Von VRML97 zu Web3D

Die nächste Generation des dreidimensionalen Web, bei VRML99, 23.-26. Feb.1999, Heinz Nixdorf Museum, Paderborn.

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Es hat sich einiges geändert, seit 1994 bei der ersten internationalen WorldWideWeb Konferenz in Genf Marc Pesce und Tony Parisi , den Prototyp eines 3D Interface für das Web präsentierten, aus dem dann VRML entstand, in einem von einer Community getragenen und mittels Email abgewickelten, gemeinsamen Entwicklungs-Prozess. Die Botschaft des VRML-Evangelisten Mark Pesce: "Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir neben den kreativen Programmierern die kreativen Inhaltsentwickler brauchen!"

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Die Virtual Reality Modeling Language (VRML) wurde erst Ende 1997 zum ISO Standard, d.h. von der International Organization for Standardisation als Sprache zur Beschreibung von 3D Content im Web anerkannt. Der neue Schwerpunkt liegt nun auf einer Erweiterung des Standards VRML97 zu Web3D. So ist auch das offizielle VRML-Konsortium im Dezember 1998 zum Web3D-Konsortium mutiert, die Website entsprechend umbenanntworden.

Eine Zusammenspiel von "Interoperating Standards", um webbasierte 3D-Browser plattformunabhängig durchzusetzen, ist das Ziel. Die Beifügung von Java3D, einer API (Application Programming Interface) zur Beschreibung und Verhaltensprogrammierung von 3D Content von Sun Microsystems ist wohl die gravierendste Neuerung.

Java und Java3D sind die wichtigsten Programmiersprachen, die in VRML-Scriptnodes eingebunden werden können. VRMLScript ist ein Subset von Java. Die Bedeutung von VRML- und Web3D-Technologien und der Beobachtung von Konsortien und der Frage, welche Standards sich warum durchsetzen, liegt aber neben dem kommerziellen Interesse wohl darin, dass textbasiert und browserunabhängig mit 3D-Content experimentiert werden kann und dadurch das Netz und Netzkultur weiterentwickelt werden.

David Marsland, Chief Instructor von Web Cubed 3D Education, gab bei der VRML99 einen Überblick zum derzeitigen Stand von VRML. Online befinden sich umfassende Erklärungen zu Syntax und Anwendungskonzepten von VRML97. Kollaborative 3D-Umgebungen benutzen VRML als Schlüsseltechnologie für Multi-Plattform-Anwendungen, welche die zukünftige Form des Webs mitbestimmen werden.

Kurse

VRML 99, die vierte internationale Konferenz über VRML und 3D Webtechnologien

VRML99 Logo

Alle drei bisherigen VRML-Konferenzen fanden in Monterey, Kalifornien, der Heimat des Standards für dreidimensionale Darstellung im Netz statt. VRML99 brachte auf Initiative des Österreichers Christian Bauer erstmals kalifornisches Konferenzflair nach Europa - Konsortieninteresse, Technonerds und Programmerboys. Realisiert wurde das Jahrestreffen der Web3D-Spezialisten von der Siemens AG, dem C-Lab der Universität Paderborn und der kalifornischen Platinum Technology Inc.. Austragungsort war das Heinz Nixdorf Museum in Paderborn, das übrigens eine sehenswerte Sammlung der Computergeschichte von Holerith über Babbage und Zuse bis Cray anhand von Original-Objekten bietet .

Arbeitsgruppen zur Entwicklung der Next Generation

Web3D ist ein breiteres, technologisch offeneres Konzept, das vor allem in Hinblick auf Einbindung von Multimedia und weiteren Programmiersprachen entwickelt wurde.

X3D, die nächste Generation von 3D war deswegen auch eine der hipsten Arbeitsgruppen der Konferenz. Die Meetings des VRML-Konsortiums sind eigentlich ein jährliches Arbeitstreffen zur Einteilung von Arbeitsgruppen zur Weiterentwicklung und Standardisierung der Softwareprotokolle im Netz. Das Prinzip der offenen und zumindest offiziell öffentlichen Arbeitsgruppen ist ein ganz besonderer Geniestreich der selbsternannten Beachhead-Technologisten aus dem Silicon Valley. Bei den Workinggroup Meetings zu bestimmten Softwarestandard-Komponenten werden Programmcodes knallharten Analysen unterzogen, ob VRML oder Web, Java oder Java3D, Open GL oder Mpeg4, Metastream oder VRML Gadget. Ihr Aufbau ist ein Lehrstück in kalifornischer Firmenideologie und Mitarbeiterintegration. Das Prinzip an sich unterscheidet sich nicht wesentlich von bekanntem Unternehmensmanagment. Es werden Tasks und Skills festgelegt, Mängel festgestellt, Listen und Vorgehensweisen zur Behebung derselben aufgestellt. Das alles geschieht in einem offenen, diskursiven Panel, an dem auch die Firmenchefs, wie Tony Parisi, Mark Pesce und ihre Chefentwickler und Kollegen, sowie ideologische und technologische Hintermänner teilnehmen.

Die "Guys", wie sich die Redner gegenseitig gerne bezeichnen, haben in der Tat ein hartes Jahr hinter sich. Es ist alles nicht mehr nur die Beachhead-Geschichte, als die es immer noch verkauft wird. Platinum, jene Firma, die Cosmoworlds, das wichtigste Developer Tool für VRML Worlds und Player herstellt, haben den Player Source Code freigegeben und ihre firmeninterne Entwicklungsabteilung aufgelöst. Die Diskussion um den Open Source Code war einer der Schwerpunkte der Konferenz.

Toniy parisi bei VRML99:

"An Open Source Program, to give the community the tools necessary for rapid, worldwide development across multiple platforms, tool sets, and applications. ... The only way to ensure the rapid, worldwide development of VRML technology, tools and applications is to have the absolute best implementations available in source code form through an Open Source program. Today I am pleased to announce that PLATINUM technology is making the source code to Player publicly available, and working with Web3D to create an Open Source license program. Player will become the foundation by which we fix, improve and clarify VRML97, and the starting point for developing X3D. VRML's earliest roots are in open source; it is time for it to come home."

Die Entwickler von Inhalten

Web3D RoundUp

Die Entwickler von 3D-Tools und -Content präsentierten ihre jüngsten Anwendungen und Entwicklungen einem gnadenlos interaktiven Publikum. Die kalifornische Idee von Gemeinschaft und Mitbestimmung macht sich im Web3D RoundUp bemerkbar, indem das Publikum mit der Hilfe von interaktiven Feedback Devices, sprich lärmerzeugenden Kinderrasseln und Plastikpistolen über die vorgeführten Anwendungen richtet.

An Environment For Collaborative 3D Modeling In The Internet

Kai Strehlke, Architekt der EtH Zürich hat eine VRML Anwendung mit Datenbankanbindung entwickelt, die auch das Konsortium überraschte. Die Multiuser-Plattform zur Erstellung kollaborativer dreidimensionaler Objekte bietet ein intuitives räumliches Interface. Neben technischer Leistung glänzt die VRML Applikation aber auch durch ihre symbolische Qualität, die eng mit dem technischen Aufbau verwoben ist. Von Benutzern erstelllte 3D-Objekte werden weiter für andere Benutzer verfügbar gemacht und können in einem Morph mit neuen online erstellten Objekten verschmolzen werden. Der Zufallsmodus mischt alle je eingegebenen 3D Objekte bzw. Daten. Assoziationen zu den Möglichkeiten kollaborativer Objektentwicklung in den Datenräumen, die sich damit bieten, liefern Stoff genug für eine SciFi Story.

VRML.ART

Zwar unspektakulär vom Hauptprogramm abgesetzt, aber in den Keynote Talks und dem Bewußtsein von Technonerds und VR-Industries präsent war auch die Netzkunst in der VRML.Art Show. VRML.art wurde von Karel Dudesek, Van Gogh TV, intiiert, von Zvonimir Bakotin, De Waag Amsterdam, und Kathy Rae Huffman, Rensselaer Polytechnical Institute, Troy, New York, kuratiert und betreut.

Talking with Angels

Der Begriff "Angel" kann nur ironisch gemeint sein, denn Massenkiller und Neurotiker bevölkern diese Multi- und Single-User-Welt, einen 3D Chat mit Avataren der etwas anderen Art. Die Stereotypen sind Inversas zur Netiquette üblicher Blaxxun Anwendungen, die ja ansonsten eher ihrem Namensvorbild aus Neil Stephensons Snowcrash entsprechen.

De Waag, Amsterdam

Im 3rd Web begehbar gemacht wird ein interaktives Web3D Modell der historischen De Waag, der historischen Waage im Zentrum Amsterdams, die nun das Zentrum For Old and New Media beherbergt und in dem Projekte wie die des VRML Marshalls Zvonimir Bakotin oder der Video und Webkünstlerin Shu Lea Chang entstehen.

Metaverse

Der New Yorker Künstler John Klima hat in einer Open GL Umgebung ein interaktives Environment entwickelt, gedacht für den Einsatz in einer künstlerischen Installation mit intuitivem Interface, bestehend aus einem Trackball und projiziert auf einen gekrümmten Raum. Die Anwendung ist weniger Standalone-Netz.Kunst als ein Hybridmedium, das die chinesische Gemeinde in New York bereits erfreute und das chinesische Sternkreiszeichen enthält, kurz ein echtes Zodiac Mind Whop. Der kreative Künstlerprogrammierer wird durch Typen wie John Klima und ihre Anwendungen verkörpert.

The Virtuum - a story told in web technology

Andrew Reitemeyer beansprucht ein Multimediagesamtkunstwerk und "Web-Fiction" für sich. Er bietet aber nur eine etwas unsichere Toy Story. Der technische Aufwand und (unbezahlte?) Werbung für eine Vielzahl von PlugIns ist dafür gross. Es stellt sich die Frage, ob Kunst mit Hobbbyismus verwechselt wird.

" As well as VRML, other web technologies will be used to form an interwoven set of stories, scenes and worlds. Technologies such as HTML, .mp3 and .wav audio, vector graphics are used and others, as they become available or I can afford and learn to use the software, will be employed to provide a richer variety of media with which to "tell the story".

Cyberarts

Kathleen Ruiz ist selbst sattelfeste Techno-Künstlerin und Analytikerin der Zusammenhänge um die Entstehung von Standards, Konsortien und Webtechnologien. Sie hat eine exquisite Kollektion von Arbeiten ihrer Studenten des Rensselaer Polytechnical College zusammengestellt. Ihr Engagement für die studentische Arbeit und die Ergebnisse selbst sind beeindruckend.