Warum Südafrika Militärübungen mit Russland und China durchführt
Seite 2: Lehre des Ukraine-Kriegs: Vorherrschaft des Westens schwindet
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Noch bemerkenswerter ist jedoch der Mangel an Begeisterung für den Kreuzzug des Westens außerhalb der amerikanisch-europäischen Achse und der wenigen asiatischen Verbündeten Amerikas. Tatsächlich hat von den zehn bevölkerungsreichsten Nationen der Welt nur eine, die USA, Moskau sanktioniert.
Wenige waren überrascht, dass China sich weigerte, seinem Partner Russland den Wirtschaftskrieg zu erklären. Aber auch Indien bedient sich beim billigen russischen Öl. Indonesien hält an seinem blockfreien Kurs fest und hat Moskau zum G-20-Treffen eingeladen. Auch Pakistan, Brasilien, Nigeria, Bangladesch und Mexiko weigerten sich, an der Parade der Verbündeten teilzunehmen.
Der mexikanische Präsident erklärte: "Wir sind nicht der Ansicht, dass uns [dieser Konflikt] betrifft". Auch Argentinien, Brasilien und Kolumbien weigerten sich, den USA Waffen, die sie zuvor von Russland erworben hatten, im Tausch gegen amerikanische Waffen zu übergeben.
Natürlich unterstützt keines dieser Länder formell Moskaus Krieg. Einige kritisierten die russische Aggression und die nukleare Panikmache. Aber sie haben einen alternativen Markt für verbotene Waren, vor allem für Erdöl und Erdgas, bereitgestellt, und damit die russische Staatskasse mit Bargeld geflutet.
Die Türkei, die derzeit den Beitritt Finnlands und Schwedens zur Nato blockiert, hat den russischen Betrieb mit Flugzeugen amerikanischer Bauart zugelassen und den Kauf von Treibstoff und Ersatzteilen für diese Flugzeuge erleichtert. Die Vereinigten Arabischen Emirate bieten weiter Flugverbindungen für Russen an, insbesondere für die Privilegierten und Reichen. Auch Saudi-Arabien hat seine Beziehungen zu Moskau intensiviert. Solche neu gefundenen Handelspartnerschaften bieten wahrscheinlich auch Möglichkeiten zur Umgehung von Sanktionen.
Weit davon entfernt, sich der allgemeinen diplomatischen und wirtschaftlichen Offensive des Westens gegen Moskau anzuschließen, griffen Mitglieder des globalen Südens auf ihre Wurzeln zurück, die in der Bewegung der Blockfreien Staaten während des Kalten Krieges liegen. Ewa Dabrowska stellt fest:
Da der Krieg gegen die Ukraine sowohl die Psychologie als auch die Geopolitik des Kalten Krieges und den Konflikt zwischen Russland/Sowjetunion und der Nato wiederbelebt hat, haben sich auch Indien und Südafrika auf Narrative aus dieser Zeit berufen.
Es geht jedoch um mehr als nur um Neutralität. Alvin Botes, ein stellvertretender Minister in Südafrika, sieht die Entstehung eines Gegenblocks:
Solange es eine Interessenkonstellation gibt, die von den Großmächten gesteuert wird und die Interessen des unterentwickelten Südens mitunter völlig außer Acht lässt, gibt es einen Bedarf für die Bewegung der Blockfreien.
Der Druck des Westens wird den Widerstand des globalen Südens wahrscheinlich nur noch verstärken. Die derzeitige Position des Südens, so Sarang Shidore vom Quincy Institute, ist "viel weniger institutionalisiert, weniger ideologisch, und basiert mehr auf nationalen Interessen. Das macht sie beständiger und schwieriger, mit den Instrumenten zu bekämpfen, die die Vereinigten Staaten traditionell eingesetzt haben". Schließlich hat der Westen in den letzten Jahren seinen Ruf verloren, prinzipienfest und kompetent zu sein.
Die Entwicklungsländer sehen die Welt eher als multipolar denn als bipolar an, betonen die wirtschaftliche Entwicklung, haben kaum ernsthafte Streitigkeiten mit Moskau (und China) und wollen sich nicht zwischen Russland und Amerika entscheiden.
Die indonesische Außenministerin Retno Marsudi bringt es derart auf den Punkt: "Wir weigern uns, in einem neuen Kalten Krieg mitzuspielen." Man kann den Kritikern des Westens nicht verübeln, wenn sie glauben, dass die oft beschworene regelbasierte liberale internationale Ordnung weder liberal noch regelbasiert ist und dass ihre Regeln nach Belieben von Washington gebrochen werden.
Der Ukraine-Krieg enthält viele Lehren, unter anderem die, dass die Vorherrschaft des Westens weiter schwindet.
Die Bereitschaft Südafrikas, Militärübungen mit Russland und China durchzuführen, sowie der Widerstand des globalen Südens gegen den Stellvertreterkrieg der Alliierten gegen Russland, deuten darauf hin, dass das 21. Jahrhundert weder das amerikanische noch das chinesische Jahrhundert sein wird, sondern etwas viel Komplexeres.
Der Artikel erscheint in Kooperation mit dem US-Medium Responsible Statecraft in den USA. Übersetzung: David Goeßmann.
Doug Bandow ist Senior Fellow am Cato Institute und ehemaliger Sonderberater von Präsident Ronald Reagan. Zuvor war er bei der Heritage Foundation tätig. Er schreibt eine wöchentliche Kolumne für Antiwar.com. Zuvor war er Kolumnist für Forbes Online. Er hat zahlreiche Artikel in Zeitschriften wie Foreign Policy, Time, Newsweek und Fortune sowie in führenden Zeitungen wie der New York Times, dem Wall Street Journal und der Washington Post veröffentlicht. Er hat mehrere Bücher geschrieben, darunter "Foreign Follies: America's New Global Empire", "Tripwire: Korea and U.S. Foreign Policy in a Changed World" und "The Politics of Plunder: Misgovernment in Washington".