Versucht EU-Rat Speicherung von Verbindungsdaten zu erzwingen?

Statewatch enthüllt Rahmenbeschluss

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Müssen Telekommunikationsfirmen die Verbindungsdaten speichern und Strafverfolgern bei Bedarf zu Verfügung stellen? Der Streit ist schon einige Jahre alt. Bislang konnten sich Datenschützer und Telekommunikatinsfirmen gegen Strafverfolger durchsetzen. Doch nun könnte eine entscheidende Wendung eintreten: Der Europäische Rat versucht nun mit Hilfe eines verbindlichen Rahmenbeschlusses dies in allen EU-Staaten gegen den Willen des Europäischen Parlaments durchzusetzen, glaubt man den neuesten Informationen der britischen Bürgerrechtsorganisation Statewatch.

Am 29. Mai wird das Europäische Parlament über einen Beschluss seines Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger abstimmen, in dem dieser sich knapp mit 25 gegen 19 Stimmen am 18. April gegen eine Datenspeicherung ausgesprochen hatte (s. Europäisches Parlament gegen Speicherung von Verbindungsdaten). Zweck der Speicherung der Verbindungsdaten ist eine Rückverfolgung von Internet-Straftätern. Bislang dürfen die Daten nur zu Abrechnungszwecken länger gespeichert werden und müssen dann aber gelöscht werden.

Bei der Parlamentsabstimmung Ende Mai dürfte es knapp werden: 314 von insgesamt 626 Abgeordneten müssen gegen die Datenspeicherung votieren. Die Konservativen, die für eine Datenspeicherung sind, verfügen über immerhin 233 Abgeordnete. Die Linken kommen gemeinsam mit den Grünen und den Liberalen auf knappe 321 Stimmen. Folgen nur wenige der bisherigen Linie nicht, hätte sich der Rat durchgesetzt.

Doch offenbar scheint der Rat damit zu rechnen, dass sich das Parlament gegen die Datenspeicherung durchsetzt. Im Falle der Uneinigkeit müsste ein Vermittlungsausschuss zwischen beiden Institutionen vermitteln. Auf dieses Verfahren vertraut der Rat jedoch nicht. Er hat nach Informationen von Statewatch vorsorglich einen Rahmenbeschluss entworfen, der alle EU-Mitgliedstaaten direkt zwingen würde, eine Datenhaltung einzuführen.

Der Rat der Europäischen Union hatte sich schon im Herbst unter dem Vorzeichen der Terroranschläge in den USA für lockerere Bestimmungen in der Richtlinie "über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation eingesetzt: Demnach sollen Verbindungsdaten künftig "zum Schutz bestimmter wichtiger öffentlicher Interessen in Bezug auf die Sicherheit“ während "einer begrenzten Zeit“ aufbewahrt werden. Dafür hatte sich nicht zuletzt US-Präsident George W. Bush persönlich in einem Schreiben an den damaligen Ratsvorsitzenden ausgesprochen.