Wachstumskiller Energiewende: Zahlt Deutschland einen zu hohen Preis?

 Erfassung der visuellen Auswirkungen der Wirtschaftskrise

(Bild: Gitanna / Shutterstock.com )

Energiewende belastet die deutsche Wirtschaft schwer. Institute rechnen 2024 mit einem BIP-Rückgang um 0,1 Prozent. Ist der Preis für die Dekarbonisierung zu hoch?

Die deutsche Wirtschaft steht vor schwierigen Zeiten: Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen für 2024 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,1 Prozent. Das geht aus ihrer am Donnerstag veröffentlichten Gemeinschaftsdiagnose hervor. Im Frühjahr waren sie noch von einem leichten Wachstum von 0,1 Prozent ausgegangen.

"Neben der konjunkturellen Schwäche belastet auch der strukturelle Wandel die deutsche Wirtschaft", erklärte Geraldine Dany-Knedlik vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Dekarbonisierung, Digitalisierung und demografischer Wandel sowie der zunehmende Wettbewerb mit China dämpfen demnach die langfristigen Wachstumsperspektiven.

Verarbeitendes Gewerbe und Industrie besonders betroffen

Die Sorge über den scheinbaren wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands hat in den vergangenen Wochen zugenommen. Die deutsche Automobilindustrie mit Volkswagen liefert dafür derzeit ein anschauliches Beispiel. Die Schwäche der deutschen Wirtschaft belastet aber auch den gesamten Euroraum, dessen Aufschwung zu Beginn des Jahres nun zu Ende zu gehen scheint.

Die Auswirkungen des Strukturwandels und der konjunkturellen Abkühlung zeigen sich den Instituten zufolge jetzt hauptsächlich im Verarbeitenden Gewerbe, insbesondere bei den Herstellern von Investitionsgütern und in energieintensiven Branchen. Diese leiden unter steigenden Energiekosten, dem Wettbewerbsdruck aus China sowie der weltweit schwächelnden Industrie und fehlenden Aufträgen.

Symptomatisch ist die anhaltende Investitionsschwäche. Hohe Zinsen und wirtschaftliche Unsicherheit belasten die Investitionstätigkeit der Unternehmen und die Konsumneigung der privaten Haushalte, die ihr Geld eher sparen als ausgeben.

Bundesbank warnt vor möglicher Rezession

Die Bundesbank hat bereits davor gewarnt, dass sich Deutschland schon in einer Rezession befinden könnte. Nach einem Minus von 0,1 Prozent im zweiten Quartal könnte im dritten Quartal eine weitere Schrumpfung folgen.

Für das kommende Jahr rechnen die Institute mit einer Wachstumsbeschleunigung auf 0,8 Prozent, was aber unter den im Frühjahr erwarteten 1,4 Prozent liegt.

Zögerliche Erholung ab 2025 erwartet

Eine langsame Erholung dürfte einsetzen, getragen von einer Belebung des privaten Konsums dank steigender Realeinkommen. Auch der Außenhandel dürfte die Konjunktur stützen.

Ob die Weltwirtschaft tatsächlich wieder anspringt, bleibt abzuwarten. Zuletzt kamen vom Außenhandel alarmierende Signale: Die Exporte in Drittländer waren im August rückläufig, hauptsächlich die Ausfuhren nach China brachen ein. Die konjunkturelle Eintrübung macht sich also auf breiter Front bemerkbar.

Auch wenn sich die konjunkturelle Lage in Deutschland verbessern sollte, wird die Wirtschaft auf absehbare Zeit nicht an den Wachstumstrend vor der Pandemie anknüpfen können. Die strukturellen Anpassungsprozesse dürften sich fortsetzen, das Lösen der konjunkturellen Bremsen wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.