Was einen Angriff der Türkei auf Griechenland wahrscheinlich macht – und was dagegen spricht
Seite 3: Fernsehen und Presseberichten heizen Kriegsklima auf
- Was einen Angriff der Türkei auf Griechenland wahrscheinlich macht – und was dagegen spricht
- Ansprüche an Inseln und Forderung der Demilitarisierung
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Der über Reden und Meinungsäußerungen von Politikern und Militärs beider Länder als Fernduell ausgetragene Konflikt nimmt immer skurrilere Züge an. Wie es in solchen Fällen üblich ist, werden die Fernsehsendungen des jeweils anderen Landes dabei auf die besonders extremen Verbalattacken zusammengeschnitten und dem heimischen Publikum vorgeführt. Das heizt das Klima zusätzlich auf.
Erdoğan indes drohte mit auf Griechisch verfassten Tweets, inklusive Kriegsdrohung: "Wir warnen Griechenland erneut, besonnen zu sein und von Träumen, Rhetorik und Handlungen abzusehen, die es zu Ergebnissen führen könnten, die es bereuen wird – wie es vor einem Jahrhundert geschehen ist."
Erdoğan spielt damit auf die sogenannte Kleinasiatische Katastrophe an. Damals war die griechische Staatsführung mit Hilfe der Alliierten des Ersten Weltkriegs von Großmachtideen – der "Megali Idea" – verblendet und meinte, das zerfallende Osmanische Reich im Hauruckverfahren einnehmen zu können.
Ziel war es, das Byzantinische Reich zu restaurieren. Gleichzeitig mit der Invasion des griechischen Heeres kam es zu Aufständen der im Osmanischen Reich lebenden Armenier und Pontos-Griechen.
Die Jungtürken unter Mustafa Kemal Atatürk konnten den totalen Zerfall des Vielvölkerstaats des Osmanischen Reiches verhindern, gründeten die Türkei und holten zum Gegenschlag aus.
Die Affäre endete im Abbruch der Unterstützung Griechenlands durch die Alliierten und einer verheerenden griechischen Niederlage. Armenier und Pontos-Griechen, die beim zwischenzeitlichen Friedensvertrag von Sevres einen gemeinsamen, autonomen Staat zugesprochen bekamen, wurden Opfer ethnischer Säuberungen, die genozidales Ausmaß annahmen.
Zwischen Griechenland und der Türkei fand ein Bevölkerungsaustausch statt. Das geschlagene Griechenland musste ein Drittel seiner Nachkriegsbevölkerung als Flüchtlinge aus der heutigen Türkei aufnehmen.
Dennoch gibt es auch heute noch in Griechenland "Falken". Einer von ihnen ist Konteradmiral a.D. Giannis Engolfopoulos. Im Fernsehen erklärte er, es würde ihn freuen, wenn die Türkei angreife, weil dies in einer massiven Niederlage Ankaras enden werde.
Das Klima hat sich also gefährlich aufgeheizt, beide Seiten stacheln sich immer weiter auf. Keiner der Bündnispartner beider Länder greift ein. Die Kriegsgefahr in der Ägäis steigt von Tag zu Tag.