Was die Krankenhausreform für Patienten bedeutet
Krankenhausreform soll Qualität steigern. Viele sehen Lauterbachs Pläne skeptisch. Werden Wege zu Fachärzten künftig länger? Ein Überblick.
Die Krankenhausreform soll die Qualität der Versorgung verbessern und eine flächendeckende Versorgung sicherstellen. Doch was bedeutet das konkret für die Patienten? Eine Umfrage der Techniker Krankenkasse zeigt: Viele sehen die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit gemischten Gefühlen.
Rund 66 Prozent der Befragten rechnen damit, dass die Wege zu Fachärzten länger werden. Nur fünf Prozent glauben, dass sie kürzer werden. Der Grund: Die Reform sieht vor, dass komplizierte Eingriffe künftig nur noch in spezialisierten Kliniken durchgeführt werden sollen.
Entfernung zum nächsten Krankenhaus darf 30 Minuten nicht überschreiten
Gleichzeitig soll aber eine wohnortnahe Grundversorgung gewährleistet bleiben. Krankenhäuser mit Abteilungen für Innere Medizin und Allgemeinchirurgie sollen deshalb für jeden Bürger innerhalb von 30 Minuten mit dem Auto erreichbar sein, heißt es im Gesetzentwurf. Was aber, wenn das Krankenhaus vor Ort keine Geburtshilfe oder Krebstherapie mehr anbieten darf?
Gerade im ländlichen Raum dürfte die Reform mit Unmut aufgenommen werden. Wird etwa die Entbindung eines Kindes in der Nähe ihres Wohnortes möglich sein oder müssen werdende Eltern weite Wege auf sich nehmen? Solche Ängste sind keine Einzelfälle, denn laut dem TK-Monitor befürchten 66 Prozent längere Anfahrtswege und 36 Prozent der Befragten rechnen mit längeren Wartezeiten auf Termine und Behandlungen.
Arbeitsbedingungen für Ärzte und Pfleger sollen sich verbessern
Um die Qualität zu verbessern, sollen die Kliniken künftig auch mehr Geld für die Vorhaltung von Personal, Notfallambulanzen und Technik erhalten. Dennoch rechnet ein Drittel der Befragten mit weiteren Personalengpässen in den Krankenhäusern.
Die Bundesregierung hofft jedoch, dass durch die neue Finanzierung mehr Personal eingestellt werden kann und sich dadurch auch die Arbeitsbedingungen für Ärzte und Pfleger verbessern.
Rund ein Viertel der Befragten erwartet wiederum, dass die Reform die Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung verbessern wird. Fast ebenso viele erwarten jedoch eine Verschlechterung.
Lesen Sie auch
Elektronische Patientenakte: Warum der verschobene Start für viele Ärzte keine Enttäuschung ist
Gefährlicher Schlaf: Wie Melatonin zum Risiko wird
Eier-Verzehr stärkt geistige Fitness im Alter
Gesundheitsstudie: 4.000 Schritte täglich senken Herzinfarkt-Risiko deutlich
Gesund durch den Winter: Wie man mit Wurzelgemüse das Immunsystem stärkt
Kritiker warnen vor Kliniksterben und Unterversorgung auf dem Land
Es gibt auch viel Kritik an der Reform. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sieht in den Plänen einen Schaden für Patienten und den ländlichen Raum. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt vor einer "kalten Marktbereinigung" und fordert einen Inflationsausgleich für klamme Kliniken.
Ärzte und Patientenschützer kritisieren zudem, dass es nach wie vor kein ausreichendes Qualitätsmanagement gebe. Zu viele Kliniken arbeiteten ineffizient, der ökonomische Druck gehe auch nach der Reform zulasten von Patienten und Personal, so die Kritik der Krankenkasse AOK.
Vor allem in ländlichen Regionen wird eine Unterversorgung befürchtet, wenn viele kleine Häuser die hohen Qualitätsanforderungen nicht erfüllen können und schließen müssen. Die Reform sieht zwar auch Ausnahmen für bedarfsnotwendige Kliniken auf dem Land vor, dennoch bleiben Zweifel.
Lauterbach verspricht Qualitätsschub ohne Abstriche bei der Erreichbarkeit
Die Bundesregierung hat sich am Dienstag auf die endgültige Fassung der Krankenhausreform geeinigt, die Ende Oktober im Bundestag verabschiedet werden soll. Lauterbach betonte, dass die Grundzüge der Reform beibehalten und sinnvolle Anregungen, insbesondere zur ambulanten fachärztlichen Versorgung im ländlichen Raum und zur Versorgung von Kindern, aufgenommen worden seien.
Zu den wichtigsten Neuerungen gehören die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante fachärztliche Leistungen in unterversorgten Gebieten, die Stärkung der Behandlungsmöglichkeiten für Kinder sowie klare Qualitätsvorgaben für alle Krankenhäuser.
Nach langen Verhandlungen soll die Reform Ende des Jahres in Kraft treten. Dann sollen Patienten besser erkennen können, welches Krankenhaus welche Leistungen in welcher Qualität anbietet. So sollen sie eine informierte Wahl treffen können.
Trotz aller Bedenken und Kritik ist man sich einig, dass sich etwas ändern muss, um die Krankenhäuser zukunftsfähig zu machen. Ob die Reform ein "Durchbruch" wird, wie Lauterbach ankündigte, oder eine "Verschlimmbesserung", muss die Praxis zeigen. Entscheidend wird sein, ob am Ende die Qualität beim Patienten ankommt, ohne dass die Erreichbarkeit auf der Strecke bleibt.