Warum die Anschlussverweigerung in Oranienburg ein Einzelfall bleiben dürfte

Angst vor Stromausfällen

Sparen beim Netzausbau gefährdet die Versorgungssicherheit, wie das Beispiel Oranienburg zeigt. Warum das Verweigern von Anschlüssen keine Lösung ist.

Wenn Stadtwerke von neuen Gewerbebetrieben und Wohngebieten mit zusätzlichem Strombedarf überrascht werden, können sie die entstehenden Versorgungslücken nicht auf die Kunden abwälzen und ihnen den Anschluss verweigern.

Auch der Versuch, die aktuelle Situation auf die politisch gewünschte Energiewende zurückzuführen, ist wohl kaum gerechtfertigt.

Stadtwerke Oranienburg: Anschlüsse vorübergehend nicht genehmigt

Im Falle der 1991 als kommunales Energieversorgungsunternehmen gegründeten Stadtwerke Oranienburg hat am 10. April 2024 gemeldet, dass Anmeldungen von Hausanschlüssen vorübergehend nicht mehr genehmigt werden können, da der Betreiber des vorgelagerten Hochspannungsnetzes kann keine zusätzliche Leistung zur Verfügung stellen könne.

Das Problem im Falle der Stadtwerke Oranienburg scheint jedoch nicht das Netz des vorgelagerten Netzbetreibers E.DIS, einer Beteiligungsgesellschaft aus dem E.ON-Konzern zu sein, sondern das fehlende Umspannwerk, das benötigt wird, um den Strom aus dem vorgelagerten Netz für das Verteilnetz der Stadtwerke zu transformieren.

Politische und regulatorische Antworten auf Netzengpässe

Die für die Regulierung der Stromnetze zuständige Bundesnetzagentur hat im Kontext der Verweigerung der Anschlüsse durch die Stadtwerke Oranienburg mitgeteilt, dass dieses Vorgehen nicht zulässig ist und die Stadtwerke jetzt kurzfristig das Problem beseitigen müssten.

Aus Sicht der Bundesnetzagentur müssen allerdings unmittelbar kurzfristige Lösungen gefunden werden. Die Stadtwerke Oranienburg und die E.DIS sind daher in der Pflicht und wurden auch durch die Bundesnetzagentur aufgefordert, nach Übergangslösungen zu suchen, um schnellstmöglich wieder neue Anschlüsse ermöglichen zu können. […]

So werden derzeit beispielsweise das Aufstellen von Batteriespeichern und Erzeugungsanlagen oder auch Vereinbarungen mit einzelnen Großkunden geprüft. Die Bundesnetzagentur unterstützt hierbei die beiden Netzbetreiber und steht in einem ständigen Austausch.

Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) gibt der Bundesnetzagentur rechtliche Möglichkeiten zur Kontrolle und Durchsetzung gesetzlicher Verpflichtungen der Netzbetreiber an die Hand. Soweit festgestellt werden müsste, dass auch in Anbetracht der nunmehr eingetretenen Situation keine effektiven Abhilfemaßnahmen seitens der Verteilnetzbetreiber ergriffen werden, wird über aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu entscheiden sein.

Bundesnetzagentur

Diese als Ankündigung von Zwangsmaßnahmen gegen einen zu lange untätig gebliebenen Netzbetreiber zu verstehende Feststellung der Bundesnetzagentur hat den Entscheidungsweg bei den Stadtwerken offensichtlich beschleunigt.

Finanzielle Weichenstellung: Oranienburg investiert in Infrastruktur

Die Versorgungslücke betrifft alle Neuanschlüsse und nicht nur den in der überregionalen Presse vielfach erwähnten Anschluss von Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur. Auch neue Gewerbe- und Industrieflächen können derzeit nicht an das Netz der Stadtwerke Oranienburg angeschlossen werden.

Da die Gemeinde mit der Erschließung von Gewerbe- und Wohngebieten üblicherweise so gut verdient, dass damit auch der Netzausbau durch die Stadtwerke finanziert werden kann, muss die Stadt ihren Stadtwerken jetzt kurzfristig die benötigten Mittel zur Verfügung stellen.

In einer Mitteilung der Stadtwerke heißt es:

Die Stadtwerke Oranienburg treiben seit 2023 den Neubau eines eigenen Umspannwerks voran, das voraussichtlich Ende 2026 den Betrieb aufnehmen wird. Dieses wird eine deutlich erhöhte Stromabnahme aus dem Hochspannungsnetz ermöglichen. Für den Neubau haben die Stadtverordneten am Montag mit ihrem Haushaltsbeschluss für das laufende Jahr insgesamt 13,8 Millionen Euro als Eigenkapital zur Verfügung gestellt.

Der Bau des Umspannwerks wurde offenbar sowohl durch Planungsverzögerungen als auch durch die notwendige Kampfmittelsuche vor Ort behindert, die nach Angaben der Stadtwerke aufwendiger war als anderswo.

Verpflichtungen und Aufsicht im regulierten Strommarkt

Mit der Liberalisierung der Stromversorgung wurde diese in die Bereiche Stromerzeugung bzw. Stromhandel, Messstellenbetreiber und Netzbetreiber aufgeteilt. Während die ersten beiden im Wettbewerb stehen, kann es auf der Netzebene keinen Wettbewerb geben, da es nicht praktikabel wäre, mehrere Netze parallel zu betreiben. Damit diese natürlichen Monopole nicht missbraucht werden, unterliegen die Netze der Aufsicht durch die Bundesnetzagentur.

Ein Netzausbau, dessen Kosten auf die Kunden umgelegt werden können, muss von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Bundesnetzagentur zu prüfen, ob ein Netzbetreiber seiner faktischen Netzausbaupflicht nachkommt.

Da die Einwohnerzahl Oranienburgs in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist, seien der Netzbetreiber und die Stadtwerke in der Pflicht, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Der Netzausbau müsse vor Ort bei der Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete mitgeplant werden.

Im Fall von Oranienburg gebe es keine Stromknappheit, sondern eine offensichtliche Vernachlässigung des Netzausbaus durch die Stadtwerke Oranienburg. Möglicherweise handelte es sich um lokales menschliches Versagen.