Verschwörungstheorien zum 11. September

Seite 2: Mannigfaltige Wirklichkeiten: Theorien zum 11. September

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Der 11. September kann als eines der ersten global bedeutsamen Großereignisse beschrieben werden, die von Anfang an intensiv innerhalb des neuen Mediums Internet kommuniziert wurden und dort gleichsam eine Art "Gegenöffentlichkeit" erzeugten. Bereits am Tag der Geschehnisse fanden sich erste Spekulationen über mögliche Hintergründe der Anschläge auf diversen Homepages und Foren im Internet. Diese intensive netzbasierte Kommunikation über die Ereignisse hat in der Folgezeit zu einer unüberschaubaren Menge an Informationen geführt, die für manchen Beobachter überhaupt erst den Nährboden für die Entwicklung der entsprechenden heterodoxen Verschwörungstheorien bildeten.

Auch wenn die im Internet und bald auch in Form von Printmedien verbreiteten alternativen Deutungen der Anschläge hochgradig heterogen sind, kristallisieren sich bei näherem Hinsehen, neben der offiziellen Erklärung, im Wesentlichen zwei größere Interpretationsstränge heraus. Die unterschiedlichen Deutungen der Anschläge des 11. September lassen sich also grob in drei Varianten untergliedern, die als Surprise-Theorie, LIHOP-Theorie (Let It Happen On Purpose) und MIHOP-Theorie (Make It Happen On Purpose) bezeichnet werden (vgl. Ganser 2006).

Die Surprise-Theorie: Diese Deutung der Ereignisse entspricht der offiziellen Erklärung der Bush-Administration und den Schlussfolgerungen des Abschlussberichtes der Untersuchungskommission zum 11. September (Kean 2004) und geht davon aus, dass die US-Geheimdienste von den Terroranschlägen "überrascht" wurden und sie daher nicht verhindern konnten.

Die Terrorangriffe sind hiernach das Ergebnis einer von langer Hand geplanten Verschwörung der islamistischen Organisation Al-Qaida unter Führung von Osama bin Laden und Chalid Scheich Mohammed. Die Motivation für die Anschläge sei dabei ein tief sitzender Hass der Verschwörer auf die westliche Welt und vor allem auf die USA gewesen:

Die westliche Welt sahen sie zerfressen von Geldgier, von Sex, von Egoismus. Die islamische Welt sahen sie als Oase des Glaubens und der Kultur, bedroht von Amerika, ausgehungert vom Westen, gedemütigt seit Jahrzehnten.

Schnibben 2002, S. 10

Vor allem die Stationierung von US-Truppen in Saudi-Arabien im Zuge des Zweiten Golfkrieges (1990-1991) der USA gegen den Irak und der Operation Restore Hope in Somalia hätten Osama bin Laden und die Al-Qaida-Führung radikalisiert. Diese militärischen Operationen der USA und der Vereinten Nationen seien von der Al-Qaida als eine Art "christlicher Kreuzzug" gegen den Islam gedeutet worden, den es zu bekämpfen gelte. Nach langer Vorbereitung, so die offizielle Version der Ereignisse, haben am 11. September schließlich 19 islamistische Selbstmordattentäter der Al-Qaida vier Passagiermaschinen gewaltsam unter ihre Kontrolle gebracht. Zuvor hatten die Attentäter teilweise Flugschulen in den USA besucht, um zu lernen, wie man ein Flugzeug lenkt.

Zwei der entführten Maschinen wurden von den Terroristen in die Türme des World Trade Centers gelenkt. Die Beschädigungen in den Zwillingstürmen sind nach der Wucht der Einschläge und der Schwächung der Stahlträger durch die anschließenden Kerosinbrände derart stark gewesen, dass die Gebäude kollabierten. Das dritte Flugzeug wurde in den Außenflügel des Pentagons gelenkt, das vierte stürzte bei Shanksville im Bundesstaat Pennsylvania ab, nachdem mehrere Geiseln die Terroristen im Flugzeug angegriffen hatten. Am Tag der Anschläge führten diverse Fehlentscheidungen und Pannen bei der Luftabwehr sowie unklare Befehle und Informationsmangel zu falschen Entscheidungen.

Im Vorfeld sind den US-Geheimdiensten, besonders dem FBI und der CIA, grobe Fehler unterlaufen. Gerüchte über drohende Anschläge waren zwar bekannt, doch die entsprechenden Informationen wurden nicht richtig zusammengetragen. Diverse Aktivitäten der Terroristen zur Vorbereitung der Anschläge wurden ignoriert oder falsch behandelt. Demnach habe letztlich ein Versagen der Geheimdienste und der US-amerikanischen Flugabwehr die Anschläge am 11. September möglich gemacht (vgl. Klöckner 2011, S. 24).

Die LIHOP-Theorie: Diese These hat mit der offiziellen Erklärung der Ereignisse gemein, dass sie hinter den Anschlägen eine Verschwörung islamistischer Terroristen unter der Führung von Osama bin Laden sieht. Im Unterschied zur Surprise-Theorie wird hier jedoch davon ausgegangen, dass die US-Geheimdienste von den Vorbereitungen zu den Anschlägen wussten, aber in gezielter Weise nichts gegen sie unternahmen:

Im krassen Gegensatz zur Surprise-Theorie behauptet die LIHOP-Theorie jedoch, dass Personen innerhalb der US-Regierung die Angriffe bewusst zuließen, um in der Lage zu sein, eine Reihe von Kriegen zu beginnen, die bereits zuvor geplant waren.

Ganser 2006, S. 2

Skrupellose Personen innerhalb der Regierung hätten dabei Teile der Behörden manipuliert bzw. instrumentalisiert, um so dafür zu sorgen, dass die Anschläge am 11. September nicht verhindert werden und damit hinterher eine Rechtfertigung für diverse unpopuläre innen- und außenpolitische Maßnahmen zur Sicherung der globalen Vormachtstellung der USA zu erhalten (vgl. Klöckner 2011, S. 24).

Die MIHOP-Theorie: Im Gegensatz zur LIHOP-Theorie geht diese Variante der Deutungen der Anschläge des 11. September von einer aktiven Mitwirkung verschworener Kreise innerhalb der US-Regierung, der Geheimdienste und des Pentagons an den Angriffen des 11. September aus. Hierbei handelt es sich gewissermaßen um ein Worst-Case-Szenario:

Nicht Al-Qaida hat sich gegen die USA verschworen, sondern eine korrupte und kriminelle Machtclique innerhalb des Herrschaftsapparates des eigenen Landes hat die Anschläge auf das World Trade Center inszeniert.

Klöckner 2011, S. 24

Die Attentäter sind hiernach über Mittelsmänner (bzw. CIA-Agenten, die Al-Qaida unterwanderten) beauftragt worden, die Anschläge durchzuführen. Hierfür seien Kontakte der US-Geheimdienste zu Netzwerken islamistischer Kämpfer genutzt worden, die zur Zeit des Krieges zwischen Afghanistan und der Sowjetunion (1979-1989) von den USA gezielt mit Waffen und Geld unterstützt wurden. Radikale Varianten der MIHOP-Theorie behaupten gar, dass die entführten Flugzeuge am 11. September in Wahrheit nicht von Terroristen gelenkt, sondern auf elektronischem Wege von außen in das World Trade Center und das Pentagon gesteuert worden seien.

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