Was will ein Atomlobbyist in einem Gremium für erneuerbare Energien?
- Was will ein Atomlobbyist in einem Gremium für erneuerbare Energien?
- Umfangreiche Atomenergieforschung am KIT
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Atomkraft hat keine Zukunft. Doch trotzdem wird die Risikotechnologie forciert. Auch in Deutschland, bis in die Forschung hinein. Ein Gast-Kommentar.
Bevor Hans-Josef Fell über Atomlobbyismus in der Forschung berichtet, hier noch ein kurzer Überblick über die sogenannte Atomkraft-Renaissance.
Der letzte Reaktor in Deutschland wurde im März 2023 endgültig abgeschaltet. Seitdem haben hierzulande die Unionsparteien ihre Haltung zur Atomkraft wieder geändert.
Jetzt fordern viele in der Partei den Bau neuer Reaktoren. CDU-Chef Friedrich Merz sagte, die Abschaltung der letzten Reaktoren sei ein "schwarzer Tag für Deutschland".
CDU/CSU sprechen sich auch dafür aus, alte Reaktoren wieder ans Netz zu bringen. Merz fordert, dass das Land die letzten drei abgeschalteten Kraftwerke wieder in Betrieb nehmen sollte – unter Berufung auf den Klimaschutz und die steigenden Öl- und Gaspreise.
Die deutschen Energieunternehmen sind davon nicht begeistert.
Umweltministerin Steffi Lemke erklärte: "Die Energieversorger haben sich lange vorher neu ausgerichtet und wiederholen bis heute ihre Absage an die Atomkraft in Deutschland. Bei der Atomkraft handelt es sich um eine Hochrisikotechnologie, deren radioaktiven Abfälle noch Jahrtausende strahlen und vielen Generationen Sorgen bereiten werden."
Derzeit sind weltweit 412 Reaktoren in Betrieb, verteilt auf 32 Länder. Während neue Reaktoren gebaut werden, werden ältere abgeschaltet, sodass die Gesamtzahl seit Jahren mehr oder weniger konstant geblieben ist.
Länder wie China, Frankreich und das Vereinigte Königreich haben den Bau neuer Reaktoren angekündigt. Andere wollen kleine, moderne Reaktoren bauen.
Union und FDP versuchen zusammen mit der rechtsradikalen AFD der Atomenergie in Deutschland wieder eine Zukunft zu geben. Sie begründen dies mit aktuell hohen Strompreisen und einem zu schwachen Ausbau der erneuerbaren Energien.
Union und FDP haben in den letzten zehn Jahren den Ausbau der erneuerbaren Energien erheblich behindert, indem sie sich gemeinsam mit klagenden Windkraftgegnern, insbesondere aus der Bundesinitiative Vernunftkraft, die eng mit dem undurchsichtigen rechten Spektrum um die AfD verflochten ist, positioniert haben.
Atomenergie in der Welt auf absteigendem Ast
Klar ist, dass die Atomenergie, wenn man auf Fakten statt auf Fake News setzt, viel zu teuer ist. Ein Neubau dauert über 20 Jahre, und weltweit nimmt die Nutzung der Atomkraft insgesamt ab, wie der jüngste World Nuclear Industry Report zeigt.
Selbst in China, dem Land mit dem stärksten Ausbau der Atomenergie, spielt Atomkraft nur eine marginale Rolle gegenüber den erneuerbaren Energien. So wurden in China 2023 unbedeutende 1,2 Gigawatt (GW) Atomkraft neu zugebaut, aber 278 GW an erneuerbaren Energien.
Doch all diese Realität lässt die Atomgemeinde aus Politik, Rechtsaußen und sogar in der Forschungslandschaft kalt. Es ist vielmehr Methode, gerade bei den Rechtsradikalen in der globalen Welt, wie auch in Deutschland, Wahrheiten zu ignorieren und stattdessen Lügen, wie die angebliche Renaissance der Atomenergie, zu verbreiten.
Atomlobbyist Knebel
Dass nun mit Dr. Joachim Knebel vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sogar einer der größten Atomlobbyisten Deutschlands in den Vorstand des Forschungsverbundes Erneuerbare Energien FVEE gewählt wurde, ist unfassbar.
In meiner Zeit als Forschungspolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion von 1998 bis 2005 hatte ich intensiven Kontakt zum FVEE. Bereits damals empfahl ich dem Gremium, sich politisch zu engagieren, um mich in den Haushaltsberatungen zu unterstützen.
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Ziel war es, die Forschungsmittel für die Atomspaltung und Kernfusion zugunsten eines verstärkten Ausbaus der erneuerbaren Energien gemäß dem rot-grünen Atomausstieg umzuschichten. Leider fand ich außer beim Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energietechnik, Dr. Eicke Weber, keine Unterstützung im Vorstand des FVEE.
Immer zu niedrig: Forschungsmittel für Erneuerbare
Die Forschungsmittel für erneuerbare Energien blieben daher stets zu niedrig, während die Mittel für die Nuklearforschung zu hoch ausfielen. Insbesondere die Forscher der Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) standen dem Vorhaben ablehnend gegenüber. Der Gründungsgeist der HGF-Institute, die allesamt als Atomforschungseinrichtungen ins Leben gerufen wurden, besteht dort bis heute fort.
Das KIT entstand 2009 aus der Fusion des früheren Kernforschungszentrums mit der Universität Karlsruhe. Das atomare Erbe bleibt dort weiterhin sehr aktiv.
Der eigentliche Auftrag des Forschungsverbundes Erneuerbare Energien besteht darin, die Forschung im Bereich der erneuerbaren Energien voranzutreiben und nicht die der Atomenergieforschung, wie es Dr. Knebel jedoch sein Leben lang getan hat und auch heute noch tut. Dr. Knebel war unter anderem in leitenden Positionen für das Deutsche Atomforum (DAtF) und sein europäisches Pendant ENS tätig.
Es wurde ihm der Titel "honoris causa" der russischen Universität St. Petersburg verliehen. Wofür genau, ist bisher nicht öffentlich bekannt. Diese Universität ist bislang nicht durch ihre Forschung im Bereich erneuerbare Energien aufgefallen.
Neben vielen anderen Posten ist Knebel auch im Leitungskomitee der Europäischen Energieforschungsallianz EERA. Diese betreibt ein umfangreiches Forschungsprogramm zu Nuklear-Materialien (JPNM) und an dessen Agenda "Materials For Sustainable Nuclear Energy" (Materialien für nachhaltige Nuklearenergie) ist wiederum das KIT beteiligt.