Warum der Rammstein-Skandal schon jetzt ein Medien-Skandal ist
- Warum der Rammstein-Skandal schon jetzt ein Medien-Skandal ist
- Wie Linke in der Kampagne gegen Rammstein rechte Fakenews verbreiten
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Gericht verbietet dem "Spiegel" Aussagen über Till Lindemann. Eine Linke verbreitet mutmaßliche rechte Fakenews. Szenen eines politischen und medialen Kontrollverlustes. Ein Telepolis-Leitartikel.
Tampere, Wien, Chórzow, Brüssel – die Liste der aktuellen Tourdaten der Rockband Rammstein ist so lang wie die Skandalberichte über sie. Mit einem wichtigen Unterschied: Alle Konzerte sind ungebrochen erfolgreich – einige der Artikel drohen derweil zum medienethischen Desaster zu verkommen.
Man kann also konstatieren – und das hat sich allen Unkenrufen zum Trotz schon früh abgezeichnet: Der Rammstein-Skandal 2023 ist bereits jetzt in gleichem Maße ein Medienskandal.
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Auch Telepolis hat dem Thema seit Beginn der Affäre Anfang Juni mehrere Texte gewidmet. Wir haben die Berichterstattung ebenso hinterfragt wie das Verhalten der Band und das Frauenbild einiger Rammstein-Akteure. Die Autoren waren Journalisten, Künstler und Feministen, Kulturwissenschaftler, Juristen; Frauen und Männer.
Wir waren und sind uns nicht einig – und müssen es auch nicht sein. Denn der Blick auf den Fall Rammstein, der längst auch ein Medienfall ist, erlaubt und erfordert unterschiedliche Sichtweisen. Außer in einem Fall: Sollte den Beschuldigten sexueller Missbrauch nachgewiesen werden, und das geht, solange wir den gemeinsamen Anspruch haben, in einem Rechtsstaat zu leben, nur vor Gericht, dann gäbe es nichts mehr zu entschuldigen.
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Bis dahin aber gilt: Die Opfer haben das Recht auf ihre Version. Die Angeklagten haben das Recht, nicht vorverurteilt zu werden. Und die Medien haben die Pflicht, mit beiden Seiten verantwortungsvoll umzugehen.
Und hier wird es kompliziert. Denn die jüngste Entwicklung verstärkt das Bild einer aus dem Ruder gelaufenen Medienkampagne, die gleichermaßen auf elitärer Arroganz führender Redaktionen wie auf bizarrem politischem Aktionismus beruht. Sollte sich dieser Eindruck bestätigen - auch juristisch - wären die Folgen fatal.
Zu Recht hat der medial initiierte und inszenierte Rammstein-Skandal von Anfang an bei vielen Menschen Unbehagen ausgelöst. Es dürfte zum unternehmerischen Kalkül der meinungsführenden Redaktionen gehören, mit dieser Dissonanz zu spielen: Je krasser und aggressiver die Headlines, desto wahrscheinlicher die Zugriffe von Fans und Kritikern der erfolgreichsten deutschen Musikband.
Gut 70.000 hier, rund 250 dort – und fehlende Einordnungen
Es hat sich auch schon früh gezeigt, dass nicht jede Inszenierung und Skandalisierung, die noch auf Behauptungen weitgehend anonymer Akteure beruht, der Mehrheitsmeinung entspricht. Das muss auch nicht sein, wenn es um ethische Grundsatzfragen geht, bei denen demokratische Medien in ihrer Funktion als Kontrollinstanz auch mal Speerspitze gesellschaftlicher Werte sein müssen. Doch im Rammstein-Skandal ist das Gegenteil der Fall. Dazu später mehr.
Während die Medien mit immer neuen "Enthüllungen" aufwarten, die doch nur weitere Anschuldigungen Einzelner und damit bestenfalls Versatzstücke seriöser Recherche sind, zeigt sich im wirklichen Leben ein eindeutiges Meinungsbild; ein Plebiszit mit den Füßen, wenn man so will.
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Die jüngsten Konzerte von Rammstein fanden in den Olympiastadien von München und Berlin statt. Beide Arenen fassen gut 72.000 Zuschauer und waren ausverkauft. Eine Szene aus einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel – auch dazu gleich mehr – macht die Verhältnisse wohl ungewollt deutlich.
Es geht in dem Bericht um das jüngste Rammstein-Konzert in Berlin. 75.000 Menschen hätten auf der linksliberalen Kampagnenplattform Campact ein Verbot des Konzerts gefordert, heißt es dort, und weiter:
Weil sie nun doch stattfanden, ziehen am Samstagnachmittag rund 250 Demonstrierende von Theodor-Heuss-Platz zum Olympiastadion.
Das ist jetzt zwar für den neudeutschen Journalismus richtig gegendert, aber eine Einordnung fehlt völlig. Es geht auch anders. Während der Corona-Pandemie etwa berichtete der Spiegel von "kleinen Gruppen sogenannter Querdenker"; früher, 2015, als es um die rechtsgerichtete Pegida-Bewegung ging, sah das Nachrichtenmagazin "kleine Grüppchen von Islamfeinden".
Hier aber, beim ausverkauften Rammstein-Konzert in Berlin, fehlt eine solche offensichtliche Einordnung der Größenverhältnisse über die reine Nennung der Zahlen hinaus. Dafür werden die – da bleibe auch ich korrekt – Demonstrierenden akustisch aufgewertet: Dank ihnen "schallen Proteste über den Vorplatz des Stadions". So klingt groß, was klein war.
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