Vertrauen in Verfassungsschutz: Der Geheimdienst hat neue Fans

Ein Meinungsforscher findet Brisantes zum Geheimdienst raus. Aber kaum jemand berichtet. Ein Mediensplitter über eine politisch und medial verkehrte Welt.

Die Bewertung der Arbeit des Verfassungsschutzes in Deutschland ist umstritten. Eine Umfrage des Unternehmens Insa hat nun gezeigt, dass lediglich 37 Prozent der Befragten die Arbeit des Verfassungsschutzes als sehr oder eher gut einschätzen, während 41 Prozent sie als sehr oder eher schlecht bewerten. Die Überraschung aber steckt in Detail der Umfrage und ihrer Rezeption.

Politische Orientierung beeinflusst die Bewertung

Vor allem bei Befragten, die sich selbst politisch rechts der Mitte verorten, überwiegt eine negative Bewertung des Verfassungsschutzes (51 Prozent schlecht zu 34 Prozent gut). Bei Umfrageteilnehmern, die sich selbst im politischen Spektrum links verorten, überwiegt hingegen eine positive Bewertung des Inlandsgeheimdienstes: 47 Prozent finden ihn gut und nur 36 Prozent schlecht.

Befragte, die sich selbst politisch in der Mitte verorten, sind in ihrer Bewertung gespalten (40 Prozent schlecht zu 39 Prozent gut).

Misstrauen gegenüber dem Verfassungsschutz

Fast jeder Zweite (48 Prozent) hält es für sehr oder eher wahrscheinlich, dass der Verfassungsschutz in Deutschland zu politischen Zwecken missbraucht wird. Nur jeder Dritte (31 Prozent) findet dies unwahrscheinlich.

Auffällig ist, dass das Misstrauen bei den jüngeren Befragten größer ist (52 Prozent bei den unter 40-Jährigen gegenüber 45 Prozent bei den über 60-Jährigen).

Parteiwähler und ihre Einschätzungen

Einen Missbrauch des Verfassungsschutzes für politische Zwecke halten vor allem die Wähler der AfD (74 Prozent), der FDP (62 Prozent), des BSW (60 Prozent), der Freien Wähler (58 Prozent) und der Partei Die Linke (49 Prozent) für wahrscheinlich. Die Anhänger von SPD und CDU/CSU sind in dieser Frage gespalten (43 Prozent bzw. 41 Prozent halten einen Missbrauch für wahrscheinlich, 42 Prozent bzw. 40 Prozent für unwahrscheinlich).

Interessanterweise gibt es unter den Wählern von Bündnis 90/Die Grünen eine relative Mehrheit, die es für unwahrscheinlich hält, dass der Verfassungsschutz in Deutschland zu politischen Zwecken missbraucht wird.

Politischer Geheimdienst

Der Chef des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, hatte sich in den vergangenen Monaten wiederholt in politische Debatten eingemischt. Im August vergangenen Jahres versuchte er nach Ansicht der AfD, durch gezielt verbreitete Werturteile Einfluss auf den Europaparteitag der Partei zu nehmen.

Die AfD erwirkte daraufhin in einem Eilverfahren gegen den Geheimdienstchef einen Teilerfolg. Gemäß einer Stillhaltezusage des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), so das Verwaltungsgericht Köln damals, werde das BfV während des Parteitags darauf verzichten, kritische Äußerungen zu tätigen.

Später warnte Haldenwang, Russland verbreite "Desinformation, Propaganda und Narrative"; etwa jenes, dass der Kreml die Ukraine angegriffen habe, weil die eigenen Sicherheitsinteressen durch den Westen verletzt worden seien. Dass diese These Gegenstand politischer und politikwissenschaftlicher Debatten ist, ficht den Geheimdienstchef nicht an.

Geschichtsvergessenheit und Desinformation

Schon damals hatte Telepolis darauf verwiesen, dass die Debatte derart vor allem dann beendet wird, wenn es um Gründe und Genese des Ukraine-Krieges geht.

Ein "überaus wirksames Narrativ des Kremls" kreise um das "angebliche Versprechen" im Jahr 1990, die Nato werde niemals über die deutsche Ostgrenze hinaus ausgedehnt, schreibe der Journalist, die Zeitschrift des Deutschen Journalisten-Verbandes, der sein Logo nach der russischen Invasion online in ukrainischen Nationalfarben einfärbte.

Dass laut der Insa-Befragung vorwiegend Personen, die sich als links bezeichnen, auf den Inlandsgeheimdienst setzen, ist ein neues Phänomen. Zuletzt hatten sich Linksradikale aus Berlin sogar beleidigt gezeigt, dass sie überwacht werden. Ihr Argument: Sie seien auch gegen Putin und gehörten zu den Guten.

In der Linken und linksliberalen Presse kam das Insa-Ergebnis übrigens kaum vor. Eine Kurzrecherche zeigt Ergebnisse bei der rechtskonservativen Jungen Freiheit, der ähnlich ausgerichteten Plattform Nius und dem Focus.