Vom Parlament übertragene Befugnisse überschritten

Ein Berufungsgericht hat entschieden, dass die britische Arbeitsbehörde DWP Arbeitslose nicht zum unbezahlten Regaleinräumen und Putzen zwingen kann

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Die 24-jährige Geologin Cait Reilly aus Birmingham und der 40-jährige Lastwagenfahrer Jamie Wilson aus Nottingham haben vor einem Berufungsgericht in London einen Erfolg errungen, der generelle Auswirkungen auf den Umgang mit Arbeitslosen in Großbritannien hat.

Reilly hatte geklagt, weil sie im November 2011 im Rahmen des Back-to-Work-Programms der britischen Regierung unter Androhung der Streichung ihrer finanziellen Unterstützung in einen Poundland-Laden in Kings Heath geschickt wurde, wo sie nach eigenen Angaben Regale einräumen und putzen musste, ohne dafür bezahlt zu werden. Stattdessen kassierte Poundland Steuergeld für die "Eingliederungsmaßnahme", bei der Reilly ihrer eigenen Einschätzung nach absolut nichts lernte. Ihr Mitkläger Wilson hätte ein halbes Jahr lang dreißig Stunden die Woche unbezahlt an einem Community Action Programme teilnehmen sollen.

Poundland-Filiale in Leeds. Foto: © Betty Longbottom Lizenz: CC BY-SA 2.0.

In beiden Fällen hoben die drei Berufungsrichter die Entscheidung der vorherigen Instanzauf. Dies begründeten sie damit, dass das für solche Eingriffe in Individualrechte zuständige Westminster-Parlament weder der Regierung noch der ihr unterstellten Arbeitsbehörde DWP entsprechende Befugnisse erteilte, weshalb Dienstanweisungen zur Umsetzung des Back-to-Work-Programms rechtswidrig seien. Arbeitsminister Iain Duncan Smith will die Urteile vor dem Obersten Gerichtshof anfechten, hat aber bereits neue Dienstanweisungen vorgestellt, die in London und Derbyshire getestet werden. Sie sollen durch klarere Kriterien für die Feststellung von Arbeitsunwilligkeit gerichtlich weniger angreifbar sein.

Tessa Gregory, die Anwältin von Reilly und Wilson, teilte der BBC mit, sie sei überzeugt, auch vor dem Obersten Gerichtshof zu gewinnen. Zudem hat das Urteil ihrer Rechtsauffassung nach zur Folge, dass alle Arbeitslosen, denen aus ähnlichen Gründen die Unterstützung gestrichen wurde, einen einklagbaren Anspruch auf Nachzahlung haben. Eine Einschätzung, der Staatssekretär Mark Hoban vehement widersprach. Er betonte stattdessen, auch das Berufungsgericht habe kein grundsätzliches Verbot von Eingliederungsmaßnahmen ausgesprochen und damit sichergestellt, dass die Regierung den eingeschlagenen Weg weitergehen könne.

Cait Reilly zeigte sich in britischen Medien hocherfreut über die Entscheidung und erklärte, sie habe nicht aus Faulheit geklagt, sondern deshalb, weil sie die Tätigkeit bei Poundland als "komplette Zeitverschwendung" empfand. Der Job habe ihr nicht geholfen, Arbeit zu finden, sondern sie daran gehindert, weil ihr die Zeit zu Suche fehlte. Dass sie sich zum Regaleinräumen nicht zu fein ist, zeige ihre Tätigkeit als Teilzeitkraft in einem Supermarkt. Allerdings wolle sie für so eine Arbeit auch bezahlt werden.

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