Warum eine Eiche nicht "Peter der Große" heißen darf

In der Westukraine werden jetzt sogar Bäume umbenannt, weil sie "totalitäre" Namen tragen. In Moskau wurde unterdessen die Leiterin einer ukrainischen Bibliothek wegen der Verbreitung nationalistischer Literatur verhaftet

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Im westukrainischen Ternopil wurden auf Anordnung des Stadtrates zwei Eichen umbenannt. Das geschah auf Grundlage des Gesetzes "zur Verurteilung von kommunistischen und nationalsozialistischen (nazistischen) Regimes in der Ukraine und dem Verbot der Propaganda ihrer Symbole". Die eine Eiche trug den Namen eines Partisanen, der gegen die deutsche Wehrmacht kämpfte (Sidor Kowpak). Sie heißt jetzt "König". Der andere Baum trug den Namen des russischen Zaren "Peter der Große" und heißt jetzt "Riese".

Das ukrainische Internetportal berichtete über die Umbenennung unter der Schlagzeile: "Zwei Eichen in Ternopil tragen jetzt nichtkommunistische 'Namen'."

Außer den Bäumen wurden auch Parks von Ternopil umbenannt. Der "Karl-Marx-Platz" trägt jetzt den Namen des ukrainischen Schriftsteller Taras Schewtschenko. Und der "Rote-Armee-Platz" wurde jetzt nach dem bei einem Autounfall zu Tode gekommenen ukrainischen Dissidenten und Oppositionspolitikers (Wjatscheslaw) Tschornowil benannt.

In Kiew sind berühmte sowjetische Mosaiken wie an der Schule Nr. 141 an der Rusanowka-Straße in Gefahr, in Folge des Anti-Totalitarismus-Gesetzes zerstört zu werden, berichtete eine ukrainische Journalistin.

Bild: Vyacheslav Chechilo

Gleichzeitig entstehen riesige, neue Wandgemälde mit ukrainischen Trachten. Einigen Kiewer Liberalen geht das schon zu weit. So schrieb der Blogger Vyacheslav Chechilo auf Facebook:

Die ganze Geschichte der Ukraine in den letzten 25 Jahren ist eine einzige Flucht in die Vergangenheit. Wir verabschieden uns von der "sowkowi" (Schimpfwort für rückständig-sowjetisch) Industrie und den Menschen, die dort arbeiten, und kehren ins 19. Jahrhundert zurück. Das ist kein Problem. Und die Nachbarn helfen uns dabei mit Freude und nehmen sich auf dem Weg Teile von Territorien, die sich nicht angepasst haben. Aber wir werden, wie mir scheint, sehr enttäuscht sein von dem, was wir am Ende erhalten.

Vyacheslav Chechilo

Ermittler durchsuchen "Ukrainische Bibliothek" in Moskau

Während ukrainische Oppositionelle wütend sind über die Umbenennungen von Plätz und Straßen, erregen sich Moskauer Liberale über die Verhaftung der Leiterin der ukrainischen Bibliothek, Natalia Scharina am Mittwoch.

Anlass der Verhaftung war der Verdacht, dass sich in der von Scharina geleiteten Bibliothek Bücher von Dmitri Kortschinski befinden. Der Journalist und militante ukrainische Ultranationalist steht in Russland auf der Fahndungsliste. Gegen die Bibliotheks-Direktorin wird nun wegen dem Verdacht auf Anstachelung von nationalem Hass ermittelt.

Liberale russische Medien wie Lenta.ru waren schon im Frühjahr 2014 von der russischen Aufsichtsbehörde Roskomnadsor verwarnt worden, weil sie Interviews mit Vertretern des in Russland verbotenen Rechten Sektors veröffentlicht hatten.

An den Kämpfen vor Mariupol beteiligt

Wer ist nun Kortschinski, dessen Bücher man offenbar in der Moskauer "Ukrainischen Bibliothek" gefunden hat? Kortschinski, der in der Ukraine auch als Fernsehmoderator bekannt ist, leitete 1991 den militärischen Flügel der nationalistischen westukrainischen Organisation UNSO. 1992 kämpfte er an der Seite ukrainischer Freiwilliger in Transnistrien gegen die Moldau-Streitkräfte. 1999 gründete er die ultranationalistische Organisation Bratstwo (Brüderlichkeit), die sich am sich 1. Dezember 2013 mit Stahlketten und Molotow-Cocktails vor dem Amtssitz des damaligen Präsidenten Viktor Janukowtisch in Kiew eine Schlacht mit der Polizei lieferte (Hass auf Moskauer, Juden und "andere Unreine").

Kortschinski stand an dem Tag auf einem Schaufellader, der auf die Polizeiketten zufuhr. Im September 2014 kämpfte Kortschinski zusammen mit seinen Kameraden von "Bratstwo" vor Mariupol gegen die Aufständischen der "Volksrepublik Donezk".