

Kritiker fordern ein Moratorium für großflächige und profitorientierte Experimente, die auf den lukrativen Markt der Emissions-Zertifikate ausgerichtet und deren Folgen nicht geklärt sind

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Das Forschungsschiff Weather Bird II des US-Unternehmens Planktos, das kommerzielle „Öko-Wiederherstellungsprojekte“ betreibt, ist am Wochenende auf Fahrt gegangen, um in der Nähe der Galapagos-Inseln Versuche mit dem Einbringen großer Mengen an Eisen in das Meer zu beginnen. Planktos hofft auf Geschäfte im schnell wachsenden Handel mit CO2-Zertifikaten zu machen, die von Unternehmen im Rahmen des Kyoto-Protokolls als Kompensation zu ihren Treibhausgasemissionen gekauft werden können. Für den europäischen Markt, auf den Planktos vorwiegend ausgerichtet zu sein scheint, wurde zudem in Ungarn KlimaFa gegründet. Hier sollen in einem Nationalpark auf 1000 Hektar Bäume gepflanzt werden, um zu bestimmen, welche CO2-Menge der Waldbestand aufnimmt, um dann, so die Hoffnung, auch damit in den Zertifikatenhandel einzusteigen.

Die Idee hinter dem umstrittenen Projekt der Meeresdüngung ist, dass mit dem Einbringen von Eisensalzen das Wachstum von Grün- und Blaualgen auf hoher See verstärkt wird. Nach der Theorie nehmen die durch den vorhandenen Nährstoff entstehenden Algenteppiche („schwimmende Wälder“) bei der Photosynthese mehr CO2 auf und setzen mehr Sauerstoff frei.

Algenteppiche vor der Küste Floridas. Bild: Orbimage/NASA/USF

Plankton verspricht, dass eine Tonne Eisenpartikel Plankton in einer Größenordnung erzeugt, um „mehrere tausend Tonnen CO2“ durch Photosynthese zu verbrauchen. Bekannt ist freilich nicht, welche Folgen die künstliche Zufuhr von gewaltigen Eisenmengen auf die Meeresökologie haben wird. Vermutlich müssen Hunderte Millionen Tonnen in die Regionen eingebracht werden, die wenig Eisen enthalten und an denen die Algen nicht gedeihen. Es ist auch nicht klar, wie viel CO2 aus der Atmosphäre Algen überhaupt aufnehmen, wie viel auf den Boden sinkt oder wieder in die Atmosphäre abgegeben wird. Zudem wird mit vermehrten Phytoplankton auch eine Reihe von anderen Prozessen angestoßen, die mögliche CO2-Reduktionen mittel- oder langfristig wieder kompensieren.

Weil Aktionen von Naturschützern befürchtet werden, teilt Planktos die Route des Forschungsschiffs nicht mit. Firmenchef Russ George versichert, dass das Projekt der Umwelt nicht schadet und wichtige wissenschaftliche Informationen liefern wird, welche die Geschäftsidee untermauern werden. Man habe „Nachfragen und Angebote von Regierungen und Wissenschaftlern aus aller Welt“, die sich am Projekt beteiligen wollen. Alle Mitarbeiter von Plankton seien aber bedroht worden, weil sie mitgeholfen hätten, „glaubwürdige, transparente und verifizierbare Wissenschaft zu betreiben“.

In das selbe Geschäft will auch die australische Firma Ocean Nourishment Corporation (ONC) einsteigen. Die Firma hat von der philppinischen Regierung die Erlaubnis erhalten, großen Mengen an Urea-Dünger (Stickstoff) ins Meer zu pumpen.

Umweltschützer warnen vor solchen riskanten profitorientierten Großexperimenten, welche die Meeresökologie gefährden können. So kritisierte Wilhelmina Pelegrina von der philippinischen Organisation Searise, dass die Ausbringung von Urea in das Meer gleichbedeutend damit sei, es als „öffentliche Toilette“ zu benutzen. Die Möglichkeit, dass Planktos und ONC großflächig Meere düngen können, zeige, dass es hier ein rechtliches Vakuum gebe.

Die Koalition aus Umweltgruppen verlangt ein Moratorium für solche großen und kommerziellen Versuche der Meeresveränderungen und fordert die UN-Organisation London Convention dazu auf, die Versuche der beiden Firmen zu unterbinden. Die Organisation wurde gegründet, um eine Verschmutzung der Meere durch Abfälle zu verhindern.