Von Ratten-, Krebs- und Eimermenschen: Provoziert die Politik sozialen Protest?

Seite 2: München: Modell "Monaco"

Die erwähnte erste Protest- und Wutdemo zum 1. Mai 2022 zündete nicht ohne Grund in dieser Metropole und zu diesem Datum: München ist inzwischen ein Hotspot der sozialen Spaltung in Deutschland. Wie in einem Brennglas erleben die Unter- und Mittelschichten hier, wie sie auf infame Weise von oben enteignet werden.

Wohlhabendere Kreise selektieren sie mit Hilfe der Lebenskostenspirale materiell und räumlich, ohne dass die Betroffenen sich dagegen wehren können: Die Neureichen und Krisengewinner besetzen einfach ihre Häuser. Und so kommt es zu dem politischen Paradoxon, dass die urbanen Moral- und Machteliten die ärmeren Schichten mit radikalen kapitalistischen Methoden in die Bedeutungslosigkeit, aber auch in eine neue Radikalisierung drängen.

Ein Beispiel: Ein Münchner Immobilienhai hat einem Bewohner eines kleinen Häuschens, auf dessen Grundstück er spekuliert, einfach das Dach und nach dessen Flucht das ganze Haus weggerissen – trotz Denkmalschutz. Die Boulevardpresse tobte, aber das änderte nichts.3

Der noch sozialdemokratische Oberbürgermeister Münchens, Dieter Reiter, hat die Lage und Stimmung erkannt. Er versucht die Bürger am 1. Mai verzweifelt mit der Ankündigung eines lokalen Mindestlohns zu besänftigen. Doch es ist zu spät und die Botschaft kommt nicht mehr an. Seine eigenen Arbeitergenossen pfeifen ihn gellend aus.

Die prekär Beschäftigten der Metropolregion wissen, welche Stunden ihnen geschlagen hat: Arbeiter, Studenten und Rentner werden zu Tausenden aus der Stadt gentrifiziert - schon vor Corona waren das bis zu 10.000 pro Monat. In ein paar Jahren werden es eine Million sein. Wohlhabendere kommen.

Die Politik der Bundesregierungen unter Merkel in der Coronakrise und unter Scholz in der Corona- und Kriegskrise verschärft diese Entwicklung dramatisch: Es verwandelt die deutschen Metropolregionen immer mehr in 4-5-Sternehotels.