Warum massenhafte Corona-Tests von Kindern zweifelhaft sind
- Warum massenhafte Corona-Tests von Kindern zweifelhaft sind
- Welchen Nutzen haben flächendeckende Tests an Schulen und Kitas?
- Die negativen Konsequenzen falsch-positiver Testergebnisse
- Ansteckende Kinder durch Schnelltests nicht zuverlässig identifiziert
- Tests geben keine Sicherheit, nicht ansteckend zu sein
- Schnelltests an Schulen und Kitas: das sagen die Fachgesellschaften
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Zu diagnostischen Problemen an Schulen und Kitas
Aktuell läuft eine große Werbekampagne der Landesregierungen: Schülerinnen und Schüler sowie Kindergartenkinder sollen flächendeckend mit Schnelltests auf Infektionen mit dem Corona-Virus getestet werden. So heißt es in einem offiziellen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 1. März zu den Öffnungsperspektiven von Schulen:
An erster Stelle stehen künftig dabei durch den Bund zu finanzierende flächendeckende Testmöglichkeiten für das an Schulen tätige Personal sowie perspektivisch auch für Schülerinnen und Schüler
Auf dem letzten Bund-Länder-Gipfel zur Pandemie fand dieser Vorschlag Zustimmung. Es wurde vereinbart, dass das Personal in Kitas und Schulen sowie alle Schülerinnen und Schüler ein Angebot von mindestens einem kostenlosen Schnelltest pro Präsenzwoche erhalten sollen.
In manchen Bundesländern wie in Bayern soll an Schulen sogar zum Teil noch engmaschiger getestet werden. So wird der bayerische Kultusminister Michael Piazolo in BR24 so zitiert:
Das Testkonzept hat laut Piazolo zum Ziel, dass Lehrkräfte und Schulpersonal mindestens zweimal pro Woche getestet werden. Schüler ab 15 Jahren sollen sich künftig einmal pro Woche testen lassen, bei den jüngeren Schülern werde noch überlegt.
Die Fragwürdigkeit flächendeckender Tests an Schulen und Kitas
Solche Aussagen aus der Politik sind äußerst überraschend. Denn in Fachkreisen gilt die altbekannte Tatsache, dass bei flächendeckenden Tests Vorsicht geboten ist. So sagte Gerd Gigerenzer, ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Direktor des Harding-Zentrum für Risikokompetenz an der Universität Potsdam, bereits im Jahr 2008 in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel:
Eines muss man wissen: Die meisten Screening-Verfahren liefern viele falsch positive Ergebnisse, also Fehlalarme. Das zeigt sich wieder am Beispiel des Mammografie-Screenings: Wenn bei zehn Frauen etwas Verdächtiges gesehen wird, stellt sich bei weiteren Untersuchungen heraus, dass gerade mal eine davon tatsächlich Krebs hat. Neun sind gesund und hätten sich eigentlich gar keine Sorgen machen müssen. Daran sieht man, dass Tests Risiken haben können: Sie können auch Menschen verunsichern, die gesund sind.
Insbesondere wurden bereits vor der Corona-Pandemie die mit Schnelltests verbundenen Gefahren ausführlich thematisiert. So heißt es beispielsweise in der "Unstatistik des Monats" des Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Bezug auf die seit Oktober 2018 frei verkauften HIV-Schnelltests (gekürzt wiedergegeben):
Seit Oktober dürfen dazu in Deutschland HIV-Schnelltests frei verkauft werden, die man in Apotheken, Drogerien oder über das Internet bestellen und anonym selbst durchführen kann. Leider wird aber nicht verständlich erklärt, was [ein positives] Ergebnis bedeutet. Man liest in der Gebrauchsanweisung nach, was es bedeutet. Dort steht: Sie sind wahrscheinlich HIV-positiv. Viele Menschen denken, das bedeutet, eher infiziert zu sein als nicht. Die Gebrauchsanweisung gibt zusätzlich auch in Zahlen an wie gut der Test ist: Sensitivität: 100 Prozent, Spezifität: 99,8 Prozent.
Wie hoch ist nun wirklich die Wahrscheinlichkeit HIV-infiziert zu sein, wenn ein positives Testergebnis vorliegt? Diese ist nicht 100 Prozent und auch nicht 99,8 Prozent. Sie ist auch nicht in der Gebrauchsanweisung zu finden, noch wird dort erklärt, wie man sie bestimmen könnte. Eine Überschlagsrechnung kann die Antwort geben. "Sie sind wahrscheinlich HIV-positiv" bedeutet [in dieser Überschlagsrechnung], dass die Wahrscheinlichkeit bei nur etwa 8 Prozent liegt, dass man infiziert ist. Anders ausgedrückt, die Wahrscheinlichkeit beträgt 92 Prozent, dass man nicht infiziert ist, wenn man im Schnelltest positiv testet.
Die Gebrauchsanweisung sagt, dass man sich bei einem positiven Test so schnell wie möglich an einen Arzt wenden soll. Das ist sinnvoll. Nur zeigen Studien in Deutschland, dass beispielsweise die Mehrzahl der AIDS-Berater an Gesundheitsämtern selbst nicht gelernt haben, Gesundheitsstatistiken zu verstehen und glauben, dass es keine "Falsch-Positive" gäbe. In ähnlichen Situationen haben Menschen über Suizid nachgedacht und auch begangen - obgleich sie tatsächlich nicht infiziert waren - um Stigma und sozialer Diskriminierung zu entgehen, die immer noch mit AIDS verbunden sind.
Im Folgenden sollen daher die diagnostischen Probleme flächendeckender Corona-Schnelltests an Schulen genauer beleuchtet werden.
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