Washington rüstet Taipeh auf ‒ Beijing warnt
China warnt vor einer Taiwan-Krise, wenn die USA weiter aktiv sind. USA verteilen großzügige Militärhilfen im Indopazifik. China weist auf rote Linien hin.
Das US-Repräsentantenhaus hat unlängst ein 95-Milliarden-Dollar-Paket mit Militärhilfen für die Ukraine, für Israel und für Taiwan verabschiedet. Während die 60,84 Milliarden US-Dollar für die Ukraine und die 26,38 Mrd. für Israels ausgiebig debattiert worden sind, tauchen die 8,12 Milliarden US-Dollar für Taipeh und weitere Länder in der Region in den Meldungen nur unter ferner liefen auf.
Dabei haben auch diese Überweisungen das Potenzial, den Weltfrieden zu gefährden, sollte es zu einer Konfrontation zwischen den USA und China kommen.
Die Hilfe umfasst:
- eine Finanzierung in Höhe von 3,3 Milliarden US-Dollar für den Ausbau der taiwanesischen U-Boot-Infrastruktur, einschließlich Investitionen in den Bau von Trockendocks;
- zwei Milliarden Dollar für ein ausländisches Militärfinanzierungsprogramm für Taiwan und andere wichtige Verbündete und
- 1,9 Milliarden Dollar zur Aufstockung der für Taiwan und regionale Partner bereitgestellten Verteidigungsgüter und -dienstleistungen.
- Die „verbleibenden“ 920 Millionen US-Dollar werden für die Stärkung der US-Militärs in der Region, die Verbesserung der Produktion und Entwicklung von Artillerie und Munition und für Darlehen und Darlehensgarantien im Rahmen der ausländischen Militärfinanzierung verwendet.
Die Unabhängigkeit erzwingen
China kritisiert in aller Deutlichkeit, dass die USA sich erneut ernsthaft in die inneren Angelegenheiten Chinas einmischen und das Ein-China-Prinzip verletzen. Peking betrachtete Taiwan als Provinz der Volksrepublik. Doch Kritik wird auch an Taipeh laut. Die regierende Demokratische Progressive Partei (DPP) versuche, sich auf die USA zu verlassen und mit Gewalt die Unabhängigkeit zu erzwingen.
Ein solcher Versuch sei zum Scheitern verurteilt.
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In Peking geht man davon aus, dass die USA mit der Militärhilfe versuchen, eine Krise und Konfrontation in der Straße von Taiwan und der Region zu schüren. Das entstehende Chaos und die Konflikte, könnten dann genutzt werden, um die Länder in Ostasien und im westlichen Pazifik auf die Seite der USA zu ziehen und möglichst eine Allianz zu bilden.
Letztlich werde diese Politik zu einer Spaltung der asiatisch-pazifischen Region führen, die Stabilität der chinesisch-amerikanischen Beziehungen untergraben und die bestehende Ordnung und das Sicherheitsumfeld für gemeinsamen Wohlstand in der asiatisch-pazifischen Region ernsthaft gefährden.
Salamitaktik und rote Linien
Viel zitiert wird in diesem Zusammen Xie Feng, der chinesische Botschafter in den USA, der kürzlich die USA ausdrücklich vor den Folgen einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas und einer Beeinträchtigung der chinesischen Interessen in Fragen, die Taiwan, Hongkong, Xinjiang, Xizang (Tibet) und das Südchinesische Meer betreffen.
"Die Anwendung von Salamitaktiken und das Überschreiten roter Linien in Fragen, die die Kerninteressen anderer betreffen, ist wie ein Autorennen am Rande einer Klippe, bei dem ein Absturz fast unvermeidlich ist", sagte Xie. Die Taiwan-Frage sei das wichtigste und heikelste Thema in den Beziehungen zwischen China und den USA und die sogenannte 'Unabhängigkeit Taiwans' eine Sackgasse, betonte er. "Das Ein-China-Prinzip ist eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf."
Dass die Beziehungen zwischen den USA und China schlechter werden, musste auch US-Außenminister Antony Blinken feststellen. Er kehrte ohne Ergebnisse in die USA zurück und musste sich stattdessen Ermahnungen anhören.
Taipeh erfreut
Die Regierung in Taipeh und die lokalen Medien zeigten sich dagegen erfreut über die neu bewilligte US-Militärhilfe. Die taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen dankte dem US-Kongress für die Bewilligung der Hilfe und forderte, die USA sollten ihre "strategische Zweideutigkeit" in der China-Taiwan-Frage aufgeben, sprich, die Unabhängigkeitsbestrebungen Taipehs vorbehaltlos unterstützen.
Doch die Unabhängigkeitsambitionen der Präsidentin stehen auf tönernen Füßen, seit die DPP in den letzten Parlamentswahlen deutlich abgesackt ist und nur noch rund 40 Prozent der Stimmen auf sich vereinen kann. Und auch die Kuomintang, die wichtigste Oppositionspartei, ist mit ihrem deutlich China-freundlicheren Kurs derzeit nicht in der Lage, landesweit Wahlen zu gewinnen.
Jetzt ruhen alle Augen auf dem neu gewählten Präsidenten Lai Ching-te, der ebenfalls aus der DPP kommt. In China befürchtet man, dass Lai die Unabhängigkeitsbestrebungen seiner Vorgängerin fortsetzt, die längst die Form eines landesweiten Kulturkampfes angenommen haben.
Chian Kai-shek soll weg
Wie die South China Morning Post meldet, plant die DPP, die mehr als 760 verbliebenen Statuen des verstorbenen Präsidenten Chiang Kai-shek von öffentlichen Plätzen entfernen, um sein Erbe und die historische Verbindung zum chinesischen Festland zu beseitigen.
Chiang regierte die Insel fast drei Jahrzehnte lang bis zu seinem Tod im Jahr 1975. Er führte seine nationalistischen Kuomintang-Truppen 1949 nach Taiwan und setzte eine Übergangsregierung auf der Insel ein, nachdem er von den Kommunisten auf dem Festland besiegt worden war.
Die öffentliche Demontage von Chiang wird Peking sicherlich verstimmen. Denn obwohl er im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten kämpfte und von Peking zeitlebens als Feind betrachtet wurde, hat Chiang immer versucht, das Festland und Taiwan zu vereinen ‒ wenn auch unter der Herrschaft der Republik China.
Peking und die Kuomintang
Sein Urenkel Chiang Wan-an, der heute Bürgermeister von Taipeh und Mitglied der KMT ist, wird von der chinesischen Öffentlichkeit und den Medien auf dem Festland unter anderem wegen seiner Peking-freundlichen Haltung mit Wohlwollen betrachtet.
In Taiwan haben denn auch immer noch viele Menschen Bedenken gegen die offizielle Ablösung vom Festland, weil sie einen Krieg fürchten, den die Insel nicht gewinnen kann – auch nicht mit Unterstützung der USA.
Wohl auch deshalb mahnt die Taipeh Times die künftige DPP-Minderheitsregierung, dass sie mit einer Politik aufwarten müsse, die "die Reichen angemessen besteuert und das Geld in Innovation, grüne Technologie und Infrastruktur investiert". So würden Wahlen gewonnen und eine solche Politik werde auch helfen, "einen nativistischen populistischen Sturm abzuwehren".
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