Von Rosarot bis Sucht: ECommerce materialisiert sich

Ein kleiner Zwischenbericht vom zusehends kommerzialisierten Empowerment-Tool "Internet".

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ECommerce ist immer noch eine etwas rosarot gefärbte Angelegenheit, das stellen sowohl Studenten fest, wenn sie seminaristisch im Internet zum Thema ECommerce unterwegs sind, wie auch kommerzielle Marktforschungsunternehmen. Rund 70 Prozent der kostenpflichtigen Online-Inhalte sind Hardcore (Horizont, bzw. Datamonitor). Allerdings, dies zur Beruhigung der Pornofeinde-Freunde, man muß die Rotbezirke auch suchen wollen - und für den Eintritt eben zahlen.

Vereinzelt werden die Fantastilliardenprognosen der multinationalen Beratungsgurus jetzt realistischer. Jupiter Communications geht nunmehr von 14 Millionen westeuropäischen Haushalten (von rund 155 Millionen) aus, die online sind. Eine Zahl, die sich in den nächsten 5 Jahren verdreifachen soll. Das klingt plausibel, ähnlich wie die von EITO / ECIN genannten Internetnutzer-Zahlen in Deutschland: rund 7,3 Millionen für 1998 (bei rund 82 Millionen Einwohnern).

Kundenunfreundlich

Nicht geändert hat sich die insgesamt doch mangelhafte Kundenbeziehung (Customer Relations heißt das im Marketingenglisch). Im Rahmen des Seminars, von dem hier schon eingangs die Rede war, wurde unter anderem auch die Resonanz der WWW-präsenten Unternehmen auf Email-Kundenanfragen getestet. Ein Drittel antwortet überhaupt nicht, - diejenigen, die rasch antworten, machen das jedoch recht medienadäquat und zufriedenstellend.

Verbraucher haben online mittlerweile eine Reihe von an sich gut gestalteten Ansprechmöglichkeiten bei Problemen. Die Verbrauchereinrichtungen haben jedoch drei Probleme noch zu lösen. Das sind zum einen die langen Ladezeiten der jeweiligen Homepages, zum zweiten weiß man oft nicht, auf welchen nationalstaatlichen Bereich sich ein Text bezieht (Deutschland, Österreich, Schweiz) wenn man über eine Suchmaschine darauf gestoßen ist, und drittens gibt es ein Chaos bei den Netzadressen. WWW.verbraucherzentrale.de bringt die regionale Verbraucherzentrale in Stuttgart, während die in Hamburg unter ourworld.compuserve.com/homepages/Verbraucherzentralehamburg/ erreichbar ist.

Suchtfokus Internet?

Neben Spielsucht, Sexsucht und Kaufsucht - gemeint sind hier zwanghafte, neurotisierte, sozial und ökonomisch "schädliche", auch selbstdestruktive Ersatzverhaltensformen - gibt es nun auch die Internetsucht. Rund 20 Prozent der Nutzer bezeichnen sich selbst, nach einer Untersuchung des Schweizer Instituts für Arbeitspsychologie, als suchtgefährdet. Problematisch ist dies insofern, da nun die Internetnutzung tatsächlich einen intensiven Kreuzungspunkt mehrerer Suchtformen (um bei diesem Ausdruck zu bleiben) darstellen kann.

Übrigens, um ein bißchen zur Selbstdestruktivität von Kaufsucht fernab vom Monitor nachzulesen, empfiehlt sich beispielsweise Rolf Haubl: Geld, Geschlecht und Konsum. Zur Psychopathologie ökonomischen Alltagshandelns (Augsburg 1998, ISBN 3-932133-36-6).