Was steckt hinter dem Libanonkrieg?
Ein Versuch, den Libanon-Krieg rational zu erklären
Was steckt hinter dem neuen Libanonkrieg? Was sind die wirklichen Kriegsgründe? Was die finalen Kriegsziele? Die bisherigen offiziellen Erklärungen taugen nicht viel. Eine bessere Erklärung betrachtet diesen Krieg im größeren Kontext:
- Der Libanonkrieg ist ein Vorab-Präventivkrieg zum bevorstehenden direkten Präventivkrieg gegen den Iran: Mithilfe des Libanonkriegs wollen die USA & Israel ihre Ausgangsposition im Krieg gegen den Iran optimieren.
- Die geplante UN-Stationierung von Truppen (inklusive von Truppen aus NATO-Staaten) im Libanon ist eine wesentliche Komponente dieser Strategie.
Man beachte: Im Folgenden geht es nicht um die Moral des Libanonkrieges, nur um dessen rationale Erklärbarkeit, d.h. seine Verstehbarkeit (zur Moral siehe den Telepolis-Artikel Ein Recht auf Notwehr? von Bettina Köthke vom 26.07.2006 und von Florian Rötzer: Von der Moral im Krieg. Zu der hier vorausgesetzten Prämisse, wonach „Bomben auf den Iran?“ keine offene Frage mehr ist, siehe meinen eigenen Telepolis-Artikel vom 18.01.06.)
1 Unglaubwürdige Kriegsgründe
Die bisher vorgebrachten offiziellen Kriegsgründe sind, wie dieser Abschnitt 1 zu begründen sucht, nicht glaubwürdig. Sie passen insbesondere nicht zur Art und Weise, wie Israel diesen Krieg führt.
1.1 Läuft die israelische Kriegsmaschinerie schlicht Amok? Das wäre möglich. Aber das vertrüge sich nicht mit der Tatsache, dass dieser Krieg schon seit Jahren vorbereitet worden war.
Die Kriegsvorbereitungen laufen bereits seit dem Mai 2000, d.h., seit dem letzten Rückzug Israels aus dem Libanon:
In a sense, the preparation (for the Lebanon assault) began in May 2000, immediately after the Israeli withdrawal when it became clear (that) the international community was not going to prevent Hezbollah from stockpiling missiles and attacking Israel. By 2004, the military campaign ?was? scheduled to last about three weeks … and, in the last year or two, it’s being simulated and rehearsed across the board.
Gerald Steinberg, Senior Research Associate am BESA Center for Strategic Studies; zitiert nach Stephen Lendman: The Crime of Lebanon and Palestine. Are Iran and Syria Next?
Zudem waren die Pläne für diese Invasion, wie der San Francisco Chronicle berichtet, spätestens seit letztem Jahr mit Israels Verbündeten, primär den USA, besprochen, wenn nicht abgestimmt worden:
More than a year ago, a senior Israeli army officer began giving PowerPoint presentations, on an off-the-record basis, to U.S. and other diplomats, journalists and think tanks, setting out the plan for the current operation in revealing detail. … It is a long-planned war to increase Israel’s ascendancy over Hizbullah and its patrons.
Und Wesley Clark, der US-General, der 1999 den NATO-Angriff auf Serbien-Montenegro dirigiert hatte, berichtet in seinem Buch Winning Modern Wars (2003), dass im Pentagon schon im November 2001 an einem Fünf-Jahres-Plan gearbeitet wurde, der insgesamt Kriege gegen sieben Länder vorsieht: „beginning with Iraq, then Syria, Lebanon, Libya, Iran, Somalia und Sudan:“
1.2 Sicher ist jedenfalls, dass sich dieser neue Libanonkrieg nicht allein als eine direkte israelische Reaktion auf die Tötung von drei und die Gefangennahme von zwei israelischen Soldaten durch die Hisbollah-Miliz an der Grenze zum Libanon am 11. Juli 2006 verstehen lässt (genau so wenig, wie sich erst zwei Wochen zuvor (25. Juni 2006) die Wiederbesetzung des Gazastreifens allein als eine unmittelbare Reaktion auf die Gefangennahme eines israelischen Soldaten durch die Hamas erklären lässt).
Das sehen inzwischen auch Vertreter Israels so. Auch öffentlich: „Hätte Israel die Aktion gegen Hisbollah auch ohne die Entführung der beiden Soldaten begonnen?“ Diese Frage der LVZ (Leipziger Volkszeitung) vom 25.07.06 beantwortet Ilan Mor, stellvertretender Botschafter Israels in Deutschland, mit einem klaren: „Ja, davon bin ich überzeugt.“ Der Christian Science Monitor bringt es perfekt auf den Punkt:
Hizbullah created this crisis. Israel is defending itself. The underlying problem is Arab extremism. Sadly, this is pure analytical nonsense.
Mit anderen Worten: Die Gefangennahme der zwei Soldaten war nicht Kriegsgrund, vielmehr lediglich der – allenfalls für die ersten Tage als ‚medialer Grund’ nutzbare und vielleicht (vgl. 1.1 oben) gar willkommene – Auslöser für den bereits vorher feststehenden Krieg.
1.3 Wenn diese Gefangennahme der Kriegsgrund wäre, dann wäre Israels Kriegsreaktion darauf nicht nur irgendwie unverhältnismäßig, sondern absolut unverhältnismäßig. Jeder Versuch, das Ausmaß der israelischen Gewalt gegen den Libanon allein mit Verweis auf die Gefangennahme zweier Soldaten zu rechtfertigen, wäre – und ist – von A bis Z unglaubwürdig (unglaubwürdig vor allem dann, wenn Israel tatsächlich Wert darauf legt, die gefangenen Soldaten auch lebendig wieder zu bekommen).
Mit von Anfang an unglaubwürdigen Erklärungen sollten wir uns nicht abspeisen lassen. Vor allem in Kriegszeiten nicht.
1.4 Einen weiter reichenden Grund formuliert Ilan Mor in dem bereits zitierten Interview so:
Denn die Hisbollah hat sich mit Hilfe Irans und Syriens im Südlibanon immerhin als Staat im Staat etabliert. Es musste also eine adäquate Antwort auf diese Herausforderung geben.
Auch das allein klingt aber unglaubwürdig: Israels Armee vernichtet zur Zeit weniger die Hisbollah als den Libanon selbst. Die Zerstörung des Libanon – ein „adäquates“ Mittel, um seine Souveränität wieder herzustellen? Das wäre nicht weniger absurd als die US-Strategie aus dem Vietnamkrieg, Dörfer durch deren Zerstörung vom Vietkong zu „befreien“.
1.5 Bei den (prima vista) plausibelsten Kriegsgründen geht es um die direkte Bedrohung Israels durch die primär im Südlibanon agierende Hisbollah-Miliz, speziell durch deren (aus dem Iran stammende und über Syrien gelieferte) zahlreiche Raketenwaffen. Es sollen – die Schätzungen variieren sehr stark – zwischen ein paar Tausend und mehr als 20 000 (gewesen) sein. Die meisten dieser Raketen sind kleinen Kalibers und, anders als die Hightech-Geräte auf der anderen Seite, höchst zielungenau.
Der neue Libanon-Krieg ist, so dessen plausibelste offizielle Standardbegründung, Israels Reaktion auf diese Raketen.
1.6 Israels Reaktion auf diese Raketen – das kann viererlei heißen, je nachdem, ob Israels Angriffe
(i) Israels Vergeltung (bzw. Rache) für die über die letzten Jahre hinweg immer wieder erfolgten Raketenabschüsse der Hisbollah auf israelisches Gebiet oder
(ii) eine Reaktion auf die jüngsten Einsätze dieser Waffen vor dem 12. Juli sein sollen; oder ob sie
(iii) einem unmittelbar bevorstehenden Angriff mit diesen Raketenwaffen zuvorkommen sollten; oder ob sie
(iv) eine Vorabreaktion schon allein auf den Besitz dieser Waffen, also auf den potentiellen Einsatz dieser Waffen sein sollten, d.h. eine Reaktion auf deren bloßes Bedrohungspotential.
1.6.1 Zu (i) – Vergeltungsakt für frühere Angriffe. So werden die israelischen Angriffe auf den Libanon zwar oft präsentiert. Die Hisbollah-Aktion vom 11. Juli war dann sozusagen nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Mit Vergeltung allein würde sich aber das Ausmaß der ausgeübten israelischen Gewalt nie und nimmer erklären lassen, jedenfalls nie und nimmer glaubhaft.
1.6.2 Zu (ii) – Klassischer Verteidigungsfall. Der Neue Libanon-Krieg kann von Seiten Israels auch keine Reaktion auf den Einsatz dieser Raketen sein. Vor der Gaza-Eskalation (mit Beginn am 25. Juni 2006) war die Lage im Norden Israels relativ ruhig, von wenigen kleineren Zwischenfällen abgesehen. In größerem Maße wird Nord-Israel erst nach seinem Angriff auf den Südlibanon mit Hisbollah-Raketen beschossen.
1.6.3 Zu (iii): Der neue Libanon-Krieg ist auch kein (traditioneller) Präventivkrieg gegen die Bedrohung Israels durch die Hisbollah. Von einem unmittelbar bevorstehenden größeren Raketen-Schlag der Hisbollah auf Israel konnte keine Rede sein. Das muss auch Israel klar gewesen sein.
Zwar hatte die Hisbollah den Einsatz ihrer Raketen tatsächlich angedroht – aber nur als Vergeltung für Angriffe. Für die Hisbollah dürften diese Waffen eher ein Mittel der Abschreckung israelischer Angriffe gewesen sein, nicht so sehr Erstangriffswaffen – von dem Psychoterror ihres sich über Jahre erstreckenden sporadischen Einsatzes abgesehen.
1.6.4 Zu (iv): Strategien können sich ändern. Auch die der Hisbollah. Was – so würde die entsprechende Frage vor dem Libanonkrieg gelautet haben – was, wenn deren Raketen massiv zu einem Angriff auf Israel eingesetzt würden? Was dann?
Würde Israel warten müssen, bis die Hisbollah ihre Raketenwaffen abschießt, wäre es für deren Abwehr zu spät. Diese Raketen – fast ausschließlich kleinere Kurz- und Mittelstreckenraketen – sind wegen ihrer kurzen und niedrigen Flugbahn auch von der besten (d.h., amerikanisch-israelischen) Raketenabwehr nicht erfassbar. Also, so sagt die militärische Sicherheitslogik: nicht abzuwarten, ist besser. Also: Ein umfassender Präventivschlag ist vernünftig.
1.7 Dieser Logik zu folgen, liegt in Israels Lage nahe. Zudem hat Israel mit Präventivaktionen bisher beste Erfahrungen gemacht hat. Das mit Blick auf den Iran derzeit relevanteste Musterbeispiel für einen Präventivschlag ist Israels Zerstörung des irakischen Atomreaktors Osirak I im Juni 1981. Zwar folgte auf diesen Präventivschlag ein weltweiter Aufschrei der Empörung. Aber das ist Schnee von gestern. Heute gilt dieser Angriff (zumindest aus westlicher Perspektive) als das Paradigma für eine gerechtfertigte Prävention. Immerhin hat diese Aktion Saddam Husseins Griff nach der Atomwaffe verhindert
1.8 Zwischen diesem Präzedenzfall von 1981 und dem jetzigen Libanon-Krieg gibt es aber große Unterschiede. Der hier wichtigste: Für die Zerstörung des irakischen Atomreaktors Osirak I reichte tatsächlich eine einzige, präzise gesteuerte und genau terminierbare Aktion. Die Hisbollah hingegen und deren Waffen sind über den ganzen Südlibanon, Südbeirut und Teile der Bekaa-Ebene verteilt. Kann die Erwartung, dass man sich mit Hilfe einer begrenzbaren Präventivoffensive – zunächst primär der Luftwaffe, dann zusätzlich der Bodentruppen – auch eines solchen verstreuten Bedrohungspotentials entledigen könne, überhaupt realistisch sein?
Nicht, wenn man die geographischen und ethnischen Besonderheiten des Südlibanon kennt. Das Gebiet ist perfektes Guerillaland (felsige Berge mit zahlreichen Schluchten); die Hisbollah-Miliz selbst: der sprichwörtliche Mao-Tse-Tung-Fisch im Wasser einer weitgehend schiitischen Bevölkerung. Die Israelis kennen diese Besonderheiten nur allzu gut. Oder sollten sie etwa völlig vergessen haben, dass sie im letzten Libanonkrieg das gleiche Ziel (bei einem noch sehr viel schwächeren Gegner) nicht einmal in 18 Jahren geschafft hatten? Das scheint mir ganz ausgeschlossen (vgl. freilich das Zitat von 1.1 oben: „the military campaign (was) scheduled to last about three weeks.” Zu diesem Widerspruch siehe 1.9 unten.)
War die Ankündigung zu Beginn der Offensive, die Hisbollah innerhalb von 3 Wochen vernichtend schlagen zu können, nur eine akzeptanzheischende Propaganda? Ihr Hauptzweck war wohl der, unter allen Umständen zu verhindern, dass Israels Verbündete den zu erwartenden verbalen Forderungen der Weltöffentlichkeit nach einer Beendigung der Offensive zu rasch nachgeben würden. Zu rasch wofür? (Inzwischen bin ich überzeugt: Zu rasch besagt hier: Ehe sich „die Welt“ davon überzeugen lässt, dass die Stationierung von „robusten“ Truppen an der Südgrenze des Libanon notwendig ist. Vgl. unten 4.5 – 4.11)
1.9 Es gibt freilich – worauf dankenswerterweise wiederum Ilan Mor in seinem LVZ-Interview hingewiesen hat – einen wichtigen Unterscheid zwischen der Zeit des vorigen Libanonkrieges und heute:
(i) „Israel hatte damals (1982-2000) das Risiko, vom libanesischen Territorium aus bedroht zu werden, reduziert, aber nicht vollständig beseitigt.“
(ii) „Heute haben wir … eine veränderte Situation – dahingehend, dass das Verständnis für die israelische Politik gewachsen ist. Nach dem 11. September verstehen viele europäische Regierungen – die amerikanische ohnehin – , dass Israel nicht nur sein Recht auf Selbstverteidigung wahrnimmt, sondern dass es sich bei der jetzigen Aktion um klare Terrorismusbekämpfung handelt.“
Kriege gegen Terroristen, so heißt das im Klartext, unterliegen nicht den gleichen Beschränkungen wie normale Selbstverteidigungskriege. Das hat Europa im letzten Libanonkrieg noch nicht so gesehen. Jetzt – nach dem 11. September 2001 – ist das anders. Jetzt braucht sich Israel (auch aus europäischer Sicht) nicht mehr an die Beschränkungen zu halten, die schuld daran waren, dass nicht schon damals das Hisbollah-Bedrohungsrisiko möglichst stark minimiert werden konnte.
1.10 Auch diese Sicht erklärt zwar einiges, aber wiederum nicht, warum Israel das damals Versäumte gerade jetzt nachholt. Warum ist Israel gerade jetzt dazu bereit, einen Krieg gegen die Hisbollah bzw. gegen den Libanon zu eröffnen – was ja auch heißt, gerade jetzt seine eigene Bevölkerung der Gefahr größerer Gegenschläge von Seiten der Hisbollah auszusetzen?
Gibt es (aus israelischer Sicht selbst, wohlgemerkt) etwas, was uns auch diesen Aspekt erklärt?
1.11 Die Liste so genannter hier eventuell relevanter „Hidden Agendas“ könnte lang sein. Hier nur ein Auszug:
(i) Die Rückkehr der israelischen Armee in den Gazastreifen und die Eröffnung der Libanonfront stehen in enger Verbindung. Palästina steht derzeit nicht mehr im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Soll das so sein? Sollen hinter dem Rücken der Weltöffentlichkeit in Palästina weitere Fakten geschaffen werden, die … die was bewirken?
(ii) Bereitet sich Israel auf weitere Annexionen vor?
(iii) Will Israel im Libanon den Machtfaktor spielen, den vor der Zedernrevolution im letzten Jahr Syrien gespielt hatte?
(iv) Bereitet sich Israel auch auf einen Krieg gegen Syrien vor? Etc.
Spekulationen, gewiss. Was aber nicht heißt, dass sie nicht auch zutreffen könnten. Wir werden es ja bald sehen.
1.12 Jedenfalls: Irgendetwas Größeres, einen umfassenderen Kontext, brauchen wir, damit uns der neue Libanonkrieg auch aus israelischer Sicht als verstehbar (= als subjektiv rational) erscheint. Und zwar nicht ein geschönter Libanonkrieg, sondern genau der, der jetzt geführt wird. Mit anderen Worten: Gesucht ist eine rationale Erklärung, die sogar dem hässlichsten Aspekt dieses neuen Krieges – d.h., der unübersehbaren Diskontierung so genannter Kollateralschäden – möglichst weitgehend Rechnung trägt.
Gibt es einen Kontext, der verständlich macht, warum Israel diese hässliche Seite selber bewusst in Kauf nimmt? Ja, es gibt ihn1:
2 Der Iran-Krieg
Für eine ausführlichere Begründung zu diesem Abschnitt 2 siehe: Bomben auf den Iran.
2.1 Der Libanon-Krieg ist nicht nur ein direkter Präventivkrieg gegen die Bedrohung durch die Hisbollah; er ist vor allem ein indirekter Präventivkrieg gegen eine aus israelischer Sicht sehr viel größere Bedrohung: nämlich gegen die durch den Iran. Eine einzige iranische A-Bombe auf Tel Aviv – und der Staat Israel ist Vergangenheit. Der anti-israelische Iran ist dabei, sich die Voraussetzungen für den Bau einer solchen Bombe zu verschaffen. Also … Für Israel ist die Entwicklung von Nuklearwaffen durch den Iran ein casus belli.
2.2 Für die USA auch. Für diese auch noch aus weiteren Gründen: Ein Iran mit Nuklearwaffen
- gefährdet die Realisierung des ganzen Konzepts eines Neuen Mittleren Ostens, d.h. einer politischen und wirtschaftlichen Neuordnung des größeren Mittleren Ostens nach US-amerikanischen Vorstellungen.
- beeinträchtigt damit auch den Kern der ganzen Geopolitik der USA (den Aufstieg Chinas beispielsweise können die USA nur dann bremsen, wenn der Iran über die Verwendung seiner Öl- und Erdgasvorkommen nicht selber verfügen kann. Hat der Iran erst einmal Atomwaffen, ist seine Erpressung nicht mehr so einfach.)
- bedeutet für den ganzen Westen den Terrorismus-Albtraum schlechthin. (Nuklearwaffen in den Händen des Iran bedeuten über kurz oder lang auch: Nuklearwaffen in Händen von Terroristen.)
Aus jedem dieser Punkte folgt der militärischen Logik zufolge ein weiteres „Also …“.
2.2 Aus der Sicht des Iran spricht umgekehrt alles dafür, sich die Option der nuklearen Wiederaufbereitung – und damit auch der (Möglichkeit der eigenständigen) nuklearen Bewaffnung – nicht nehmen zu lassen. Ohne diese Option sind die Souveränität und der wirtschaftliche wie geopolitische Aufstieg des Iran bedroht. Also …
Ein Krieg der USA und Israels gegen den Iran ist militärlogisch unvermeidlich. Bomben auf den Iran? Das ist keine offene Frage mehr.
3 Der Libanon-Krieg als Teil des Iran-Kriegs
3.1 Was hat der jetzige Libanon-Krieg mit dem bevorstehenden Iran-Krieg zu tun? Einiges.
Der Libanon-Krieg, so meine zentrale These, ist nur verstehbar unter der Voraussetzung, dass Israels Führung weiß, dass der Iran-Krieg bereits beschlossene Sache ist. Wobei dieses Wissen wohl kaum besondere kognitive Fähigkeiten verlangt, dürfte Israel an diesem Beschluss doch selbst mitgewirkt haben – mit Sicherheit aber über diesen Beschluss zumindest vorab informiert worden sein.
3.2 Meine Begründung für diese These ist – wie bei Schlüssen auf die beste Erklärung auch sonst – die übliche abduktive. Das heißt: Mit dieser These werden zentrale Aspekte des Libanonkriegs sehr viel einleuchtender, kohärenter und durchsichtiger als ohne sie. Die These liefert uns auch eine prognostische Perspektive dafür, wie es mit diesem Krieg in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen wird. ´ Der Erkenntniswert dieser Perspektive lässt sich an der Realität überprüfen. Die LeserInnen dieses Beitrags müssen und sollten dieser einfachen These nicht blind Glauben schenken. Sie mögen sie im Sinne einer Arbeitshypothese in den kommenden Wochen mit scharfem Blick selbst überprüfen.
3.3 Die durch alle bisher betrachteten potentiellen und offiziellen Kriegsgründe nicht beantwortete Frage ist diese:
Warum ein Krieg gegen die Hisbollah und den Libanon (und Palästina) gerade jetzt?
3.4 Nun, wenn Israel (weiterhin einfach als Kurzformel für: Israels politisch-militärische Führung) weiß, dass in Bälde Bomben auf den Iran fallen werden, welche Vorkehrungen sollte Israel dann rationaliter treffen?
3.5 Wie wird der Iran auf den Angriff der USA und/oder Israels (und evtl. weiterer williger Angreifer) reagieren?
Das hängt gewiss davon ab, (a) wer Angreifer sein wird und (b) welche der diversen Angriffsoptionen ‚umgesetzt’ werden.
Ad (a): Drücken nur israelische Kampfpiloten, U-Boot-Offiziere etc. auf die Abschussknöpfe? Oder nur amerikanische? Oder beide gemeinsam? Auch wieder englische? Weitere?
Ad (b): Geht es, um nur die Extreme zu benennen, „nur“ um die Option „Modell Osirak“ (vgl. oben 1.7) oder ist, wie schon einmal als ultima ratio, sogar das Hiroshima-Modell „auf dem Tisch“?
Wichtig ist hier primär dies: Bei all diesen Optionen – vom Hiroshima-Modell einmal abgesehen – ist eine Reaktion des Iran vorab ganz und gar sicher: Er wird auf die 50 Millionen Dollar setzen, die er, wie es heißt, jährlich in die Hisbollah investiert hat2 – und durch den Einsatz von deren Milizen den Norden Israels „destabilisieren“. Das ist/war so sicher wie bei uns das Amen in der Kirche. Die Raketen der Hisbollah sind/waren nicht nur die Abschreckungswaffe der Hisbollah; sie sind/waren auch als Abschreckungsmittel gegen einen israelisch-amerikanischen Angriff gegen den Iran konzipiert – und indirekt vielleicht auch zur Abschreckung eines Angriffs auf Syrien, Irans derzeitigen Verbündeten.
3.6 Also: Je näher der Irankrieg (bzw. ein Krieg gegen Syrien) rückt, desto vernünftiger ist es aus Israels Sicht, diese iranische Zweitschlagswaffe Hisbollah noch unbedingt vorher auszuschalten. Und zwar möglichst rasch und radikal.
Denn es ist klar, wie der Iran das Vergeltungspotential dieser Waffe, solange diese nicht völlig zerstört ist, zu maximieren versucht sein könnte: durch deren Aufrüstung auch mit nicht-konventionellem Vernichtungsmaterial (Bio, Chemo, Nuklear). Das Risiko, solches Material auch einem Verbündeten (zumal einem nicht-staatlichen wie der Hisbollah-Miliz) zu überlassen, mag „selbst einem Land wie dem Iran“ in normalen Zeiten als zu groß erscheinen; aber sobald es weiß, dass ihm seine zuverlässigste Zweitschlagwaffe insgesamt genommen werden soll, wird dieses Weitergaberisiko nicht mehr viel zählen. Also: Wenn und sobald Israel erst einmal begonnen hat, die iranisch-hisbollahnische Abschreckungswaffe zu zerstören, muss es diese Zerstörung auch möglichst vollständig und möglichst rasch zu Ende bringen.
Mit Blick auf den bevorstehenden Irankrieg ist der neue Libanonkrieg, Israels „strategische Überraschung“ (Josef Joffe), voll verständlich.
3.7 Militär-logisches Lemma: Kommt es zu einem Konflikt zwischen einer Chance zur Vernichtung bzw. zumindest Schwächung des Feindes einerseits und Kollateralschaden-Risiken anderseits, wird in dieser Zeitdrucksituation immer die erste Alternative (Vernichtung) gewinnen. Das ist keine Rechtfertigung für Kana; nur dessen rationale Erklärung.
3.8 Warum gerade jetzt? Das Netz um den Iran zieht sich weiter zusammen. Nach dem bekannten Muster ist vor dem Krieg selbst noch der UN-Sicherheitsrat-Countdown angesagt. Der UN-Sicherheitsrat hat Ende Juli Teheran zur Aussetzung der Urananreicherung eine Frist bis Ende August gesetzt und droht bereits mit Sanktionen.
Der Generaldirektor der IAEA wird aufgefordert, bis 31. August einen Bericht darüber vorzulegen, ob Iran eine „vollständige und dauerhafte“ Aussetzung vorgenommen habe. Für den Fall, dass Iran dem nicht nachkommt, bringt der Rat seine Absicht zum Ausdruck, „angemessene Maßnahmen“ nach Artikel 41 Kapitel VII der UN-Charta zu ergreifen.
Der Iran hält das für „nicht konstruktiv“ (a.a.O.) und lehnt diese Resolution ab. Wir kennen das Procedere. Einige Wochen, vielleicht gar Monate werden mit ihm ins Land ziehen. Wieder wird der Anschein erweckt, den Mächtigen läge alles daran, den Ultima-ratio-Fall zu verhindern; aber wieder könnte jeder, der sich für solche Dinge wirklich interessiert, erkennen, dass es darauf, ob der Sicherheitsrat einem Angriff auf den Iran zustimmt oder nicht, letztlich nicht ankommt. Die USA haben auch für den Iran-Fall schon mehrfach klar genug zu verstehen gegeben: Wir machen das notfalls auch alleine – auch ohne den Sicherheitsrat. Die USA haben ihre UN-Position – immer noch ohne explizite Zustimmung des Senats – entsprechend gut besetzt: Ihr Vertreter bei der UNO, John Bolton, ist zum einen deren entschiedenster Gegner und zum anderen zugleich einer der rührigsten Vertreter der Pro-Iran-Kriegsfraktion.
Auch Teheran könnte also, was auch Israel annehmen dürfte, zunehmend schließen, dass der Angriff auf Iran unvermeidbar ist. Damit nimmt wiederum der Präventionszeitdruck für Israel zur vorherigen Ausschaltung der iranisch-hisbollahnischen Zweitschlagoption zu. Genau darum: Prävention spätestens jetzt.
4 Die Lage
Wie stellt sich der bisherige Verlauf des Libanonkrieges dar – und zwar einerseits ohne die Iran-Perspektive und andererseits mit dieser? Und was ist von dieser Perspektive aus gesehen für den weiteren Verlauf dieses Krieges zu erwarten?
4.1 Ohne diese Perspektive ist dieser Krieg für Israel (und damit auch für die USA) bisher ein Fiasko. Von den offiziell verkündeten Kriegszielen (Gefangenenbefreiung; vollständige bzw. nahezu vollständige bzw. nachhaltige Vernichtung der Hisbollah und deren Infrastruktur) hat Israel bisher keines erreicht. Weitgehend zerstört hingegen ist die wirtschaftliche, politische und auch soziale Infrastruktur des Libanon – nicht die Hisbollah.
4.2 Mit der Irankriegs-Perspektive ergibt sich ein differenzierteres Bild. Aus deren Sicht ist das finale Kriegsziel die Verbesserung der (israelischen – und so auch amerikanischen) Ausgangsposition für den bevorstehenden Krieg gegen den Iran. Allgemeiner: Verbessert werden soll die Ausgangsposition Israels für die mit den geplanten Kriegen verknüpfte Gesamttransformation des Erweiterten Neuen Mittleren Ostens. Konnte Israel mit dem Libanonkrieg diese Ausgangsposition verbessern?
4.3 Die primär mit Blick auf den Irankrieg größte strategische Bedrohung für Israel war und ist: direkt vom Libanon aus durch für die israelische Raketenabwehr nicht abwehrbare Hisbollah-Raketenwaffen größerer – insbesondere: auch Tel Aviv erfassender – Reichweite bedroht zu werden, insbesondere durch Raketen mit nicht-konventionellen Sprengköpfen.
Absolut vorrangiges Kriegsziel des Libanonkriegs ist demnach die nachhaltige Eliminierung bzw. möglichst weitgehende Minimierung dieser Gefahr (absolut deshalb, weil an diesem Ziel die Existenz Israels hängt; vgl. 2.1.)
Vollständig erreicht wäre dieses absolut vorrangige Ziel genau dann, wenn
(a) (a.1) alle derartigen Raketen zerstört sind oder
(a.2) von ihnen das Kernland Israels nicht mehr erreicht werden kann, und wenn
(b) der weitere Nachschub solcher Raketen in den Libanon ausgeschlossen ist.
Was auch immer die weiteren Kriegsziele Israels sein mögen, Israels Libanonkrieg ist in dem Maße bezüglich seines absolut vorrangigen Kriegszieles erfolgreich als dieser Krieg diese Bedingungen (a) und (b) realisiert.
Man beachte: Dieses absolut vorrangige Kriegsziel kann erreicht werden, auch wenn keines der offiziellen (zum Teil schwächeren, zum Teil sehr viel mehr fordernden) Kriegsziele erreicht ist. Mit anderen Worten: Das Erreichen des absolut vorrangigen Ziels schließt das Fiasko (4.1) nicht aus. Man darf also aus dem Fiasko des Libanonkrieges nicht auf dessen Misserfolg schließen. Es kann sogar sein, dass aus rein militär-logischer Sicht der Erfolg (bezüglich des absolut vorrangigen Zieles) das Fiasko voraussetzt.3 Die Bedingung (b) – Unterbindung des Nachschubs – umfasst auch die Zerstörung möglicher Nachschubwege (Straßen, Brücken und Häfen), auch derer, die außerhalb des Südlibanon liegen, vielleicht auch solche in Syrien.4
4.4 Lemma 2: Das absolut vorrangige Kriegsziel wiegt auch das Fiasko auf. Auch diese Folgerung aus dem Lemma 1 (von 3.7 oben) ist keine Rechtfertigung, nur wieder eine rationale Erklärung.
4.5 Ist Israels Libanonkrieg bezüglich seines absolut vorrangigen Zieles ein Erfolg? Ist insbesondere die Bedingung (a) erfüllt?
Ad (a.1): Sind alle bis Tel Aviv reichenden Hisbollah-Raketen zerstört? Das weiß derzeit wohl niemand. Aber es ist sicher, dass sich die israelischen Luftangriffe auf die Stellungen dieser Raketen konzentriert haben. Diese Raketen und deren Stellungen sind ihrer Größe wegen gut identifizierbar; und so ist anzunehmen, dass der weitaus größte Teil dieser Waffensysteme zerstört sein wird. Ex post wird sich der Libanonkrieg bezüglich (a.1) als ein beträchtlicher israelischer Erfolg herausstellen. Insofern hat Israel – bezüglich dieser Raketenbedrohung – seinen Ausgangspunkt für den Irankrieg ohne Zweifel verbessert.
Gegenüber diesen Raketen mittlerer Reichweite sind die sehr viel zahlreicheren kleineren (zum Teil im Handgepäck transportierbaren) Raketengeschosse zwar schwer zu identifizieren; sie sind aber, selbst alle zusammen, nicht wirklich eine Gefahr für die Existenz Israels (das Wort Raketen bezieht sich im Folgenden nur noch auf Raketen im ersteren, unvergleichlich gefährlicheren Sinne. Konzentrieren wir uns nur noch auf diese).
Ad (a.2): Israel ist ein Eine-A-Bombe-Reicht-Land. (So schon in 2.1 oben.) Das erklärt, zusätzlich zur Erinnerung an den Holocaust, sein maximales Sicherheitsbedürfnis. Und dieses erklärt wiederum, weshalb Israel alles tut, um seine Sicherheit gegenüber der Bedrohung durch die Hisbollah-Raketen nicht nur durch deren Zerstörung zu maximieren, sondern – da eine vollständige Verifikation, dass wirklich alle Raketen zerstört sind, unmöglich ist – auch durch die Durchsetzung eines Sicherheitsstreifens zwischen Israel und dem Libanon. Dieser muss so definiert sein, dass sichergestellt ist, dass etwaige nördlich davon stationierte Raketen der Hisbollah für das Kernland Israels keine Bedrohung mehr darstellen. Dieser Sicherheitsstreifen müsste sich im Südlibanon derzeit mindestens von der Grenze Israels bis zum Litani-Fluss erstrecken. Erst mit diesem Sicherheitskordon wäre für Israel das absolut vorrangige Kriegsziel erreicht.
Mindestens der Südstreifen des Südlibanon (= das Gebiet südlich des Litani-Flusses) muss bis zum Irankrieg bzw. Syrienkrieg frei von Hisbollah-Raketen sein. Kurz: Zum Start des Irankriegs muss garantiert sein: Keine Feind-Raketen südlich des Litani.
4.6 Zur Erfolgsbedingung (b) – Nachschubblockade: Noch mal sei daran erinnert, dass die Extremgefährdung Israels nicht in den Raketen zu sehen ist, die die Hisbollah jetzt hat5, sondern in den nicht-konventionellen Sprengköpfen, mit denen deren (noch vorhandene oder nachgelieferte) Raketen in der Anfangsphase des Irankriegs versehen werden könnten (vgl. oben 3.6). Das vor allem muss die Blockade des Nachschubs für die Hisbollah ausschließen können – und zwar, der Größe des Bedrohungspotentials wegen, mit Sicherheit. Und vor allem aus diesem Grund hat die Kontrollierbarkeit bzw. Blockade des Hisbollah-Nachschubs absolute Priorität. Sie ist wichtiger als die Tötung von Hisbollah-Kämpfern.
4.7 Israels strategisches Problem im Libanonkrieg liegt darin, dass es bezüglich der Bedingungen (a.2), Einrichtung eines von Hisbulla-Raketen freien Sicherheitsstreifens, und (b), Raketen-Nachschubblockade, deren Erfüllung nicht (alleine) durchsetzen kann. Zwar ist die israelische Luftüberlegenheit bezüglich des Libanon eine absolute6; aber angesichts der Besonderheiten des Südlibanon reichen die Mittel dieser Überlegenheit (Kampfflugzeuge, Drohnen, Cruise Missiles etc.) für eine effektive Kontrolle der Aktivitäten auf dem Boden (und unter der Erde) nicht aus. Auch die Kontrolle der Grenzen des Sicherheitsstreifens ist nicht aus der Luft zu gewährleisten. Schlussfolgerung: Ohne den Einsatz von Bodentruppen ist selbst das absolut vorrangige Kriegsziel Israels nicht erreichbar.
4.8 Eine erneute Besetzung des Südlibanon also? Das muss für Israel nach den Erfahrungen aus dem letzten Libanonkrieg ein Albtraum sein. Und auch wenn, wie uns Ilan Mor im eingangs schon mehrfach erwähnten LVZ-Interview (oben 1.9) erinnert hat, Israel inzwischen dank des 11. September alle Mittel des Anti-Terrorkrieges unbegrenzt zur Verfügung stehen, so würde selbst der so genannte Westen, außer Amerika und Deutschland vielleicht, deren Einsatz doch (noch) nicht zeitlich unbegrenzt akzeptieren. Kurz: Eine sich hinziehende Besetzung von Teilen des Südlibanon wäre für Israel ein echtes Problem.
Zudem: Je näher der Iran/Syrien-Krieg rückt – und Entsprechendes gilt dann erst recht während des Krieges – , desto mehr werden die Soldaten Israels gewiss verstärkt zur Beruhigung der schon bisher besetzten Gebiete benötigt. Und ebenso sicher wird spätestens dann auch die befürchtete Dritte Front (Selbstmordattentate in Israel) erneut explodieren, was eine verstärkte militärische Inlandssicherung notwendig machen wird.
Somit steht Israel vor einem Dilemma. Einerseits: Der Irankrieg ist zur Prävention gegen eine atomare Bedrohung Israels notwendig (siehe oben 2.1). Diese Prävention wiederum erzwingt: Keine Feind-Raketen südlich des Litani (4.5). Dieses absolut vorrangige Ziel des Libanonkrieges ist aber, andererseits, über längere Zeit – und speziell im Kontext des Irankrieges selbst – mit den eigenen Truppen nicht realisierbar.
4.9 Für dieses Dilemma gäbe es aber eine geradezu geniale Lösung: eine Stellvertreter-Besatzung. So wie etwa in den von den USA besetzten Ländern die Besatzung selbst mehr und mehr von den Armeen der so genannten „Vasallenstaaten“ der USA übernommen wird7 (siehe Afghanistan; siehe Irak – obwohl dort die Unterstützung arg bröckelt). Im Idealfall wird die völkerrechtliche Akzeptanz einer solchen Besatzung durch ein UN-Mandat bewirkt. Afghanistan hat derzeit eine solche ideale Besatzung; der Irak nicht.
4.10 Eine UN-mandatierte Besatzung, das wäre aus der Perspektive Israels die ideale Lösung auch für den Libanonkrieg - sofern zu deren Mandat gehört: Keine Hisbollah-Raketen südlich des Litani! Das fordert aber ohnehin schon die UN-Resolution 1559 von 2004, die sogar die vollständige Entwaffnung der Hisbollah im gesamten Libanon verlangt.
4.11 Wichtig für die USA und Israel ist mit Blick auf die Irankriegs-Perspektive, dass diese Lösung noch vor dem Irankrieg implementiert ist. Denn nur dann ist der Hauptzweck des Libanonkrieges erfüllt: Im Krieg gegen Iran (und Syrien) wird Israels Nordgrenze von UN-mandatierten Truppen geschützt.
Kein Wunder also, dass der entsprechende franko-amerikanische Vorschlag für die anstehende UN-Resolution über ein Ende der Feindseligkeiten im Libanon in Israel Begeisterung ausgelöst hat. Eine Nachrichtenagentur kommentierte gar den Text des Abkommens: Das ist ein Sieg Israels. Und Spiegel Online ergänzt: Ein Sieg für die USA.
4.12 Natürlich muss auf diesen UN-Schutz Israels voll Verlass sein. Was gewisse Folgerungen für die Zusammensetzung der betreffenden Schutztruppe hat.
- Welche Nationen sollten in dieser Truppe vertreten sein?
- Welche auf keinen Fall?
- Truppen aus welchen Ländern machen sich akzeptanzmäßig gut?
- Welche Nation führt das Kommando?
Auch für diese Fragen dürfte die hier skizzierte Perspektive, die den Libanonkrieg als Vorbereitungskrieg für den bevorstehenden Irankrieg (Syrienkrieg inklusive) betrachtet, heuristisch von Nutzen sein. Vielleicht auch für die Fragen, die sich derzeit von selbst stellen:
- Warum spielten und spielen, was die angekündigten UN-Resolutionen angeht, vor allem die USA und England so radikal auf Zeit?
- Warum fordert auch der derzeitige Text für die UN-Resolution zwar eine Ende der Feindseligkeiten, nennt für diese aber keine deadline?
- Ist mit Blick auf die Irankriegs-Perspektive eine für die USA und Israel ideale Schutztruppe wirklich wünschenswert? Macht diese Truppe nicht den Irankrieg – und den Krieg gegen Syrien - noch wahrscheinlicher?
Ob sich diese und weitere Fragen nun besser mit oder ohne den Iran-Kriegs-Kontext beantworten lassen, das möge jeder jetzt lieber selbst überprüfen. Wer versteht den Libanonkrieg?