Von der Arktis bis Afrika: Willkommen im Klimachaos

Die Auswirkungen von Dürren in Afrika führen selbst zum Tod dürreresistenter Tiere. Bild: Sangonda / CC BY-SA 4.0

Die Folgen der Erderhitzung sind jetzt schon dramatisch. Anpassungsstrategien gegen Klimaschäden werden immer schwieriger möglich. Warum, erklären Indigene, Bauern und Klimaexperten aus mehreren Kontinenten.

In diesem Jahr hat auch Europa die Auswirkungen der Erderhitzung zu spüren bekommen. Auf anderen Kontinenten kämpft man schon länger mit extremen Dürren, Überschwemmungen und Stürmen. Während die Unwetter Schlagzeilen machen, wird den langfristigen Schädigungen und den daraus resultierenden menschlichen Schicksalen allerdings nur selten Aufmerksamkeit geschenkt.

Im Folgenden werden zehn Vertreter:innen aus den USA, der Karibik, Südamerika und Europa zu Wort kommen gelassen. Sie machen klar, wie wir zunehmend ins Klimachaos taumeln. Sie schildern, was jetzt schon vor ihren Augen geschieht und wie die Menschen ums Überleben kämpfen. Die Klimawissenschaftler:innen Alice Larkin und Kevin Anderson machen zudem klar, was auf uns zukommen wird, wenn sich die Erde weiter erhitzen sollte.

Bei den Texten handelt es sich um Auszüge aus Interviews, die in den letzten Jahren geführt wurden. Die Aussagen sind nicht nur weiter aktuell, sondern ein eindringlicher Appell, entschlossen zu handeln.

Kayah George und Deborah Parker, Lummi Nation, USA:

Mit unserer Gemeinschaft gehören wir zu den ersten, die die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Wir sind komplett von unserem Land abhängig, von der Welt, die uns umgibt: den Tieren, dem Ozean, den Bergen, dem Wasser. Und wir sehen, wie sich alles verändert. … Die fossilen Brennstoffe betreffen die Bewohner unserer Küste, den indigenen Salish-Stamm, sehr direkt. Die Unternehmen und die Geschäfte mit Kohle, sie töten uns Indigene. Nicht nur unsere Leute, auch unser Land, alle unsere Fische im Meer, unsere Muscheln … Wegen der Verschmutzung dieser Industrien können wir keine Muscheln mehr ernten.

Aile Javo, Präsidentin des indigenen Saami-Rates, Norwegen:

In der Arktis bemerken wir einen höheren Temperaturanstieg als im Rest der Welt. Manche Wissenschaftler sagen, dass, wenn sich der Rest der Welt um zwei Grad Celsius erwärmt, dann erwärmt sich die Arktis um acht Grad. Seit längerer Zeit bemerken wir die Auswirkungen des Klimawandels. Wir sind traditionell Rentierzüchter. Die Temperaturen im Winter gehen rauf und runter. Das bedeutet, dass es regnet, wenn es eigentlich nicht regnen sollte. Schnee wird zu Eis. Unsere Rentiere haben Mühe, das Eis zu durchbrechen und Nahrung zu finden.

Themba Austin Chauke von der kleinbäuerlichen Bewegung La Via Campesina, Südafrika:

Bei uns finden immer wieder schwere Dürren statt. Unser Vieh stirbt. Wir sind in einer sehr verwundbaren Situation. Wenn es mal regnet, dann so massiv, dass ein Sturm daraus wird, der unsere Häuser zerstört. Wir sind schon jetzt hohen Risiken ausgesetzt. Unsere Wasserreserven trocknen aus. Die Aquifere, die unterirdischen Wasserspeicher, versiegen.

Klimagerechtigkeit: Der Kampf zwischen Arm und Reich, Kontext TV

Mariama Williams, The South Centre, Jamaika:

Jamaika steht als kleine Insel vor vielen Herausforderungen, die mit dem Meer zu tun haben. Die Korallenriffe zum Beispiel bleichen aus. Wir erleben einen steigenden Meeresspiegel, auch wenn das etwas weniger stark ist als im Pazifik, auf Tuvalu, den Marshall-Inseln oder dergleichen. Die Auswirkungen im Alltag zeigen sich für die Jamaikaner auf zweierlei Arten. Einerseits die Dürre, das Vorherrschen von Dürreperioden. Wie der Weltklimarat berechnet hat, regnet es in manchen Regionen immer weniger, je wärmer es wird. In anderen Regionen wiederum nimmt der Regen zu. Der Klimawandel verläuft also in zwei, auf den ersten Blick sich widersprechenden Richtungen. Deswegen glauben viele auch nicht daran. Manche Orte werden dasselbe erleben wie wir in der Karibik: Wir sind von Wasser umgeben – und haben Schwierigkeiten, Wasser zu finden! Zum Trinken oder zum Kochen. In Afrika schreitet die Versalzung des Süßwassers fort. Das wiederum betrifft ganz besonders die Frauen. In Afrika kümmern sich Frauen und Mädchen darum, Wasser zu besorgen. Wenn die Wasserquellen in der Nähe austrocknen oder versalzen, müssen sie immer weiter von zu Hause gehen, um Wasser zu finden. Das ist gefährlich für sie, es gefährdet ihre Sicherheit. Und ihre Arbeitslast wird deutlich erhöht. Sie sind aber nicht diejenigen, die von der Klimafinanzierung profitieren. Das Geld geht an große Mega-Projekte.

Pablo Solón, ehemaliger Chef-Klimaunterhändler für Bolivien:

In Bolivien kann man im Gebirge Orte besuchen, an denen es einst Gletscher gab, vor zehn Jahren. Jetzt sind sie verschwunden. In den Anden haben wir etwa 30 bis 50 Prozent aller Gletscher verloren. Mit den Gletschern verschwinden auch die Süßwasserquellen. Das wird große Auswirkungen auf das Menschenrecht auf Wasser haben. Es wird Folgen haben für die Landwirtschaft und die Biodiversität. Wir erleben eine Katastrophe im Hochgebirge und in den Gletscherregionen.

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