Was würde Jesus fahren?

Angesichts des drohenden Irak-Kriegs II und der Angst vor Terrorismus überlegen sich US-Bürger, ob Energiesparen und Erneuerbare Energien patriotisch sind

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die USA sind ein religiöses Land - das belegte Ende 2002 die Pew-Umfrage, nach der fast dreimal mehr US-Bürger als Deutsche sich als religiös bezeichnen. Doch während George W. Bush der Meinung zu sein scheint, dass Jesus den Irak präventiv angreifen würde, fragen sich viele Amerikaner, ob Jesus eher Energie sparen würde. Und auch sonst entdecken die USA die alte Tugend des Sparens wieder.

In den USA ist jeder fünfte Neuwagen ein SUV, kurz für sport utility vehicle. Doch lediglich schätzungsweise fünf Prozent davon werden jemals von der Straße weg und ins Gelände fahren. Aber man fühlt sich in so einem Ding einfach wie gepanzert. Andere sind vielleicht schneller, aber welcher Idiot im Audi TT (einem anderen "Renner" in den USA) würde schon (licht)hupen, wenn man ihn relativ unbeschadet überfahren könnte...

Hummer - der größte SUV und Benzinschlucker

Nein, SUVs sind in den USA schon längst zum Familienwagen mutiert. Dabei drückt das deutsche Word "Geländewagen" noch gar nicht aus, was diese Monster sind, denn es handelt sich mitnichten um einen Allradantrieb-Geländewagen à la Mercedes oder gar Rover, sondern um Fahrzeuge, die so groß sind, dass sie steuerlich gar nicht als Privatfahrzeuge oder gar Trucks eingestuft sind, sondern als Nutzfahrzeuge. So umgeht man die teuere Steuer für "gas guzzlers" - also alle Autos, die mehr als ungefähr 10,5 Liter Sprit pro 100 km verbrauchen -, die für Benzinschlucker bei beispielsweise $7000-8000 liegen kann. Der größte SUV ist der Hummer, ein reines Militärfahrzeug - fast zweieinhalb Meter breit. Man fühlt sich einfach sicher darin.

Sicher? Na ja, der Benzinverbrauch bei den SUVs ist hoch - 18 Liter und mehr pro 100 km sind keine Seltenheit -, und der Sprit kommt zum Teil aus den selben Ländern wie die Terroristen vom 11.9. Und so macht man sich neuerdings jenseits des großen Teichs Gedanken darüber, ob eine kleine Änderung im American way of life vielleicht mehr zur Sicherheit beitragen könnte als militärische Maßnahmen - zum Beispiel ganz im Sinne George W. Bushs auf der Seite www.whatwouldjesusdrive.org, wo man den Was-würde-Jesus-fahren-Eid schwören kann:

Confessing Jesus Christ to be my Savior and Lord, including Lord of my transportation choices, I pledge the following: I will... walk, bike, car pool and use public transportation; if I need to purchase a vehicle, I will choose the most fuel efficient and least polluting vehicle that truly fits my needs...

Es braut sich also Brisantes zusammen in "Gottes eigenem Land". Denn zu den religiös Motivierten gesellen sich die grün Angehauchten, die nach einem vernünftigeren Umgang mit dem Sprit rufen. Solche können einen nicht religiösen Eid ablegen, zum Beispiel den Patriot's Energy Pledge oder den Green Ribbon Pledge, um sicherzustellen, dass man "auch daheim seinen Teil zum Kampf gegen das Böse beiträgt".

Die alte neue uramerikanische Tugend: Sparen

Die Green-Ribbon-Webseite beweist vor allem eines: Verschwendung war in den USA nicht immer angesagt. Die Seite begrüßt den Surfer mit einer gelungenen Animation, die alte und neue American ways of life scharf gegenüberstellt.

Im Zweiten Weltkrieg war Car-Sharing noch patriotisch. Quelle

Einige Prominente haben sich auch zu Wort gemeldet, so zum Beispiel Robert Redford, der Ende 2002 in der Los Angeles Times sich und seinen Landsleuten mehr Energie-Unabhängigkeit durch Solarenergie und Energiesparen versprach. Und die Journalistin Arianna Huffington (von AlterNet.org) hat das Detroit Project ins Leben gerufen, das auf den Werbekrieg gegen terroristische Kiffer anspielt (Der Werbekrieg gegen terroristische Kiffer):

I helped hijack an airplane. I helped blow up a nightclub. So what if it gets 11 miles to the gallon? I gave the money to a terrorist training camp in a foreign country. It makes me feel safe. I helped our enemies develop weapons of mass destruction. What if I need to go off-road? Everyone has one. I helped teach kids around the world to hate America. I like to sit up high. I sent our soldiers off to war. Everyone has one. My life, my SUV. I don't even know how many miles it gets to the gallon.

Fernsehspots des Detroit Project werden zur Zeit zwar von den US-Sendern abgelehnt, aber einige Prominente machen sich auch für dieses Projekt stark, so z.B. der Produzent von Pulp Fiction, der die Spots drehte.

Der Zusammenhang zwischen Energiesparen und Frieden/Sicherheit wird in den USA langsam klar. Das Gleiche gilt für den Zusammenhang zwischen Erneuerbaren Energien (EE) und innerer Sicherheit, denn im November hat die US-Regierung erklärt, sie sehe keine Sicherheitsbedrohung durch die Online-Veröffentlichung der EE-Daten, die nach dem 11.9. vom Internet entfernt wurden. Diese werden seitdem wieder hochgeladen - Daten über die Kernkraftwerke in den USA jedoch nicht.