Vier Mädchen tot: Türkei bombardierte UN-Bildungszentrum in Nordsyrien

Seite 2: Proteste auch in den türkisch besetzten Gebieten

Wie berichtet kam es in den bereits türkisch besetzten Gebieten zu Protesten der Bevölkerung, nachdem der türkische Außenminister bekannt gab, dass die Türkei sich mit dem Assad-Regime versöhnen will und es diesbezüglich auch schon Gespräche gab.

Auf Transparenten fragten die Demonstranten: "Çavuşoğlu: Was hältst Du davon, endlich Frieden mit PKK und Gülen zu schließen, um die Region zu stabilisieren?" Entgegen der türkischen Propaganda zeigen diese Äußerungen, dass die Bevölkerung in den türkisch besetzten Gebieten sich einerseits gegen die Besatzung positioniert und anderseits kein Interesse an einer Rückkehr des Assad-Regimes hat.

Sie sieht vielmehr eine Lösung des seit Jahren andauernden Krieges in einem Friedensprozess der Türkei mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die auch erwähnte Gülen-Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen spielt im Syrien-Konflikt keine Rolle.

Auch wenn die Parolen auf die PKK fokussiert sind, zeigt dies, dass sich die mittlerweile mehrheitlich arabische Bevölkerung in den besetzten Gebieten durchaus bewusst ist, dass die sogenannte "kurdische Frage" in der Türkei geklärt werden muss. Und zwar auf friedliche Weise und nicht mit einem schleichenden Genozid. Das ist bemerkenswert und war in dieser Deutlichkeit bisher nicht bekannt.

Schlechte Wahlprognose könnte der Grund für die massiven Angriffe sein

Türkische Wahlprognosen sind zwar mit Vorsicht zu genießen, aber ein Blick darauf lohnt trotzdem. Nach einer aktuellen Umfrage des PIAR-Instituts würde die kemalistische CHP auf 28,5 Prozent, Erdogans AKP auf 28,1 Prozent, die nationalistische IYI-Parti auf 12,9 Prozent, die linke HDP auf 11,2 Prozent und die faschistische MHP auf 7,8 Prozent kommen. Da die CHP und die IYI-Parti mit vier weiteren Parteien ein Wahlbündnis vorbereiten, würde die mit der MHP koalierende AKP die Parlamentsmehrheit verlieren.

Eine Hauptursache dafür ist die desaströse Wirtschaftspolitik. Nach Angaben des staatlichen Statistikinstituts "TÜIK" liegt die Inflationsrate bei 78 Prozent. Erdogan versucht davon abzulenken, indem er mit antikurdischer Propaganda und einer angeblichen Bedrohung aus Nordsyrien den Nationalismus unter der Bevölkerung anheizt, in der Hoffnung, dadurch verlorene Stimmen zurückzugewinnen.

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "MetroPoll Araştırma" würde Erdogan, sollte er bei der ersten Wahlrunde die absolute Mehrheit verfehlen, dies auch in der zweiten Runde nicht schaffen. Egal, ob er gegen den Spitzenkandidaten der CHP, IYI Parti oder der Deva Partisi antritt, in keiner Konstellation bekäme er eine Mehrheit.

Das Beratungsunternehmen "Mak Danismanlik" sieht die AKP derzeit nur noch auf 25 bis 27 Prozent. Auch für Erdogan persönlich steht viel auf dem Spiel. Ihm drohen langjährige Haftstrafen wegen zahlreicher Korruptionsfälle, Menschenrechtsverstößen sowie Kriegsverbrechen in den Nachbarländern Syrien und dem Irak.